Für viele Leser*innen mag der Titel schon etwas anmaßend sein. Historisches Wolfsburg? Die Stadt gibt es doch erst seit 83 Jahren. Was kann daran historisch sein? All denjenigen möchte ich empfehlen weiterzulesen. Natürlich ist die Stadt selbst noch sehr jung, jedoch lebten hier auch vor dieser Zeit schon Menschen – ach ja, und die eingemeindeten Orte möchte ich euch auch zeigen. Wenn ihr jetzt meint, dass das ja nicht Wolfsburg an sich ist, lasst euch gesagt sein, dass diese kleinen Ortsteile zu Wolfsburg gehören und ihren ganz eigenen Charme versprühen. Neugierig? Na dann nichts wie los und viel Spaß bei meinem Rundgang durch das historische Wolfsburg.
Namensgeber der Stadt Wolfsburg
Der erste Weg führt mich in den Stadtteil Alt-Wolfsburg. Versteckt hinter riesigen Eichen und Buchen finde ich es – das Schloss Wolfsburg. Und ja, das Schloss hieß schon immer Wolfsburg und jetzt ratet mal, warum die Stadt spannenderweise auch so heißt. Das Schloss wurde erstmals 1302 urkundlich erwähnt und ist der wohl nördlichste Vertreter der Weser-Renaissance. Der großzügig angelegte Schlosspark lädt zum Spazieren und Verweilen ein – und mit etwas Glück kann man auch frisch Vermählte die große Schlosstreppe herunterkommen sehen. Neben dem Standesamt befinden sich im Schloss Wolfsburg auch noch die Städtische Galerie, das Stadtmuseum und der Kulturverein. Ein Kleinod möchte ich euch aber noch zeigen. Dazu gehen wir einmal über die Straße und betreten den kleinen Barockgarten. Symmetrisch angelegte Beete und ein kleiner Pavillon sind das Kernstück dieser kleinen Idylle. Hier findet ihr wirklich den Ursprung des historischen Wolfsburg – inklusive Namensgebung.
Historisches Wolfsburg in der Innenstadt? Niemals!
Und wenn ich euch nun sage, dass es doch so ist? Wir gehen vom Schloss Wolfsburg über die Berliner Brücke und sehen schon die älteste Kirche im Stadtzentrum von Wolfsburg – die St. Annen Kirche. Diese Kirche steht zufälligerweise auch direkt in dem Stadtteil, den ich euch zeigen möchte. Wir befinden uns in Rothenfelde-Heßlingen. Dies ist der älteste Teil von Wolfsburg und besteht aus dem Dorf Heßlingen, welches im Jahr 871 erstmals erwähnt wurde und der Ansiedlung Rothenfelde. Früher war Heßlingen noch Schauplatz einer Schlacht im Lüneburger Erbfolgekrieg und heute ist es ein idyllischer Fleck inmitten des Trubels der Innenstadt. Kulturell und gastronomisch immer einen Abstecher wert. Das beliebte Ateliér Café mit selbstgemachter Marmelade und einem super Frühstück ist wohl der Dreh- und Angelpunkt. Das Taparazzi lädt zum Mittagessen ein und unser Wolfsburger Figurentheater in der alten Bollmohrscheune ist ein kulturelles Kleinod und immer einen Besuch wert.
Vorsfelde – Die Stadt der Eber
Habt ihr Lust auf historische Ortsteile von Wolfsburg? Dann nehme ich euch einmal mit nach Vorsfelde! Vorsfelde ist heute der größte Ortsteil und hatte bis 1972 das Stadtrecht inne. Erstmals urkundlich erwähnt wurde es im Jahr 1145 und Vorsfelde ist nach dem Zwei-Straßen-Prinzip eingeteilt. Das heißt: Eine Straße hoch, eine Straße runter. Dies ist auch der heutige Ortskern und natürlich der älteste Teil. Und warum nun die Stadt der Eber? Das Wappen von Vorsfelde wird von einem schwarzen Keiler auf silbernem Grund geziert. Deswegen auch umgangssprachlich bei uns die „Eberstadt“. Vielleicht liegt es auch daran, dass es im angrenzenden Naturschutzgebiet Drömling eine überaus große Wildschweinpopulation gab.
Wenn man durch die Straßen schlendert fühlt man sich wieder ins Mittelalter versetzt. Ein Fachwerkhaus reiht sich an das andere und der historische Charme der Ortszentrums wird richtig deutlich. Das Imkerhaus, das älteste Wohngebäude des Ortes, ist wohl auch das bekannteste und markanteste. Direkt am Ütschenpaul gelegen kann man nur erahnen, welche spannende Bauweise hinter dem Haus liegt. Ein paar Meter die Straße hoch, kommt man zum eigentlichen Zentrum mit dem ältesten Gebäude in Vorsfelde: die St. Petrus Kirche. Klein, aber doch erhaben und wehrhaft steht sie dort umsäumt von Bäumen und Büschen. Nachmittag ist es jetzt schon und so langsam kommt der Hunger. Kleine Eiscafés entlang der Straße und verschiedene Restaurants laden in Vorsfelde zum Einkehren ein. Da ich euch aber noch den letzten Teil des historischen Wolfsburg zeigen möchte, reicht die Zeit „nur“ für ein „Eis-to-go“.
Fallersleben – Die Stadt des Dichters
Was sagt euch der Name Fallersleben? Bringt ihr damit irgendetwas in Verbindung? An alle, die jetzt an das Brauhaus gedacht haben – ja, stimmt auch! Ich war aber eher auf August Heinrich Hoffmann von Fallersleben aus. Er schrieb den Text zu einem Lied, welches jeder schon mindestens einmal gesungen hat. Richtig – Alle Vögel sind schon da! Um ehrlich zu sein, schrieb er dieses auch, aber das meinte ich auch nicht. Korrekt ist natürlich unsere Nationalhymne. Der Vollständigkeit halber ist zu sagen, dass er den Text schrieb und die Melodie von Joseph Haydn kam. Es ist nun nicht leicht zu glauben, dass man in Fallersleben natürlich auf seinen Spuren wandeln kann. Sein Geburtshaus ist heute ein Hotel mit Saalbetrieb und im Schloss Fallersleben wurde ein teils interaktives Museum über das Leben und Wirken Hoffmann von Fallerslebens eingerichtet – und dieses ist wirklich sehr interessant und spannend.
Neben den historischen Bauten in Fallersleben, wie dem Schloss oder der Michaeliskirche, gibt es auch noch das 1765 erbaute „Alte Brauhaus zu Fallersleben“. Direkt am Schlossteich gelegen mit 4-stöckigem Mansardendach und stehend auf tonnengewölbtem Lagerkeller, lädt es zum Verweilen ein. Nach einem langen und spannenden Tag im historischen Wolfsburg, möchte ich nun auch die Zeit nutzen und bei selbstgebrautem Bier und leckerem Schnitzel die Eindrücke nachhaltig auf mich wirken lassen.
Habt ihr Lust bekommen auf einen kleinen Rundgang durch das historische Wolfsburg? Dann kommt her und macht euch selbst ein Bild von der anderen Seite der Stadt. Eine Seite, die ihr vielleicht so nicht erwartet hättet. Denn Wolfsburg ist immer wieder für Überraschungen gut.
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