Ich nehme euch mit auf eine Radtour durch Hannover, entlang des Mittellandkanals! Geboten wird eine interessante Mischung aus Erholung & Natur, Spannung & Industriekultur – sowie Sonne, Wolken & heute leider auch ein bisschen Regen! Enden soll die Tour an der Hindenburgschleuse. Los geht der Spaß aber erst mal in Seelze. Sportliche Mitstreiter fahren dorthin direkt mit dem Rad. Da ich noch einige Kilometer vor mir habe, entscheide ich mich heute allerdings für die faule Variante und starte am Hauptbahnhof Hannover mit der S-Bahn (Linie S 1 oder S 2). Exakt elf Minuten später komme ich am Bahnhof Seelze an und nehme die Fußgängerbrücke über den Rangierbahnhof – hier bietet sich der erste spannende Ausblick: Gleise und Waggons wohin man schaut!
Die Bahnhofsanlage erstreckt sich über eine Länge von 5,5 Kilometern und einer Breite von 350 Metern. Insgesamt gibt es 135 km Gleise und 510 Weichen, gesteuert von sieben Stellwerken. Beeindruckende Zahlen!
Entlang des Stichkanals
Weiter geht’s entlang des Zweigkanals (zunächst durch Seelze und ein Industriegebiet) bis zur Abzweigung Mittellandkanal/Lindener Stichkanal. Von jetzt an führt mich mein Weg immer weiter Richtung Osten – zum Glück mit Rückenwind! Erstes Highlight an der Strecke sind die Trogbrücken: Hier unterquert die Leine den Mittellandkanal. Ein spektakulärer Anblick!
Brücken
Ganz nebenbei ist es ein interessantes Gefühl, über die Trogbrücken zu laufen.
Neben mir Wasser, unter mir Wasser – deutlich zu erkennen durch die zahlreichen Löcher im Boden der Brückenkonstruktion – nichts für Leute mit schwachen Nerven!
Beeindruckend ist es auch, nach der Trogbrücke rechts in einer kleinen Schleife vom Damm hinab zu fahren und sie zu unterqueren. Erst der alte, dann der neue, grüne Trog sind hier zu unterqueren und geben ein Eindruck von den Stahlmassen, die die Last des Kanalwassers und der Schiffe tragen.
Jetzt heißt es aber erst mal Meter machen! Ich bin zwar bei strahlendem Sonnenschein zu Hause gestartet – langsam ziehen aber die ersten Wolken auf. Nach einigen Kilometern schippert eines der vielen Schiffe, die auf dem Mittellandkanal Güter transportieren, an mir vorbei. Was es wohl geladen hat?
Gleichzeitig entdecke ich zwei gelbe Brücken über den Mittellandkanal. Ganz klar: Das Conti-Werk in Stöcken ist nicht mehr weit! Es entstand 1938/40. Aus dieser Zeit stammen die roten Klinkergebäude an der Hafenfront, die zum Teil noch als Lagerhäuser dienen.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag…
…bei meiner „Industrie-Sightseeing-Tour“: Es folgen – schon von weitem zu erkennen – das Gemeinschaftskraftwerk Stöcken (seit 1989 unter Dampf), VW Nutzfahrzeuge (Geburtsstätte des VW-Bullis)…
…die alten Speicherhäuser aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (sie gehörten zur „Hauptgenossenschaft Hannover“)…
…gefolgt vom Nordhafen und vom Brinker Hafen.
Puh – höchste Zeit, mal eine kleine Pause einzulegen und die vielen grünen Ecken zu genießen, die es am Mittellandkanal zuhauf gibt. Die ganze Wasserstraße säumen zahlreiche Bäume, Sträucher und Gräser sowie gemütlich Bänke, auf denen man sich niederlassen und seinen Gedanken einfach Mal freien Lauf lassen kann.
Als Beweis wie schön eine Fahrrad-Tour am Mittellandkanal – gerade bei strahlendem Sonnenschein – sein kann, hier noch ein Archivbild:
Und auch die Enten fühlen sich am Wasser sichtbar wohl.
Aber nun zurück zur Tour: Da die vorhin schon drohenden Wolken wieder aufziehen, schwinge ich mich schnell auf mein Fahrrad und gebe ordentlich Gas. Als nächstes geht’s vorbei am idyllisch gelegenen Yachthafen, wo sich die Liegeplätze aneinander reihen.
Jetzt schon in der Ferne zu erkennen: Der Telemax – mit 282m Höhe der fünfthöchste Turm Deutschlands und ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Landeshauptstadt.
Was zu sehen ist
Wer hier die Tour beenden möchte (so wie ich aufgrund des einsetzenden Regens), hat auf 20km schon eindrucksvolle Objekte aus der Industriegeschichte Hannovers sowie jede Menge grüne und entspannte Ecken am Mittellandkanal gesehen. Wer weiter radelt, kann noch einiges mehr entdecken. Ein beeindruckender Bau ist die Noltemeyerbrücke, die sich mit einer Stützweite von 78,25m und einer Breite von 41,45m über den Kanal spannt.
Weitere Höhepunkte entlang der Strecke sind die Buchholzer Mühle, die Erholungsfläche „Neues Grün“ hinter der Brücke Schierholzstraße, der Misburger Hafen und die Mergelgruben. Von der Aussichtskanzel, die dort zu einem Drittel über dem Rand schwebt, fällt der Blick tief in die Grube und in die Landschaft. Außerdem wartet noch die Hindenburgschleuse in Anderten auf euch. Sie wurde von 1919 bis 1928 erbaut. Insgesamt wurden 250.000 Kubikmeter Stahlbeton mit 65.000 Tonnen Zement und 10.000 Tonnen Stahl verbaut. Krasse Zahlen!
Und damit sind wir auch schon am Ende angelangt. Was diese Tour so reizvoll macht? Definitiv die Kontraste: Jede Menge Grün, Wasser und Natur, gleichzeitig Schiffe, Kräne und Industrieanlagen – ein spannender Mix! Aber nun habt ihr genug gelesen. Mein Tipp: Rauf aufs Rad – und entdeckt eure persönlichen Highlights am Mittellandkanal!
Tipps:
Hier findet ihr eine passende Fahrrad-Route mit Infos und Download.
Hier gibt es die Route mit Schwerpunkt auf die Industriekultur.
Thorsten Windus-Dörr meint
Sehr schönes Post. Gensuao habe ich die Tour auch schon mal gemacht (hatte besseres Wetter). Beeindruckend ist tatsächlich, wie der Kanal über die Leine fließt und natürlich die Anderter Schleuse. Als Tip zur Einkehr empfehle ich den Anderter Bahnhof (eine urige Kneipe) oder den Biergarten Stampeder kurz vor der Schleuse.
Hostelmax meint
Bei der ehemaligen Hindenburgschleuse komme ich ja auch häufiger mal vorbei (https://www.hostelmax.de/die-schleuse-anderten-frueher-hindenburgschleuse/). Die heißt ja heutzutage wohl einfach Schleuse Anderten.
Das macht sie überhaupt nicht häßlicher. Sie ist ein hervorragendes Fotomotiv, im Sommer ein schöner Fleck zum Rasten oder Spazierengehen.
Nach eurem Artikel sollte ich mir aber vermutlich mal mein Rad schnappen und die Strecke abfahren. Die Hälfte der hier beschriebenen Orte habe ich noch nie gesehen. 🙂