Mehr als Weinezkräcker & Co.: Im veganen Restaurant Rüpel isst man nachhaltig und originell zubereitet freches Gemüse vom Feinsten.
Schon früh entdeckte die Mutter von Lennart Röbbel seine besonderen Fähigkeiten in Sachen Kochkunst, denn bereits mit acht Jahren begann dieser, an Weihnachten für die Familie Gerichte zuzubereiten. Dem guten Rat der Eltern folgte er als junger Mann aber nicht sofort, sondern irrte erstmal als Veranstaltungstechniker umher. Bei einer Auszeit im Kanu durch Schweden schippernd kam ihm dann die Erkenntnis, sich umzuorientieren und vielleicht doch dem elterlichen Imperativ zu folgen: „Du musst Koch werden!“ Damals war Röbbel Anfang zwanzig.
Er bewarb sich europaweit. Er bekam eine Ausbildungsstelle im Restaurant „Ole Deele“ in Burgdorf bei Sternekoch Tony Hohlfeld (damals ein Stern, heute zwei Sterne und Küchenchef in Hannovers „Jante“ ). Röbbel sammelte wertvolle Erfahrungen, arbeitete oft eigenverantwortlich und entwickelte sich rasant weiter. Im Ole Deele lernte Röbbel Lisa Dismer kennen, die dort jobbte. Sie brachte Gastroerfahrung aus ihrer Ausbildung im Luisenhof mit. Drei prägende Elemente, die seinen Weg zum eigenen veganen Restaurant mitgestaltet haben.“

Nachhaltiges Gemüsestübchen mit 18 Sitzplätzen
Röbbel und Dismer sind heute ein Paar und beitreiben seit 2021 das vegane Restaurant Rüpel – ein Kleinod für nachhaltigen Lifestyle in Hannovers Multikulti-Stadtteil Linden. Das selbst ernannte Gemüsestübchen bringt Veganes der Region auf den Teller und setzt dabei konsequent auf fair produziert Produkte.
„Es ist eine echte Challenge, Gemüse und Kräuter für einen Restaurantbetrieb aus einem Umkreis von 50 Kilometern zu beziehen“, sagt Röbbel. Und gleichzeitig ist genau das der Ansporn für seine innovativen Kreationen.
Ausnahmen gibt es. Gewürze wie z.B. Pfeffer kommen von weiter weg, sonst funktioniert es nicht. Auch Cashnewkerne, die in der veganen Küche eine wichtige Rolle spielen, weil sie vielseitig einsetzbar sind und tierische Produkte in vielen Rezepten ersetzen können, nutzt Röbbel hin und wieder, obwohl sie einen langen Transportweg hinter sich haben.
„Wir sind keine Heiligen, aber wir achten darauf, wo Produkte herkommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt werden“, sagt Lisa. Im Großen und Ganzen wird im Rüpel in fast allen Bereichen auf Nachhaltigkeit gesetzt. Das Geschirr ist von einer Künstlerin aus der Lüneburger Heide getöpfert, die Stühle sind recycelt, und die Blumendeko passt sich den Jahreszeiten an – im Winter setzen Röbbel und Dismer auf Trockenblumen, im Sommer schmücken frisch gepflückte Blumen vom Feld aus der Region die Tische. Und der wenige Abfall, der in der Küche übrig bleibt, wird in einer Kompostiermaschine zu Bodenersatzstoff verarbeitet.

„Wir sind davon überzeugt, dass eine lebenswerte und gute Zukunft nur durch einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ressourcen gelingt“, sagt Röbbel.
Die Menükarte im Rüpel wechselt etwa alle zwei Monate. Ständig kreiert Röbbel daher im Kopf neue Gemüsekombinationen. Es kann schon mal ein Jahr dauern, bis er das optimale Gericht gezaubert hat. Besonders stolz ist der 36-Jährige auf sein Sellerie-Carpaccio mit Miso-Merettich. „Das kam auch bei den Gästen super an“, weiß Dismer.
Momentan auf der Karte: ein Pilzgericht mit Igelstachelbart. Der stachelige Speisepilz wird confiert anschließend geräuchert, danach gepresst und vor dem Servieren kurz gebraten.
Optik und Konsistenz erinnern an ein Steak. Diese Assoziation ist wichtig, weiß Röbbel. „Vegane Küche ist nicht unbedingt positiv belegt. Es geht darum, bei den Gästen im Kopf Assoziationen zu erzeugen und sie mit Dingen abzuholen, die sie kennen, damit sie nicht sofort an trockene Weizenkräcker mit Salatblatt denken.“ Der leicht süßlich schmeckende Igelstachelbart teilt sich den Teller mit lauwarmem Apfel-Sellerie-Salat mit Haselnuss Krokant.
Als Nächstes plant Röbbel eine vegane Version des Calenberger Pfannenschlags – ein typisch hannoversches Gericht aus zerkleinerten Schlachtresten. Die Basis seines Konzepts: Shiitake-Pilze. „Pilze spielen eine große Rolle, weil sie vielseitig einsetzbar sind und auf diverse Arten zubereitet werden können. Sie sind nährstoffreich und sorgen oft für herzhaften Geschmack.“

Frische Konzepte und lockerer Service – nachhaltige Gastro ohne Chichi und Blabla
Das Rüpel zählt zu den ungewöhnlichsten Restaurants in der Region Hannover und hat sich darüber hinaus in ganz Norddeutschland mit seinem frischen, nachhaltigen Konzept einen Namen gemacht.
Das Konzept bringt Herausforderungen mit sich – vor allem durch die selbstauferlegten Prinzipien. „Man muss jeden Tag sein Bestes geben, sonst kommen die Gäste nicht wieder“, erklärt Dismer. Doch genau diese Herausforderung macht auch den Reiz aus. Innovation und die Freiheit, selbstständig zu arbeiten, gleichen die Anstrengung aus.
Und nicht zuletzt ist die vegane Küche eine größere Spielwiese als die vegetarische. Während letztere oft auf ein bekanntes Repertoire an Gerichten zurückgreift, bietet die vegane Küche noch einmal ganz andere kreative Möglichkeiten. „Es gibt kaum Kochbücher dazu, wenig Rezepte – man hat mehr Narrenfreiheit“, sagt Röbbel.
Und das positive Feedback der Gäste motiviert. „Mit einigen haben wir uns sogar angefreundet“, sagt Dismer. Es sei toll zu beobachten, wie das Rüpel inspiriert, überrascht und eine Community entsteht. Entscheidend sei vor allem: „Das, was wir tun, müssen wir gerne tun.“

18 Plätze, 6 vegane Gänge, 2 Slots an 3 Tagen
Das Konzept ist einfach: an drei Tagen, von Donnerstag bis Samstag wird in zwei Slots ein veganes Menü zu 89 Euro serviert, Wasser ist inklusive. Weine sind aus ökologischem Anbau, Bier kommt aus dem hannöverschen Brauhaus Ernst August. Das Ambiente ist schlicht, die Wände dunkel, das Thema Nachhaltigkeit zieht sich bis ins kleinste Detail durch.
Gäste jeder Couleur kommen ins Rüpel. Viele kommen mit Skepsis und einem inneren Buh zu Roter Beete, Alge & Co. „Die meisten gehen beschwingt und fröhlich“, weiß Gastgeberin Dismer. Sie sind überrascht, weil es anders ist als die erwarteten Weizenkräcker: Der Service locker, die Atmosphäre ungezwungen, die Weine gut, das Essen gut. Ein bisschen wie Sterneküche für jedermann.
Und warum Rüpel? Der freche Name hat seinen Ursprung in Röbbels Zeit als Privatkoch, als er mit Kindern kochte und dabei jede Menge Schabernack trieb. Einige Eltern gaben ihm damals diesen Spitznamen – und er blieb hängen. Passend, denn Rüpel weckt nicht nur Assoziationen zur Rübe, die symbolisch für vegane Ausrichtung steht, der Name ist auch wunderbar prägnant.
Hannover bekommt eine vegane Ideenschmiede
Pläne für die Zukunft hat das Gastro-Paar auch schon. Auf dem benachbarten Schmuckplatz, ein absoluter Lieblingsort in Hannover, haben Röbbel und Dismer eine Produktionsküche gemietet. Dort werden die Gerichte für den Restaurantbetrieb vorbereitet. Außerdem sind Events und Workshops geplant: Wie geht fermentieren? Wie macht man vegane Butter oder Dips? „Viele Leute haben Lust, neues auszuprobieren. Die wollen wir mit Workshops und Events künftig abholen“, sagt Dismer.

Alle Fotos (c) Lars Gerhardts
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