Draußen weiß das Wetter mal wieder nicht so recht was es will. Regen, Sturm oder Schneeschauer – alles ist möglich. An solchen Tagen statte ich meinem Lieblingscafé immer gerne einen Besuch ab. Dort treffe ich mich mit Freunden auf eine Tasse Tee und entspannte Gespräche, lese gemütlich Zeitung oder checke das Kuchenangebot. Und es ermöglicht mir manchmal sogar mit einem Cocktail oder einem Longdrink in den Abend hinüberzugleiten. Da die Auswahl an schönen Cafés bei uns in Göttingen groß ist, gibt es für mich nicht nur „das eine Café“ sondern gleich ein paar, in denen ich mich besonders wohlfühle. Und in die möchte ich Euch heute mitnehmen.
Sophies Welt im Birds
Das kleine Café befindet sich in der Nikolaistraße und damit keine 250 Meter vom Alten Rathaus entfernt. Ich bin heute mit Sophie verabredet, die das Birds vor fast genau zwei Jahren eröffnet hat. Als ich das Café in der Mittagszeit betrete, ist bereits fast jeder Tisch belegt. Am Fenster entdecke ich aber noch einen auf dem – Sophie sein Dank – „Reserviert für Keno“ steht.
Was gleich beim Eintritt ins Café auffällt, ist ein großer Mix aus unterschiedlichsten Stühlen, Sesseln und Tischen. Wie ich erfahre, hatte Sophie schon während ihres Studiums in Hamburg die Idee, ein Café zu eröffnen. Bevor es aber so weit war, hatte sie bereits zahlreiche Möbel auf Flohmärkten, Garagenverkäufen und teilweise sogar auf dem Sperrmüll gefunden, die, dank liebevoller Aufarbeitung durch den Vater, einem Tischler, schnell ihren alten Charme zurückerhielten. Fehlte also nur noch der passende Ort für Ihre Idee und den fand sie in ihrer alten Heimatstadt Göttingen.
Im Birds gibt es nur das zu essen und zu trinken, was auch die Chefin mag. Man bekommt also nichts serviert, was nicht selber von ihr probiert und für lecker befunden wurde. Das fängt an beim italienischen Kaffee und geht über die Limonaden bis hin zum Wein, der von einem französischen Weingut kommt. Sophie hat es während ihrer Urlaube schon oft besucht und den Wein direkt von dort mitgebracht.
Selbst gebackener Kuchen aus Familienhand
Für die Kuchentheke wird fleißig selber gebacken. Anstatt der ursprünglich mal angedachten ein bis zwei Kuchen pro Tag, werden inzwischen bis zu 6 gebacken. Und wenn die Inhaberin des Birds mal wieder mit anderen Sachen beschäftigt ist, dann springen gerne auch mal Mutter, Schwiegermutter oder Oma ein, damit kein Gast hungrig nach Hause gehen muss.
Zweimal in der Woche hat das Café übrigens länger geöffnet und verwandelt sich mit der untergehenden Sonne in eine Bar – es gibt dann statt Kaffee eher so etwas wie Gin Basil Smash, einen Cocktail mit Gin und Basilikum, den ich bei meinem nächsten Besuch mal probieren werde. Zum Schluss verrät mir Sophie noch, dass es ab und an auch Sonderveranstaltungen wie den Nachtigallen-Ball oder einen Vintage-Kleidermarkt gibt.
Skandinavische Gelassenheit im Kaffeehus
Das Kaffeehus befindet sich im nördlichen Bereich der Göttinger Innenstadt und liegt nah zum Hauptcampus unserer Universität. Betrieben wird das Café seit April 2016 von den beiden Brüdern Jan und Jens. Im Zentrum ihres Angebotes steht ganz klar der Kaffee.
Regelmäßig begeben sie sich auf den Weg nach Frankfurt, wo sie sich den Kaffee in kleinen Röstereien selber rösten lassen. Und so gibt es auf ihrer Kaffeetafel klassische Standardröstungen, die das ganze Jahr über zu bestellen sind, zeitgleich aber auch immer Sonderröstungen, die neue Trends aufgreifen und damit neue Geschmackserlebnisse ermöglichen.
Jan verrät mir bei einem Treffen warum sich er und sein Bruder für den in Mitteldeutschland doch eher ungewöhnlichen Namen Kaffeehus entschieden haben. Beide reisen oft und gerne nach Skandinavien und sind dort immer wieder von der lockeren und entspannten Art der Menschen begeistert. Genau dieses Gefühl wollen sie auch in ihrem Café verbreiten und scheinen dabei recht erfolgreich zu sein. Jeder Gast wird hier grundsätzlich erst einmal geduzt. Aus der Erfahrung des letzten Jahres kann Jan berichten, dass das nicht nur bei den zahlreichen Studenten gut ankommt, sondern auch bei Professoren und Senioren.
Ach ja, neben den Kaffee- und Teeangeboten gibt es hier natürlich auch was zu essen. Da macht es sich positiv bemerkbar, dass Jens gelernter Koch ist. Am Tresen finde ich eine Ecke mit einer großen Auswahl an hausgemachten Brotaufstrichen, mit denen ich mir im Kaffeehus schnell mein eigenes Sandwich anfertigen lassen kann. Besonders beliebt sind die vegetarischen und veganen Varianten. Die Empfehlung, die mir Jan für den nächsten Besuch mit auf den Weg gibt, ist allerdings der russische Zupfkuchen seines Bruders. Ein Kuchen angeblich mit Suchtgefahr.
Zu Hause in Dabis Kaffeestube
Vom Alten Rathaus in Richtung Cheltenham-Park liegt in der Roten Straße Dabis Kaffeestube. Ich war hier im letzten Jahr zum ersten Mal bei einem Quizabend. Beim Betreten viel mir bereits auf, dass es sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt seinen Lieblingsplatz zu finden: auf einem klassischen schlichten Stuhl, in einer gemütlichen Sitzecke, auf einem bequemen roten Sofa, in Korbstühlen oder auf der mit Sitzkissen ausgestatteten Bank im Fenster.
Der Inhaber Thomas Dabergott, kurz Dabi genannt, erzählt mir, dass er in seinem Café in Göttingen damit die klassische Kaffeehaus-Idee umsetzen möchte: einen Ort für Begegnungen und Kommunikation zu schaffen, der im allerbesten Fall den Gästen das Gefühl eines Wohnzimmers gibt. Einen Ort an dem man sich geborgen und wie zu Hause fühlt.
Was mich am Anfang etwas irritierte, war die fehlende Karte für Speisen und Getränke. Aber das ist durchaus so gewollt, denn Dabi möchte am Anfang mit all seinen Gästen persönlich ins Gespräch kommen. Und wenn er herausgefunden hat, was der Gast wünscht, dann kann er Empfehlungen aussprechen, die viel individueller sind als es jede Karte sein könnte. Ich mache die Erfahrung bei der Bestellung meines grünen Tees. Der Vorschlag, den mir Dabi unterbreitet, trifft genau meinen Geschmack. Passt also schon mal.
Fair gehandelte Getränke und kleine Speisen
Alles was es im Café zu essen oder zu trinken gibt ist nach Möglichkeit Bio, ein Demeter-Produkt oder Fair gehandelt. Das trifft auf Kaffee und Tee genauso zu wie auf den Wein oder die Speisen. Apropos Speisen: Wie zu Hause gibt es auch hier keine Schickimicki-Sandwiches mit Deko-Schnickschnack, sondern leckere Stullen – wahlweise mit Käse oder Stracke.
Zur Philosophie des Inhabers gehört es übrigens auch, dass er nicht an den Tisch der Gäste kommt, sobald eine Tasse Kaffee ausgetrunken oder der Kuchenteller leergegessen ist. Die Wertschätzung des Gastes hängt für Dabi nicht vom Umsatz ab. Im Fokus steht der Wohlfühlfaktor.
Es gibt natürlich noch viele weitere empfehlenswerte Cafés in Göttingen, z. B. mit schönen Gärten für die Sommermonate. Aber die stelle ich vor, wenn die Zeit für kurze Hosen und Flip-Flops näher rückt.
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Stefan Luncker meint
Schöner Bericht. Ich finde es entwickeln sich gerade richtig liebevolle Cafés, die Göttingen richtig attraktiv für einen Besuch machen.
Ein kleiner Geheimtipp ist inzwischen auch das Cafe Cortés, dass sich von der reinen Konditorei ein bischen mehr zu einem Café,in dem man großartige selbsthergestellte leichte Torten verzehren kann, entwickelt hat.
Keno meint
Hallo Stefan, stimmt, in Göttingen kann man inzwischen wirklich schöne Cafés entdecken. Dazu gehört sicherlich auch das Cortés.
Andrea meint
In der Tat: soweit schon einmal eine sehr schöne Auswahl an individuellen und einladenden Cafés – alle mit ihrer ganz eigenen persönlichen Note. Neben dem Eindruck, der beim Besuch dieser Orte mitunter für jeden etwas anders ausfallen kann, finde ich es an dieser Stelle hochinteressant, auch ein bisschen über die „Geschichte dahinter“ zu erfahren. Nun bin ich ungeduldig zu lesen, wie die Entdeckungstour durch Göttingen’s Tee- und Kaffeestuben weitergeht!
Keno meint
Liebe Andrea,
auch ich bin gespannt wie es weitergeht. Auf jeden Fall gibt es noch viel zu entdecken – da bin ich mir sicher:-)