Der Sommer hält Einzug an diesem Sonnabendnachmittag in Stade: Die Sonne scheint und endlich zeigt das Thermometer wieder zweistellige Werte. Das schöne Wetter lockt die Menschen in die Stader Altstadt, die Kneipen am Fischmarkt servieren draußen. Ich stehe inmitten einer Menschentraube vor dem Weinkeller am Wasser West. Wir möchten eintauchen in die Welt des gegorenen Traubensaftes und das kulinarische Kunstwerk auf neue Weise erleben, somit kann die Weinerlebnistour durch Stade beginnen.
Einkehr in den Weinkeller
Die Weinerlebnistour in Stade beginnt im Weinkeller. Erwartungsvoll blickt Hausherr Joachim Tomischat in unsere Augen. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht“, sagt der Weinkenner. Auch für ihn ist diese Weinprobe eine Premiere: Vier Weinhandlungen haben sich im Stadtzentrum zusammengetan. Sie laden Einheimische und Auswärtige zu einem erlebnisreichen Rundgang durch ihre Geschäfte und die Altstadtgassen ein. Im Fokus steht dabei die Verkostung edler Tropfen aus aller Welt und für mich als gebürtigen Stader eine wunderbare Gelegenheit, mir die Weinhandlungen in meiner Heimatstadt mal etwas genauer anzuschauen.
Mit einem Weinglas in der Hand stehen wir im Weinkeller. Joachim Tomischat macht es spannend: Mehrere Flaschen hat er mit Geschenkpapier verhüllt, dann packt er langsam eine aus. Immer wieder hält er inne und fragt uns: „Sie ahnen etwas?“ Wir haben Spaß an dem launigen Schauspiel und staunen einmal mehr, als wir erkennen, was Joachim Tomischat für uns ausgesucht hat: Ein Secco vom Weingut Kleinmann aus Birkweiler bildet den Auftakt dieser etwas anderen Weinprobe.
Die Flasche wird reichlich herumgereicht bei der Weinerlebnistour in Stade
Erst geht ein Raunen durch den urigen Laden, dann ein herzliches Lachen. Der Weinexperte möchte wissen, was wir in privater Runde am liebsten trinken würden und unsere Gruppe ist in Sachen Wein sehr heterogen, von Weiß- über Rotweine bis zu Rosé-Sorten ist alles vertreten. Für Joachim Tomischat keine Überraschung: Der gegorene Traubensaft erfreut sich in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Darüber hinaus fanden Wein- und Winzerfeste zuletzt auch in Stade immer größeren Zulauf.
Zeit für den zweiten Tropfen, einen kräftig leuchtenden Rosé vom Weingut Hensel aus Bad Dürkheim. Der wird aus zwei Rebsorten gewonnen, erklärt Joachim Tomischat: Der Winzer mischt Cabernet Sauvignon und Merlot. „Das ist ein Terrassenwein“, urteilt der Weinhändler. „Er vereint zwei verschiedene Geschmackssorten, hat etwas Herbes und etwas Samtiges.“ Uns gefällt’s, im Nu sind die Flaschen geleert. Nach einer halben Stunde machen wir uns auf den Weg zur nächsten Station, am Fischmarkt vorbei und durch die Hökerstraße.
Ein wenig Sightseeing auf dem Weg zur nächsten Station
Auf dem Fußmarsch kommen wir miteinander ins Gespräch: Nicht nur Stader sind dabei, einige Weinfreunde kommen aus Hannover und Pinneberg. Sie bestaunen die historischen Gebäude mit ihren renovierten Fassaden. In der Neuen Straße hat Monika Schmücker-Reich die Türen der Vinothek bereits weit geöffnet: 2011 wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit. Mit ihrem Mann Detlef betreibt sie das Geschäft. Die beiden waren schon fleißig, für uns stehen eine Brot- und Käseauswahl, Erdbeeren, Blaubeer-Balsamico und Feigensenf bereit, dazu einen fränkischen Rotling. Ein herrliches Bild.
„Ich sehe nur glückliche Gesichter“
Der gehaltvolle Traubensaft vom Weingut Möslein aus Zeilitzheim wird aus Rot- und Weißwein bereitet und schmeckt sehr frisch. Bei uns kommt die Reverenz an diese ursprünglich aus Sachsen stammende Weinsorte an: „Ich sehe nur glückliche Gesichter“, freut sich Monika Schmücker-Reich. Sie selbst gerät ins Schwärmen, als sie den offiziellen Wein der Hansestadt Stade aus dem Regal holt. „Bei uns hat jeder Wein eine Geschichte.“ Zur Hochzeit des Hansebundes wurde der „Rotspon“ auf Holzkähnen transportiert, erfahren wir. Die Fässer verfärbten sich rot, weiß Monika Schmücker-Reich, der Name „Rotspon“ war geboren.
Während die einen noch den „fruchtigen, nicht so schweren“ Wein kosten, stöbern die anderen im Sortiment der Vinothek. Da steht zum Beispiel ein „Wein mit Betriebsanleitung“ vom Weingut Wasem aus Ingelheim am Rhein. Das Etikett und das dazugehörige Handbuch hat der Winzer selbst entworfen. Wir hören aufmerksam zu, manch einer notiert sich die Namen einzelner Sorten oder fotografiert gleich ganze Regalreihen ab.
Prickelnd und unterhaltsam geht es weiter
Wieder zurück in der Hökerstraße machen wir bei Weinkost halt. Inhaber Hannes Gripp breitet uns eine prickelnde Freude – mit einem Secco vom Weingut Bamberger aus Meddersheim an der Nahe. Er enthält neben zwei Rebsorten (Grauburgunder/Weißburgunder) vor allem „sehr viel Restzucker“, erklärt der Fachmann.
Bei köstlichen Flammkuchen-Variationen ist Gelegenheit zum Plausch und schnell wird klar: Wein verbindet. Das Konzept der neuen Erlebnistour geht auf: Die Unterhaltungen werden intensiver, die Stimmung ausgelassener.
Wir sind uns einig: Die Weinerlebnistour in Stade ist eine gute Idee. Hier lassen sich in ungezwungener Atmosphäre neue Weine und Menschen kennenlernen aber: „Man muss offen sein für etwas Neues.“ Anschließend serviert Hannes Gripp zum Abschied noch einen Rosé aus Früh- und Spätburgunder, danach zieht es den Tross wieder gen Fischmarkt.
Als letzte Station wartet hier die Champagner- und Weinbar Deluxxe. Wein lockert die Zungen, spätestens hier beginnt der gesellige Teil des Rundgangs: Die zwei chilenischen Rotweine, die Jennifer Zuber und Marvin Günther ausschenken, stehen längst nicht mehr im Vordergrund. Es wird geplaudert, gelacht und immer wieder ein Selfie geschossen. Diese Tour ist ein echtes Erlebnis.
Die Touren finden regelmäßig statt, sind aber gut gebucht. Eine Voranmeldung ist deshalb erforderlich. Weitere Infos und Termine: www.stade-tourismus.de/de/wein-erlebnistour
Elisabeth meint
Ihr habt einen sehr ansprechenden Blog mit sehr interessanten Themen. Besonders gut gefällt mir dieser Beitrag, er macht Lust dieses malerische Städtchen Stade einmal zu besuchen:-)
Lg. Elisabeth
Andrea meint
Vielen Dank Elisabeth und viele Grüße nach Wien!