Was sind Mikroabenteuer?
Die Idee und der Begriff „Mikroabenteuer“ oder genauer „microadventure“ stammen ursprünglich vom britischen Reiseblogger Alastair Humphreys, der viel um die Welt gereist war, bis er seine eigene Familie gründete und sich seitdem seine Prioritäten verschoben haben. Er wollte lieber bei seiner Frau und den Kindern bleiben und so fing er an, mit diesen gemeinsam die direkte Umgebung um seinen Wohnort herum zu erkunden. Ohne viel Aufwand und nur mit geringer Dauer. Die Idee des Mikroabenteuers war geboren, denn er musste so nicht ganz auf Abenteuer verzichten. Endlich konnte er tatsächlich kleine und spannende Alltagsfluchten direkt vor der Haustür erleben.
Zum Beispiel eine Sommernacht unter freiem Himmel oder eine Wanderung zum Stadtrand. Hauptsache, runter vom Sofa und rein ins Abenteuer! Ein Erlebnis, das alleine, zu zweit, mit der Familie oder engen Freunden funktioniert. Und es geht auch darum, ausgetretene Pfade zu verlassen.
Durch eine andere Brille geschaut
Das Leben ist sehr viel reizarmer geworden, seit Corona unter uns weilt. Vieles, das vorher selbstverständlich geöffnet hatte und jederzeit erreichbar war, ist jetzt geschlossen: Hotels, Restaurants, Veranstaltungen, Geschäfte und Freizeiteinrichtungen aller Art. Selbst im Freundes- und Familienkreis kann man sich in diesen Zeiten nicht mehr ohne Weiteres treffen. Im Moment fahren wir nicht weit weg, um uns zum Beispiel andere Städte anzuschauen.
Was also tun wir jetzt, um dennoch frische Luft zu tanken, etwas für Körper und Seele zu tun und dem Corona-Winterblues zu entkommen? Wir stürzen uns in sogenannte Mikroabenteuer, die uns die Lebensfreude wieder zurückbringen können, pflegen unsere Kontakte und organisieren unseren Alltag neu. Hier kommen einige Ideen, wie wir das hinbekommen können.
Unterwegs auf neuen Wegen…
Wenn man „Locals“ fragt, wie gut sie die Stadt kennen, in der sie wohnen, würde wohl jeder von ihnen behaupten, alles über sie zu wissen. Besonders diejenigen, die schon lange in ihr leben. Allerdings hat man in der Regel einen festen Aktionsradius, der einen zum Beispiel von zu Hause aus zur Arbeit oder zu bestimmten Geschäften und wieder zurückführt. Was wäre, wenn man diese Wege einmal verlassen und ganz Neue entdecken würde? Wenn man einfach mal einen anderen Weg nähme als den gewohnten? Man könnte zum Beispiel ein anderes Verkehrsmittel wählen oder eine andere Verbindung. Oder man steigt einmal an einer anderen Station aus und läuft ein paar Meter zum Wunschziel. Dabei könnte man auf diesem Wege andere Stadtteile erkunden, die man vorher nie wahrgenommen hat.
Auch zuhause kann man sich im Anschluss noch mit seinen neuen Eindrücken beschäftigen, in dem man online weitere Hintergrundinformationen liest, im Lexikon etwas zum Namensgeber der „schönsten Straße des Tages“ erfährt oder städtische Infos über den denkmalgeschützten Prachtbau, den man nur Stunden zuvor zum ersten Mal gesehen hat, einholt.
Ob man sein Miktoabenteuer zu Fuß, per Bus oder Fahrrad startet, ist vollkommen egal – nur Spaß soll es machen © Mirco Guy, Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Im Reiseführer des Zufalls gibt es sehr viele schöne Anregungen, wie man vor der eigenen Haustür alles durch andere Augen wahrnehmen kann. Sei es, jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen, nur nach blauen Dingen Ausschau zu halten oder mit geschlossenen Augen in Bus oder Bahn an der 7. Haltestelle auszusteigen und zu schauen, was einen dort erwartet… der Phantasie sind wirklich keine Grenzen gesetzt. Meine Blogger-Kolleg*innen aus den anderen Städten und ich haben bereits solche Stadt-Experimente gewagt. Welche das waren und was dabei herausgekommen ist, könnt ihr hier nachlesen und miterleben.
Stadtführer in der Handtasche
Viele von euch möchten vielleicht mehr über eure eigene Stadt erfahren?! Dazu eignen sich Stadtführungen natürlich am besten. Und so ein Gästeführer vermittelt euch die Stadtgeschichte mit all seinen Anekdoten und Facetten live natürlich immer am unterhaltsamsten. Zur Zeit können solche Touren gar nicht oder nur mit begrenzter Teilnehmerzahl angeboten werden. Dennoch kann man sich „auf eigene Faust“ auf eine abenteuerliche Erkundungstour durch die Heimat begeben.
Informiert euch bei eurer Tourist-Information beziehungsweise online über die entsprechenden Websites, ob es ein Angebot an solchen Führungen zum Beispiel in Form von Kartenmaterial, Apps oder kleinen Heftchen gibt, die in diesen Zeiten die Stadtführer*innen ersetzen müssen. Auch Verden hat ein solches Angebot, den liebevoll genannten „Stadtführer für die Handtasche“ oder „Rundgang für Touristen“, eine Broschüre zum Download, in der man zu allen wichtigen Orten und Gebäuden geführt wird, die man selbst als Einwohner der Stadt noch nicht unbedingt alle mit der passenden Hintergrundgeschichte kennt.
Es gibt auch eine Stadtrallye durch Verden, die man in Kombination mit einem Stadtspaziergang unternehmen kann. Wenn ihr sehr an der Geschichte Verdens interessiert seid, empfehle ich euch, direkt der „Historischen Beschilderung“ durch Verden zu folgen und mit dem Handy die QR-Codes auf den Schildern vor Ort zu scannen. Dort erfahrt ihr dann mehr spannende Historie zu den einzelnen Gebäuden.
Es gibt viele verschiedene Wege, um auch „auf eigene Faust“ Informationen zur Geschichte der Stadt zu bekommen © Bildarchiv der Stadt Verden
Interaktive Mulitmedia-Guides oder Apps bergen zusätzliches Vergnügen und Abenteuer, zum Beispiel Actionbound, eine interaktive App, die verschiedene Touren durch Verden beinhaltet, die man alleine oder im kleinen Team mit der eigenen Familie unternehmen kann. Jede Tour hat ein ganz bestimmtes Thema, führt durch die Stadt zu verschiedenen Stationen und stellt auch Quizfragen oder startet Diskussionsrunden.
Das Wandern ist des Müllers Lust…
Wir haben schon viel übers Wandern gehört und gelesen. Gerade während Corona sind Wanderungen, Waldbaden & Co. natürlich eine gute Möglichkeit, sich aus dem Weg zu gehen, sich zu bewegen, Sonne im Gesicht und frische Luft in der Lunge zu haben. Fakt ist, Wandern macht glücklich – auch im Winter. Wo aber ist hier der (Mikro-) Abenteuer-Charakter? Ganz einfach: Macht es doch wie Alastair Humphreys und lasst den Zufall entscheiden. Breitet eine Karte vor euch aus und tippt mit einem Stift auf eine willkürliche Stelle. Das ist dann euer Ziel! Auch mit Kindern eine Freude, denn das Kartenlesen und die Wegesuche erinnert ja doch ein bisschen an Schatzkarten-Piraten-Abenteuergeschichten.
Auch „Geocaching„, das man als GPS-basierte Schnitzeljagd bezeichnen könnte, kann zu einem wunderbaren Mikroabenteuer werden. Keine Neuheit mehr, aber immer wieder interessant. Man benötigt lediglich die gleichnamige und kostenfreie App für das Smartphone und kann auf die Suche nach Caches (zu Deutsch: Verstecke) gehen, die sehr unterschiedlich ausfallen können. Es kann ein verstecktes Schatzkästchen mit einer kleinen Überraschung sein oder ein Tauschgegenstand oder sogar ein Logbuch. Auch in Verden gibt es bereits so einige solcher Verstecke – eine kleine Auswahl findet sich hier. Ein wirklich wahres Abenteuer!
Der Weg ist das Ziel, sagt man so schön – unterwegs begegnen einem manchmal überraschende Dinge, An- und Aussichten © Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Mit etwas mehr Wunsch nach Planung könnt ihr euch vorab natürlich über verschiedenste Websites auch vorab Wanderrouten aus dem Netz aufs GPS-Gerät downloaden oder ausdrucken. Die Verdener Wandertouren finden sich hier im Navigator. Aber auch Plattformen wie zum Beispiel www.komoot.de bieten erlebnisreiche Abenteuer per Fahrrad oder zu Fuß.
Kreatives Auge…
Was haltet ihr von einer kreativen Herausforderung für euer Mikroabenteuer? Bewaffnet euch bei eurem nächsten Ausflug vor die Haustür doch mal mit einer Kamera oder eurem Smartphone und nehmt euch verschiedenste Missionen vor. Zum Beispiel könnte eine solche heißen: Fotografiere etwas Blaues, Rundes, Rauhes, Flüssiges…. ihr glaubt gar nicht, wieviel Spaß es macht, auf der Suche nach solchen Dingen durch die Welt zu laufen. Wenn die Corona-Auflagen es zulassen, könnte man dies natürlich auch mit der Familie oder dem einen oder anderen Freund tun. Man bewegt sich draußen und kann genügend Abstand halten und sich trotzdem austauschen…. Die Bilder, die dabei entstehen, könnt ihr später auch noch ausdrucken und daraus ein Album als Erinnerung an die gemeinsame Zeit erstellen.
Hier kommen meine Vorschläge – fotografiere zum Beispiel:
- etwas Rotes – also suche dir ein Motiv, in dem die vorherrschende Farbe Rot ist
- Astwerk – knipse die Äste von Bäumen oder auch einen Haufen voller Gestrüpp
- Frühlingsboten – wo wachsen die ersten grünen Triebe? Kannst Du schon die ersten Knospen einfangen?
- Fange auf deinem Weg durch die Stadt alles ein, das etwas mit Pferden zu tun hat.
- Fotografiere Wasser – dabei ist es ganz egal, ob es ein Tropfen, eine Pfütze oder ein Fluss ist
Probiere es mal aus, Du wirst überrascht sein, was Du alles findest © Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Anders-Artig…
Ihr könnt noch weitere Ideen für eure Mikroabenteuer- Lust gebrauchen? Dann sucht doch einmal den höchsten Punkt in eurer Nähe, den ihr erklimmen könnt oder besucht alle Wälder, Burgen oder Seen im Umkreis von 20, 30 oder 50 km. Oder geht einfach mal los und werft an jeder Kreuzung eine Münze. Links oder rechts? Kopf oder Zahl? Nur sie bestimmt, in welche Richtung ihr weitergeht. Ihr seid Frühaufsteher oder Spät-ins-Bett-geher? Perfekt für eine Nachtwanderung. Bewaffnet euch mit einer Stirnlampe, festem Schuhwerk und warmer Kleidung und wandert dem Sonnenaufgang entgegen. Alles wird anders aussehen als am Tage. Du könntest dir deine Ausrüstung für dein Abenteuer selbst bauen: den Wanderstock aus einem großen Ast schnitzen, den Wander-Rucksack selbst nähen, auch hier sind deiner Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Bei uns in Verden gibt es die #AllerSteine – Gruppe, ein Verbund von unterschiedlichen Steineverschönerern, die die eigenen Kreationen dann an den unterschiedlichsten Orten in der Stadt verstecken oder platzieren, um den Findern eine Freude zu machen. Solche „Steinegruppen“ gibt es mittlerweile in vielen Städten und Destinationen – ob als kreativer Maler und Verstecker oder als Steinesucher, Spaß macht es jedenfalls.
Bei genauerer Betrachtung der eigenen Umgebung findet man manchmal Dinge, die einem bisher nie aufgefallen sind. Plötzlich sieht der Türgriff der Kirche aus wie ein Gesicht oder man entdeckt Figuren an Giebeln, die einem vorher nicht aufgefallen sind, obwohl man schon so oft an den Häusern vorbeigelaufen ist. Erst, wenn man sich endlich einmal etwas mehr Zeit und Ruhe nimmt, um bewusster seine Umgebung wahrzunehmen und alles zu entdecken, wird man merken, was einem im Alltag sonst bisher entgangen ist. Versuche es doch auch mal – ich war ziemlich überrascht!
Auch Ungwöhnliches fängt man bei solchen Touren manchmal ein © Julian Guy, Mirco Guy, Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Na, fühlst Du Dich inspiriert? Auf geht´s… lass´ Deinen Ideen und deiner Freude freien Lauf! Das Mikroabenteuer beginnt direkt hinter deiner Haustür.
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