Beschaulich geht anders. Mit der größten Open-Air-Galerie Südniedersachsens strotzt es in Einbeck vor Kunstgenuss! Ich werde deshalb ein wenig mit euch über die Street- Art-Meile der ehemaligen Hansestadt im Herzen Südniedersachsens flanieren.
Klar schwärme ich für die älteste Street Art – dem Fachwerk! Jedoch kann sich unsere Open-Air-Galerie mit ihren fast 60 Gemälden auf Mauern, Häusern, Bussen und ganz vielen weiteren, versteckten Objekten absolut sehen lassen.
Seit sieben Jahren organisiere ich mit der Kinder- & Jugendkunst Initiative YoungART in Einbeck die Street-Art-Meile (SAM). Jeden Sommer bringt die SAM viele internationale Graffitikünstler in die zauberhafte und beschauliche Fachwerkstadt Einbeck.
Die einen lockt die Brautradition hier zu uns, die anderen das urbane Flair, wenn gesprühte pinke Finken vis á vis von Neidköpfen mit ausgestreckter Zunge argwöhnisch beäugt werden.
Die SAM ist ein integraler Bestandteil des Einbecker Kulturgeschehens. Sie wurde unter dem Motto „Unsere Stadt soll bunter werden“ kreiert und ins Leben gerufen. Stück für Stück entwickelte sich die SAM zu einem Festival der Kunst. Sie machte Einbeck als Standort von großartiger sowie atemberaubender Street Art über seine Grenzen hinaus in ganz Deutschland bekannt.
Geschichte der Einbecker Street Art
Im Jahr 2011 gründete sich das KUNSTHAUS Einbeck , initiiert durch Kultur-im-Team unter der Leitung von Martin Keil. Die Mitglieder und aktiven Künstler der ersten Stunde kamen hauptsächlich aus den Bereichen Malerei und Bildhauerei. Junge und alternative Kunstformen wurden jedoch kaum repäsentiert. Es musste ein Kunstevent für eine junge Zielgruppe her! Die Jugendinitiative YoungART gründete sich 2012 als eine Ergänzung zum KUNSTHAUS Einbeck. So sollte die Stadt schonungslos mit zahlreichen Kreativaktionen bereichert werden. Dafür sorgten jungen Menschen, die planten, durchführten und wahrnahmen.
Street-Art-Meile – ein Bus als Wegbereiter
Am 23. Juni 2012 wurde dank des ortsansässigen Verkehrsunternehmens Ilmebahn ein Meilenstein für die Street-Art-Meile gelegt. Ein Gelenkbus diente als Leinwand für Graffitikünstler. Dieser Bus wurde auf dem Marktplatz in Einbeck zum rollenden Kunstwerk gestaltet. Das Gefährt bereicherte sodann noch vier Jahre den Linienverkehr im Einbecker Stadtbild. Es war der Grundstein zur Street-Art-Meile, wie wir sie heute kennen.
Einbeck als künstlerischer Melting Pot
Heute kann die Street-Art-Meile getrost als Melting Pot bezeichnet werden. Künstler aus Deutschland, Südafrika, Venezuela, den Niederlanden haben sich bereits an den Kunstflächen der Stadt verewigen können. Einbecker Street Art auf globalen Pfaden und ich bin jedes Jahr begeistert, aus welchen Winkeln der Welt die Künstler zu uns nach Einbeck kommen!
Die SAMap zeigt euch alle Spots
Neulich sagte eine Touristin zu mir, man fühle sich ein wenig wie in „Klein Leipzig“, wenn man in Einbeck von Artspot zu Artspot mit der SAMap durch die Gassen zieht und sich auf die Spurensuche nach allen Kunstwerke begibt. Vorbei an Gartenzwergen und historischen Villen verstecken sich fliegende Hunde, gelenkt von Falken mit Fischantrieb von Phillip Jordan aus Utrecht (Nr. 46). Weniger verrückt, jedoch genauso beeindruckend schön sind Prinzessinnen, die mit einer Leichtigkeit Quallen wegtanzen (Nr. 34). Oder aber die margeritengefüllte Köpfe von KosDoz aus Spanien, die sich in Traumwelten auflösen (Nr. 35). Jedes Jahr füllt sich die SAM mit neuen Objekten, die man gemütlich schlendernd bei einem lockeren Spaziergang erleben kann, gern natürlich auch mit dem Fahrrad.
Von der Geschichte inspirierte Farbtropfen
Rund zehn Objekte wurden im letzten Jahr durch die Einbecker Geschichte inspiriert. Diese empfinde ich als besonders spannend, weil man über die Kunst in Vergangenes eintaucht. Schon oft musste ich das Gemalte intensiv betrachten, mich darauf einlassen – aber dann bekomme ich die Gelegenheit Till Eulenspiegel, der natürlich auch in Einbeck sein Unwesen trieb, zu entdecken.
So findet aber auch Einbecks Immaterielles Kulturerbe, der Blaudruck, seinen Platz an einer großen Fassade (Nr. 5). Absolut passend umgesetzt, wie ich finde.
Der Erfinder des Morphiums, Friedrich Sertürner, verfolgt mich mit seinen Augen ebenfalls in den Straßen von Einbeck. Der gute Herr hatte in der Vergangenheit seine Zelte hier aufgeschlagen und war einige Jahre in Einbeck tätig. Der Künstler BlackApe verbindert sein Markenzeichen – die Affen – gern mit den gemalten Motiven. Hier ist es Friedrich Sertürner.
Auch dem Einbecker Gerstensaft wurde künstlerisch gehuldigt. So prangt Luthers Konterfei mit seinem wohlbekannten Auspruch auf einer Hausfassade an der Dr.-Friedrich-Uhde-Straße. Am besten zu sehen vom Bürgermeisterwall aus.
Wenn man sich ein wenig Zeit nimmt, und das kann ich nur wämrstens empfehlen, ist dieser Kunstrundgang ein schöner und bunter Programmpunkt für ein Einbeck-Wochenende. Für viele Gäste überraschend in einer Stadt mit Kleinstadtcharme.
Foto: YoungArt Einbeck
Gestatten, pARTricia!
Neben dem Organisieren rund um die SAM, bin ich unter meinem Künstlernamen pARTricia auch jedes Jahr aktiv und kreativ mit dabei. Im Video unten seht ihr mich zum Beispiel beim Entwerfen und Gestalten des Artspots Musterkoffer, von den Einbeckern liebevoll Tapeten-Haus genannt. Das optisch tapezierte Haus zeugt von der alten Handwerkskunst der Formstecherei.
Video: YoungArt Einbeck
socialSAM 2020
Auch in diesem Jahr gab es natürlich wieder eine Street-Art-Meile in Einbeck, wenn auch in einem kleineren Rahmen als sonst. Sie lief unter dem Motto social SAM. Es gab einen großen Art-Spot geben, an dem alle zusammen arbeiten gearbeitet haben – ein jeder Künstler an seinem eigenen Kunstwerk! Ort des Art Spots war das Fitnessstudio MegatheriuM am Kohnser Weg 5 in Einbeck.
Vom 4 .- 6. September wurden die Dosen geschüttelt und die Farbtropfen flogen zahlreich durch die Luft. Die pittoreske Stadt Einbeck lud zur 7. Internationalen Street-Art-Meile ein. Es war ein großartiges und tolles Ereignis! Die Ideen und Techniken der Künstler haben mich wieder einmal vollkommen beeindruckt.
Face to Face mit den Künstlern
Es ist selten, dass man die Möglichkeit bekommt den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter zu schauen und mit ihnen in den Dialog zu treten. Hier in Einbeck ist dies jedoch möglich. Natürlich solange die geführten Sprühdosen sich nicht in schwindelerregender Höhe aufhalten, um an 17 Meter hohe Mauern zu gelangen.
Foto: YoungART Einbeck
Erstmalig haben in diesen Sommer sogar alle teilnehmenden Künstler an einem Gebäude gemalt. Somit hatte ich die geballte Ladung Kunstgeschehen vereint. Am Samstag fand außerdem ein Open-Air-Galerie-Tourkonzert statt. Dabei bin ich mit meinem Drahtesel und der Brassband Brazzo Brazzone, in Lastenrädern, über die Street-Art-Meile gefahren! Das war anders, das war großartig. Ich kann nur abschließend sagen, dass es ein absolut tolles, spaßiges und kreatives Wochenende war. Ich danke allen Künstlern und Besuchern, dass sie mit dabei waren!
Street-Art-Führung für alle
Übrigens, für alle Interessierten: Ihr könnt auch Führungen entlang der Einbecker Street-Art-Meile buchen! Für Erwachsene und für Kids. Also, kommt gern nach Einbeck und begleitet mich auf einer farbenfrohen Street-Art-Tour!
Foto: YoungART Einbeck
Im Jahr 2021 findet die Street-Art-Meile, wie gewohnt, am letzten Wochenende im September statt – 10. bis 12. Das diesjährige Motto: „Schein & Sein – in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege.“ Also, besucht uns gerne und habt Teil an diesem großartigen Event!
[…] bunter zu machen. Mehr zur Geschichte von Einbecks Streetart findest du im Blogartikel „→ Streetart in Einbeck„. Passend zur Streetart-Meile gibt es auch eine Karte – die SAMap, in der viele […]