In Wolfenbüttel gibt es eine neue Stadtführung rund um das Thema Genuss. Der Titel „Genusspfade“ verspricht schon mal viel. Ich darf den Probelauf mitmachen und bin gespannt.
Die Stadtgeschichte, die Herzöge und Lessing spielen heute nur die Nebenrolle. In der Hauptrolle: Geschäfte und Genussprodukte entdecken, hinter die Kulissen blicken, Bummeln, Kleinigkeiten einkaufen und ein kleines bisschen über Wolfenbüttel erfahren.
Nicht jede Tour ist gleich, je nach dem für welchen Wochentag ihr euch entscheidet, führt die Tour durch andere Geschäfte. Insgesamt werden wir an vier Stellen einkehren, drei Stunden sind für die ganze Tour veranschlagt. Und das Beste: Überall darf man etwas probieren. Wie vielfältig das sein kann, zeigt die Tour von der ich hier berichte.
Wolfenbüttel war schon immer eine Stadt für Genießer… sagt unser Stadtführer und steigt gleich ins Thema ein. Schon Wilhelm Busch sei zum Genießen nach Wolfenbüttel gekommen. Auf der einen Hand um Urlaub zu machen, und weil er dabei seinen Bruder besuchte, der eine Konservenfabrik hatte. Und da wurde ja schließlich auch jede Menge Produkte verarbeitet, die man später genießen konnte.
Um die Stadtgeschichte soll es bei der Tour nur nebenbei gehen. Wer mehr zu den Herzögen, Lessing oder den vielen Fachwerkhäusern erfahren möchte, sollte eine unserer anderen Führungen buchen.
Unser erster Stopp ist das Feinkostgeschäft Barrique. Seit diesem Jahr in einem neuen Geschäft (nur zwei Häuser weiter) und mit neuem Inhaber: Florian Weiß erwartet uns schon.
Erste Einkehr: Barrique
Es ist ein Samstagmittag im März. Spontan habe er beschlossen, anzugrillen, das Wetter sei gut. Das macht er nicht für uns, sondern lockt damit alle, die an diesem Samstag durch die Fußgängerzone schlendern. Dazu eine der vielen Grillsaucen aus dem Sortiment zum Probieren.
Im Laden erzählt Florian Weiß fröhlich drauf los. Dass er das Geschäft erst vor kurzem übernommen hat, als Nachfolger von Jörn Zeisbrich. Der war auf der Suche nach einem Nachfolger für das beliebte Geschäft. Florian Weiß, gelernter Industriemechaniker, hat die Neugier gepackt und probierte sich aus. Das lief so gut, dass er das Geschäft nach einer gründlichen Einarbeitungs- und Übergabezeit übernahm. Wie er so von seinen Produkten schwärmt, für alles noch einen Tipp oder eine Idee zur Verarbeitung hat, bekommt man den Eindruck, er hätte nie etwas anderes gemacht.

Zuerst schenkt er einen Wein aus. In der Auswahl hat er auch alkoholfreien rosé und Weißwein und Traubensaft. Kaum ist fertig ausgeschenkt, bringen er und sein Team köstlich befüllte Teller zum Probieren. Der Clou: An den Teller ist ein Glashalter angeklipst, sodass man alles mit einer Hand halten und mit der anderen essen kann. Florian Weiß erklärt währenddessen, was wir vor uns haben. Seine Kostproben wolle er für die Genusspfade variieren, nach Lust und Saison, damit es nicht langweilig werde.
Als wir weitergehen, kommen wir am Wochenmarkt vorbei. Der ist jeden Mittwoch- und Samstagvormittag auf dem Stadtmarkt. Ebenfalls ein Treffpunkt für Genussliebhaber. An den Samstagen schlendern die Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler gern über den Wochenmarkt, machen Besorgungen, bummeln durch die Geschäfte – und treffen dabei immer jemanden für einen kurzen Plausch. An dieser Stelle noch ein besonderer Tipp: In diesem Jahr finden in Wolfenbüttel zusätzlich vier Abendmärkte statt. Beim Abendmarkt könnt ihr nach Feierabend frische Lebensmittel einkaufen, regionale Leckereien probieren, neue Produkte zu entdecken und einen schönen Abend in gemütlicher Atmosphäre auf dem Stadtmarkt verbringen. Die Abendmärkte sind an den folgenden Terminen von 16 bis 20 Uhr: 8. Mai, 5. Juni, 10. Juli und 11. September.
Die zweitälteste Schlachterei Deutschlands

Für uns geht es aber weiter zum Gourmetmarkt Röber am Kornmarkt. Obwohl die Schlange der Kundschaft lang ist, wird ruckzuck ein Tisch aufgebaut und die vorbereiteten Häppchen von Susanne Röder (das ist kein Tippfehler) serviert. Sie berichtet, dass der Gourmetmarkt die zweitälteste Fleischerei Deutschlands sei, in zwei Jahren wird das 200. Jubiläum gefeiert. Eigentlich eine Fleischerei, hat der Gourmetmarkt Röber aber noch viel mehr im Angebot, als Fleisch- und Wurstwaren. Auf dem Probierteller finden sich auch Häppchen mit vegetarischem Aufstrich. Echt lecker, und bei unserer Truppe auch echt schnell weg. Mit Charme und einer gehörigen Portion Humor nimmt uns Susanne Röder, nachdem wir aufgegessen haben, noch mit ins Geschäft. Röber hat noch einiges mehr im Angebot, als das, was man sonst vom Fleischer kennt. Feinkost, ein täglich wechselndes Mittagsmenü und selbst eingemachte Gerichte, sogar vegetarisch, am Wochenende sogar ein Stückchen Kuchen.


Anschließend geht es vom Kornmarkt in Richtung der Breiten Herzogstraße. Vorbei an der imposanten Hauptkirche und der nicht minder prächtigen Trinitatiskirche. Diese Kirche war in der Vergangenheit auch die Kirche der Gärtner. Deswegen steht das entsprechende Denkmal auf der Grünfläche davor. Und im Sommer, da müsst ihr mal genau hinschauen, blühen und wachsen in dem Beet nicht nur Blumen, sondern je nach Kreativität unserer Stadtgärtner zum Beispiel auch Kräuter oder Mangold. Der Gartenbau war ein wichtiger Wirtschaftszweig in der früheren Zeit in Wolfenbüttel. Haltbar gemacht wurde vieles davon zum Beispiel in den Konservenfabriken. Wir erinnern uns an den Anfang der Tour…
Genießen ganz „Ohne Verpackung“
Das nächste Geschäft ist nur noch wenige Meter entfernt. Auf der Breiten Herzogstraße geht es zu „O-Ve“. Inhaber Karsten Roloff stellt gleich klar: gesprochen wird der Name des Geschäfts wie „oh-Fee“ und nicht wie „oh-Weh“. Das Kürzel steht für: Ohne Verpackung. Das ist das Konzept in diesem Laden: unverpackt einkaufen. An den Wänden reihen sich Behälter aus denen man sich lose Produkte wie Nudeln, Hülsenfrüchte, Körner, Müsli und vieles mehr selbst in mitgebrachte Gefäße abfüllen kann.
Aber auch regionale, frische Produkte wie Kartoffeln vom Biohof Berkelmann aus Hachum, Eier vom Klostergut Dibbesdorf, Milchprodukte in Mehrweggläsern vom Klostergut Heiningen bekommt man bei O-Ve. Außerdem Kosmetikartikel einer Goslarer Manufaktur, Pestos, Aufstriche und Öle aus einer Bio-Manufaktur in der Heide. Wo immer es geht, achtet Karsten Roloff auf kurze Transportwege und die Verwendung von Pfandgläsern. Sein Ansporn ist, dass jede und jeder die Welt nach den eigenen Möglichkeiten ein bisschen besser machen kann. Zum Beispiel, indem man auf Einweg-Verpackungen verzichtet.

Er hat auch schon Leckereien für uns vorbereitet. Bier aus einer kleinen Braunschweiger Manufaktur, Wein in Mehrwegflaschen, und naturtrüber Apfelsaft von Streuobstwiesen am Elm. Dazu gibt es Knabbereien: Wasabinüsse, gewürzte Cashews und wenn wir die Kekse oder Schokolade aus dem Sortiment probieren mögen, sollen wir mit der bereitliegenden Zange einfach zugreifen. Ein paar aus unserer Gruppe nutzen die Gelegenheit, um nebenbei ein paar Dinge einzukaufen. Beliebt ist dabei eine bunte Tüte „so wie früher am Kiosk“, hier aber mit veganen Gummitieren, Lakritze und Colaflaschen. Der Stadtführer schwärmt von dem festen Shampoo, dass es im Kosmetik- Bereich des Ladens gibt. Bei O-Ve findet ihr nicht nur Lebensmittel, Produkte für den täglichen Bedarf dürfen auch nicht fehlen.
Deswegen hier noch ein Profitipp: Wenn ihr Führung mitmacht, bringt am Besten einen Beutel oder einen Rucksack und auch ein paar Gefäße mit.
Und zum Abschluss etwas Süßes
Schnell ist die Zeit verflogen und wir machen uns auf den Weg zur letzten Station des Genusspfads. In der Okerstraße betreten wir das Café Moena. Die Betreiber Moena und Bünyamin Calik empfangen uns herzlich. Sie haben schon eine lange Tafel im hinteren Bereich des Cafés gedeckt. Im Café ist eine angenehme Atmosphäre. Offene Fachwerkbalken, Vintage-Möbel und Geschirr mit Blümchenmuster und Goldrand wie bei Oma, und trotzdem wirkt es frisch und zeitlos. Ja, das Café sei nach ihr benannt, erklärt sie uns, als wir am Tisch sitzen. Moena, das sei italienisch, weil ihre Mutter Italien so liebe.
Das Café haben sie erst vor ein paar Monaten eröffnet. Täglich gebe es ein vegetarisches Mittagsgericht und eins mit Fleisch. Und wie es sich für ein Café gehört natürlich ein wechselndes Angebot an Kuchen und Torten. Von den Kuchen dürfen wir eine Auswahl probieren. Dazu hat Bünyamin Calik ein besonderes Heißgetränk kreiert. Da wolle er sich aber auch immer wieder etwas Neues überlegen, man darf also gespannt sein.

Die Genusspfade enden an dieser Stelle für uns. Ich kann mir gut vorstellen, dass das Café Moena ein schöner Ort ist, um noch einen Moment zu verweilen und einen Kaffee zu trinken. Dabei noch ein bisschen die vergangenen Stunden Revue passieren lassen, das Gelernte verdauen.
Appetit auf den Genusspfad bekommen?
Unsere Truppe ist rundum zufrieden und begeistert von den verschiedenen Kostproben. Es war abwechslungsreich, es gab Süßes und Herzhaftes zu probieren, mal ein Getränk dazu und viele spannende Infos von den Inhabenden der Geschäfte. Als Vegetarierin war auch für mich genug dabei, ein kleiner Hinweis auf entsprechende Ernährungsarten ist bei der Buchung für die bessere Planung aber hilfreich.
Möchtet ihr auch auf einen Genusspfad gehen? Öffentliche Termine sind an jedem 4. Freitag und 2. Samstag eines Monats. Die genauen Daten und Möglichkeit zur Buchung findet ihr hier.
Ich kann mir die Tour auch gut für einen kleinen Betriebs- oder Abteilungsausflug vorstellen oder für besondere Anlässe im Freundeskreis. Auf Anfrage ist die Führung auch für Gruppen von 10 bis 12 Personen möglich. Unsere Tourist-Info berät euch dazu gern.
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