Ich bin ja nie ein Läufer gewesen und hab immer kopfschüttelnd die motivierten Menschen in kurzen, engen Shorts und Funktions-Shirts betrachtet, wenn sie verschwitzt an mir vorbei gelaufen sind. Und dann auch noch an Veranstaltungen wie dem Gorch-Fock-Lauf teilnehmen. Warum macht man so was? Tja, das ist eine gute Frage und mittlerweile kann ich sie mir sogar selbst beantworten: Es macht Spaß und ist gut für Leib und Seele.
Seit fünf Jahren lebe ich in Friesland und musste sofort feststellen, hier wird gerne gelaufen. Ich kann mich nicht mehr erinnern warum, aber wohl oder übel habe ich mich diesem Trend hingegeben und kämpfe nun wacker um jeden Kilometer, den ich mehr schaffe. Das Laufangebot in Wilhelmshaven und Friesland ist durchaus sehr groß und beliebt. Und wenn man nicht grad am Südstrand den Deich rauf und runter flitzt, kommen einem keine großartigen Hügellandschaften unter die Beine.
Ab Ostern startet die Laufsaison und man kann so einige begeisterte Lauffreunde bei diversen Veranstaltungen, wie auch dem Gorch-Fock-Lauf beobachten. Angefangen mit einer Serie von Laufveranstaltungen im April, dort kann man von Bensersiel aus bis nach Leer insgesamt 60 Kilometer in sechs verschiedenen Etappen laufen. Die Veranstaltung geht bis Mai und im Juni geht’s dann in Wilhelmshaven mit dem Gorch-Fock-Lauf weiter. Es gehen im Schnitt an die 1600 Läufer sämtlicher Altersklassen an den Start und in diesem Jahr wurde sogar ein Teilnehmerrekord von 1865 aufgestellt. Es gibt Kinder und Jugendläufe, 5-km-Läufe mit und ohne Zeitmessung, einen 10-km-Lauf und natürlich den Halbmarathon.
Mein aktueller Laufstatus sagte mir, dass der 5-km-Lauf nicht mehr Herausforderung genug ist. Also wagte ich mich vor Ostern ans Training, um die 10 Kilometer zu bewältigen. Denn mein Ziel war es: 10 Kilometer vor meinem 30igsten Geburtstag schaffen. Und was war dann naheliegender als mich beim Gorch-Fock-Lauf anzumelden, der fand glücklicherweise eine Woche vor der großen 30 statt. Zusammengenommen bin ich 10 Trainings gelaufen mit jeweils einer Strecken zwischen 5 und 10 Kilometern. Hochgerechnet ergibt das eine Distanz von ca. 67 Kilometern. Sogar unter den Arbeitskollegen konnte eine kleine Runde motivierter Läufer gefunden werden, um als Team bei dem Gorch-Fock-Lauf anzutreten. Die Laufgemeinschaft war geboren und alle spornten sich gegenseitig an. Von gut trainierten Läufern bis hin zum Laufanfänger war alles dabei. Wie es sich gehört wurde auch ein paar Mal gemeinsam trainiert und sich über Trainingserfolge gemeinsam gefreut.
Die potenzielle Laufstrecke hatte ich auch schon unter die Lupe genommen und ich muss sagen, sie zeigt die wunderbare Seite Wilhelmshavens. Sehr abwechslungsreich, von Wasser bis zur Urbanität ist alles dabei und zeigt, wie vielseitig unsere Marine- und Hafenstadt ist. Die Läufer konnten sich auf einen atemberaubenden Blick auf den Jadebusen entlang des Südstrandes freuen. Auch die Schleuseninsel mit dem Nassauhafen war Teil der Strecke. Eine Strecke, direkt am Wasser entlang spricht das Läuferherz an und die vielen Anmeldungen von Sportlern außerhalb der Region belegt dies natürlich. Auch als Tourist kann man sich bei freundlichem „Nordseewetter“ auf eine Wanderung begeben und am Nassauhafen für ein Fischbrötchen Haltmachen. Über das Wahrzeichen, die Kaiser-Wilhelm-Brücke laufend, kam man so richtig in Urlaubsstimmung und vergaß glatt die Anstrengung.
Vorbei an der Christus- und Garnisonkirche lohnte sich ein kurzer Blick auf das geschichtsträchtige Gemäuer, natürlich ohne an Geschwindigkeit zu verlieren, wir machten das hier ja nicht zu Spaß, sondern um in einer relativ angemessenen Zeit ins Ziel zu gelangen. An dieser Stelle merkte man wie begeistert die Wilhelmshavener von dem Gorch-Fock-Lauf sind, denn an der Kirche warteten rund 900 Meter vor dem Ziel Zuschauer mit tosendem Beifall und einem Moderator auf die Läufer, um ihnen noch mal einen letzten Schub zu geben. Und dies funktionierte auch bei den meisten Läufern. Jeder war begeistert von all den Helfern und Menschen, die entlang der Strecke alle Teilnehmer unermüdlich anfeuerten.
Im Ziel erwartete die 5-km Läufer ohne Zeitmessung erstmalig eine kleine Yoga Session im Pumpwerk-Park und alle anderen, die das Ziel nach und nach erreichten, die jubelnden Zuschauer. Besonderes Highlight für mich waren die Football-Spieler der Jade Bay Buccaneers, die beim Gorch-Fock-Lauf nochmal unterstützen und die letzten Meter mitliefen. Der Veranstalter rund um das Team des Gorch-Fock-Laufs e.V. sorgte für Obst und kühle Getränke auf der Laufstrecke und im Ziel.
Auch die Moderatoren auf der Strecke und auf der Bühne am Pumpwerk gaben alles, um die Menge zu motivieren und zu unterhalten. Da vergaß man auch schnell den kleinen Regenschauer am Vormittag. Ich erreichte das Ziel nach 1:07:32 Stunden und war somit 6 Minuten schneller als im Trainingslauf. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 Minuten und 34 Sekunden war ich bei den vielen gut trainierten Läufern zwar eher im hinteren Mittelfeld, aber dennoch ergab sich für mich eine sehr gute Zeit und ich war sehr zufrieden mit mir. Es war sicher nicht mein letzter Laufwettbewerb in Wilhelmshaven.
Egal, in welcher Funktion man an diesem Sonntag bei typisch norddeutschem, aber bestem Laufwetter unterwegs war, die Laufstrecke hat einiges geboten. Ultimative Ausflugstipps, wie der Südstrand und die maritime Meile mit Wattenmeer Besucherzentrum und dem Marinemuseum, der schöne Nassauhafen mit Fischimbiss und bekannten Restaurants, z.B. das Seglerheim und der Bontekai mit seinen Schiffen, dem Studiotheater der Landesbühne Nord „TheOs“, dem Küstenmuseum und nicht weit dahinter die Christus- und Garnisonkirche. All dies und einiges mehr kann man auf einer Strecke von 10 Kilometern erleben. Dank der guten Lage vieler Highlights und Sehenswürdigkeiten in Wilhelmshavens ist die Stadt perfekt zu Fuß oder auf dem Rad zu erkunden.
Ich stelle also fest: Wilhelmshaven hat nicht nur viel Wasser und Schiffe oder ist Marinestandort. Nein, Wilhelmshaven eignet sich auch für andere Sportarten rund ums und im Wasser und hat eine aufstrebende und interessante Südstadt, dem sogenannten „Suedkiez“. Wer sich selbst überzeugen möchte, der hat bei einem Besuch, besonders zur Sommerzeit, so einiges zu erleben. Ich für meinen Teil schmunzle zukünftig in mich hinein, wenn ich die fleißigen Funktionsshirts tragenden Läufer am Bontekai sehe und denk mir: Nun ja, ich bin wohl auch eine von denen.
Für alle, die sich sportliche Betätigung lieber anschauen, anstatt mitzumachen, oder einen Faible für Schiffe haben, eignet sich ein Abstecher auf das größte Stadt- und Hafenfest am ersten Juliwochenende, dem Wochenende an der Jade oder ein Besuch des Wilhelmshaven Sailing CUP‘s Ende September. Wer nicht nur gern läuft, sondern auch gerne Rad fährt und schwimmt, der sollte sich für den Nordsee Man / Nordsee Woman Triathlon im August anmelden. Man siehe da, ich bin immer wieder erstaunt, was man so alles in Wilhelmshaven erleben kann und verstehe die Touristen, die jährlich gerne wiederkommen.
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