Redaktioneller Hinweis: Der Glocken-Palast beherbergt heute ein Classic Superbikes Motorrad Museum).
Vor einiger Zeit habe ich für den aboutcities-Blog schon einmal den Gifhorner Glocken-Palast besucht. Damals habe ich den Holzschnitzer Juri getroffen. Diesmal möchte ich nicht über die Architektur und die Holzkunst des imposanten Gebäudes schreiben, sondern mich dem Leitgedanken widmen, der der Errichtung des Glocken-Palasts samt zugehörigem Ensemble zugrunde liegt – dem Frieden.
Jahrzehntelanger deutscher und europäischer Frieden
Das Kriegsende vor 75 Jahren und die deutsche Wiedervereinigung vor 30 Jahren sind zwei bedeutende Ereignisse, die bei der Idee des Glocken-Palasts eine wichtige Rolle spielen. Der Glocken-Palast soll erinnern, nicht vergessen lassen und Ehrfurcht wecken. Die vor dem Glocken-Palast errichtete Europäische Freiheitsglocke komplettiert das Friedens-Ensemble.
Ehrfurcht vor dem Leben
„Ehrfurcht vor dem Leben“, das Motto des Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer, ist auch so etwas wie ein Leitsatz für den Glocken-Palast und hier an vielen Stellen zu finden. Vor der Frontseite des Gebäudes ist eine meterhohe weiße Statue von Schweitzer zu sehen, mit gepacktem Koffer in der Hand. Ein Teil des Ausstellungsbereichs ist dem deutschen Arzt und Philosophen gewidmet. Hier wird sein Leben und Wirken dargestellt und über seine Arbeit in dem von ihm im gabunischen Lambaréné gegründeten Krankenhaus informiert.
Grundsteinlegung durch Michail Gorbatschow
Albert Schweitzer ist nicht der einzige Friedensnobelpreisträger, dem man im Glocken-Palast begegnet. Michail Gorbatschow und seine Frau Raissa waren zwei Mal persönlich in Gifhorn. Bei ihrem Besuch 1996 haben sie den Grundstein für das Gebäude gelegt und die Schirmherrschaft übernommen.
Horst Wrobel, Ideengeber und damaliger Eigentümer des Glocken-Palasts, baute in den 90er Jahren intensive Kontakte nach Osteuropa auf. So konnte er Gorbatschow bei einem persönlichen Gespräch in Moskau für das Projekt in Gifhorn begeistern.
Auch dem Wirken Gorbatschows ist ein Teil des Glocken-Palasts gewidmet. In einem eigenen Ausstellungsraum zeigen Schautafeln mit Fotos und weiteren Informationen den Lebensweg des ehemaligen sowjetischen Präsidenten. Auch Eindrücke von seinen Besuchen in Gifhorn anlässlich der Grundsteinlegung sind hier zu finden.
Die Arche Noah im Glocken-Palast
Im Südtrakt des Gebäudes ist ein Modell der Arche Noah aufgebaut. Das Modell wurde in zweijähriger Handarbeit von Horst Wrobel erschaffen. Das Modell ist wirklich beeindruckend in seiner Detailverliebtheit. Das Besondere: Die Arche Noah wurde hier maßstabsgetreu nach Hinweisen aus der Bibel nachgebaut.
Der Raum der Friedensnobelpreisträger
In einem Raum, in dem unter anderem Lesungen und Vorträge stattfinden, wird weiterer Friedensnobelpreisträgerinnen und -preisträger gedacht. An einer Seite des Raums findet man eine übergroße Nachbildung der Ehrungsmedaille. Porträts, die an Pfeilern angebracht sind, erinnern an Persönlichkeiten wie Martin Luther King, Mutter Teresa und Willy Brandt. An der Stirnseite hängt ein Rahmen mit 75 Preisträgerinnen und Preisträgern.
Die Europäische Freiheitsglocke
Die Europäische Freiheitsglocke ist ein imposantes Denkmal zur Mahnung an die innerdeutsche und europäische Teilung. Die 2007 errichtet Glocke passiert man auf dem Weg zum Glocken-Palast. Damit bilden die beiden Denkmale ein einheitliches, beeindruckendes Ensemble. Die Schirmherrschaft hat der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff übernommen.
Die Glocke ist über zehn Tonnen schwer und die größte Glocke Niedersachsens, außerdem eine der größten in Deutschland. Sie soll der Freude Ausdruck verleihen, dass durch den friedlichen Fall der Grenzen neue Möglichkeiten für ein zukünftiges Miteinander der Menschen in verschiedenen Ländern Europas und der Welt möglich wurden. Sie soll gleichzeitig auch ermuntern, das Trennende immer wieder friedlich zu überwinden.
Auf der Glocke wurden die Portraits von Michail Gorbatschow (Sowjetunion), George Bush sen. (USA), Gyula Horn (Ungarn) und Helmut Kohl (Deutschland) verewigt. Jeder der vier hat eigens dafür eine Widmung verfasst.
„Das Läuten der Freiheitsglocke von Gifhorn wird in jedem Haus zu hören sein.“
Michail Gorbatschow
Auch der damalige Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Karl Kardinal Lehmann (damaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz) und Bischof Wolfgang Huber (damaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands) haben persönliche Widmungen verfasst, die den Glockenturm zieren.
Auf acht rund um das Denkmal aufgestellten Tafeln sind bedeutende Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte zwischen 1933 und 2007 zu sehen, unter anderem das Kriegsende 1945 und die deutsche Wiedervereinigung 1990.
Das Geländer der Glocke ist zurzeit nicht zugänglich.
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