Wir leben in einer Welt, in der das Motto lautet: Höher, schneller, weiter. Kaum gibt es eine neue Kollektion in den Bekleidungsgeschäften, kommen schon die nächsten Trends auf und das Sortiment muss aussortiert werden. Doch nicht jeder passt sich an und spielt in diesem System mit. Um mehr darüber zu erfahren, habe ich mich auf eine kleine Entdeckungsreise begeben, durch die Ateliers der Stadt Hildesheim. Mit dabei die neue Broschüre „Kunsthandwerk & Design“, die in der Tourist-Information erhältlich ist. Mit anschaulichen Bildern untermalt, zeigt sie besondere Werkstätten, Ateliers und Galerien der Stadt Hildesheim und ermöglicht das Eintauchen in eine eindrucksvolle Welt. Begleitet mich auf einen Spaziergang zu den Orten, an denen Nachhaltigkeit, Recycling, Slow Fashion, Handwerk, Qualität und Kunst noch eine große Rolle spielen.
ATELIER ASTRID JANSEN – ZERO WASTE ACCESSOIRESTRID JANSEN – ZERO WASTE ACCESSOIRES
Gleich beim Platz An der Lilie, unweit des Hildesheimer Rathauses, befindet sich der kleine Laden von Astrid Jansen. Sofort fallen mir die hochwertigen Ledertaschen ins Auge, die liebevoll in den Regalen aufgereiht sind. Jede Tasche ist einzigartig und bietet unzählige Details, von denen ich meinen Blick kaum lösen kann. „Hier wird Mode und Umwelt verbunden“ erklärt Astrid Jansen mir. Sie benutzt hauptsächlich Leder für Ihre Produkte. Ihr Motto lautet: Slow Fashion (entschleunigte Mode) und geringe Verschwendungen. Dazu nutzt sie Produkte, die andere wegwerfen. Das sind zum Beispiel Artikel die noch nicht genutzt wurden, weil sie es nicht auf den Markt geschafft haben oder ausrangierte B-Ware. Für einige ihrer Produkte hat sie sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Ein modulares System ermöglicht es den Kunden, die Henkel der Taschen ganz einfach auszutauschen. Eine weitere Besonderheit in ihrem Laden sind die Gürtelhälse, die einem sofort ins Auge fallen. Die Kunden können das eingerollte Leder betrachten und somit verstehen, woraus ihr Gürtel geschnitten wird. Das Leder hat Streifen, Falten und Prägungen. Das zeigt, wie Nachhaltigkeit und Natürlichkeit aussehen. Ihre Produkte sind eben etwas Besonderes und keine Massenware.
ATELIER BINDERNAGELATELIER BINDERNAGEL
Nicht nur aus Leder kann man hochwertige Kunststücke erschaffen. Das Atelier Bindernagel, welches sich in einem Hinterhof der Jakobistraße befindet, nur einige Meter von Astrid Jansens Shop entfernt, bietet einen Einblick in eine ganz andere Welt. Marit Bindernagel gestaltet Schmuck und Tischkultur aus Sterlingsilber oder Feinsilber. Auf ihrem Tisch präsentiert sie mir einen geschwungenen Armreif und einen einzigartigen Kerzenständer. Die Produkte sehen so hochwertig aus, dass ich wieder einmal erstaunt bin, dass solche Kunstwerke aus Handarbeit entstehen können. Mit Drückbänken wird das Silber in eine Form geschmiedet, durch einen Hammerschlag bekommt es seine Struktur. Die kleine Werkstatt ist voller interessanter Details. Von der Schmelzecke, über Reste von Blechen und Eisen, bis hin zu verschiedensten Werkzeugen und kleinen Anfertigungen. Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
MODEDESIGNERIN MONIKA KUČERA
Nachdem ich das Atelier Bindernagel verlassen habe, mache ich mich auf den Weg in die Wollenweberstraße. Seit 11 Jahren besteht der Modeladen von Monika Kučera in der Wollenweberstraße 19 in Hildesheim. Neben den Regalen, die mit den feinsten Stoffen bestückt sind, reihen sich auf der anderen Seite wunderschöne und besondere Kleidungsstücke an der Wand entlang. Monika Kučera hat Modedesign studiert und sich dann selbstständig gemacht. Sie macht alles alleine, vom Entwerfen bis zum Schneidern. Sie hat so eine gute Vorstellung von Schnitten, dass sie diese direkt auf den Stoff zeichnen kann. Anhand einiger Beispiele zeigt sie mir, wie sehr ein passender Schnitt einen Menschen optisch verändern kann. Dieses Talent nutzt sie, für individuelle Typberatungen. Frau Kučera überzeugt mich, wie verändernd es ist, zu wissen, welche Farben und Schnitte zu mir passen. Es liegt ihr außerdem sehr am Herzen, weniger Abfall zu produzieren und dafür qualitative Kleidung herzustellen und zu tragen. Wie wäre es, wenn wir wieder hochwertige und individuellere Kleidung tragen, statt dem Fast-Fashion-Trend zu unterstützen?
„FEINGESTALT“
Nur drei Minuten Fußweg entfernt, am Ende der Neuen Straße auf der linken Seite, verbirgt sich ein kleiner Laden in gemütlicher Lage. Im hinteren Brühl, zwischen Dom und Godehardikirche, inmitten von Fachwerkhäusern, befindet sich die Galerie „feinGESTALT“. Das Sortiment setzt sich zusammen aus Designprodukten, einzelnen Werken von Kunsthandwerkern und dem Schmuck, den Marion Obornik selber herstellt. Sie selbst ist Goldschmiedin und Schmuckdesignerin. Weitere Produkte, die ich in der Galerie entdecke, sind zum Beispiel von der Hamburger Künstlerin Barbara Hast, die ihre Keramik selber dreht und diese mit einer Pipette in Feinstarbeit mit kleinen Mustern verziert. Hergen Böttcher verarbeitet einheimische Hölzer zu Küchenhelfern und die Firma „Ask a duck“ gestaltet Fliesenuntersetzer mit liebevollen Illustrationen. Egal wo ich hinschaue entdecke ich weitere wunderschöne Kunstwerke. Es gibt so viele Details, kreative Ideen und Unikate, die mich staunen lassen.
ATELIERS UND GALERIEN IN HILDESHEIM
Nach meiner kleinen Reise durch die Welt der Kunst und des Handwerkes gehe ich mit vielen Eindrücken nach Hause. Die Leidenschaft und Liebe, mit denen die einzelnen Unikate hergestellt werden, die Arbeit und die Ausbildungen die dahinterstehen und die wichtigen Aspekte der Nachhaltigkeit und der Natürlichkeit, haben mich zum Umdenken angeregt. Natürlich gibt es in Hildesheim zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten, jedoch bestimmen die Ateliers, die kleinen individuellen Geschäfte und die Künstler den Charakter von Hildesheim. Eines ist mir jetzt klar: Ein Ausflug zu den Hildesheimer Ateliers und Galerien lohnt sich immer und vielleicht verändert es für den ein oder anderen die Sicht auf das Herstellen und Einkaufen. Umso glücklicher bin ich, dass ich die Broschüre „Kunsthandwerk & Design“ zur Hand hatte, die mit vielen interessanten Informationen bestückt ist und mich sicher zu den Werkstätten, Ateliers und Galerien der Stadt Hildesheim bringt.
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