Zugegeben, Las Vegas bei Nacht hat schon was. Die nächtlichen Skylines von Hongkong oder Ney York City sind atemberaubend. Ich möche meine Heimatstadt bestimmt nicht mit den großen Metropolen vergleichen, aber ich finde, auch Gifhorn bei Nacht ist durchaus sehenswert. Am Wochenende habe ich mich deshalb zu einem abendlichen Spaziergang durch die Altstadt aufgemacht. Wichtigste Utensilien: Kamera und dicke Jacke.
Das Welfenschloss bei Nacht
Erste Station meines Spaziergangs durch den Gifhorner Abend ist das Welfenschloss. Das große schmiedeeiserne Tor am Eingang ist geöffnet und gibt den Blick frei auf das Gebäude. Die Leuchten und Lichter am und um das Schloss sind geschickt platziert und lassen die Fassade erstrahlen.
Obwohl es schon recht spät ist, ist das Schloss alles andere als verlassen. Aus dem Rittersaal höre ich Streicher und Bläser, dann ertönt lauter Beifall. Durch den gläsernen Vorbau des Schlossrestaurants sehe ich viele zufriedene Gäste beim Essen und Trinken und Reden.
Der Rittersaal ist ein beliebter Veranstaltungsort, hauptsächlich finden hier Konzerte statt. Die Atmosphäre hier ist ganz besonders, dicke steinerne Mauern, riesige Metall-Leuchter an der Decke. Im Schlossrestaurant gibt es verschiedene Räume, Nischen, eine Orangerie, die Bastion. Und im Gewölbekeller tischt Pater Laurentius, ein Mönch aus dem späten Mittelalter, für Gruppen rustikale Speisen auf.
Das Welfenschloss stammt aus der Renaissancezeit und diente Herzog Franz von Braunschweig und Lüneburg von 1539 bis 1549 als Residenz. Neben dem Restaurant und dem Rittersaal befindet sich im Schloss auch das Historische Museum mit Exponaten zur Ur- und Frühgeschichte sowie zur Stadtentwicklung und Naturkunde. Die Schlosskapelle war einer der ersten protestantischen Sakralbauten in Deutschland.
Kavalierhaus, Langer Jammer, Meilenstein
Vom Schloss in die Altstadt ist es nur ein Katzensprung, einmal über die Straße und schon bin ich an der Kavalierstweete zwischen Kavalierhaus und Langem Jammer.
Das Kavalierhaus ist das älteste Wohnhaus in Gifhorn, es wurde 1546 erbaut. Auffällig ist die Ähnlichkeit zur Architektur des Schlosses, die Fassaden beider Gebäude bestehen aus Sandstein und sind im Stil der Wesserrenaissance gebaut.
Hinter den Mauern des Kavalierhauses befinden sich Ausstellungsräume und „EMMA – die Museumswohnung im Kavalierhaus“. Gezeigt wird die vollständig eingerichtete Wohnung (bürgerliche Wohnkultur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts) der letzten Kavalierhaus-Bewohnerin Emma Wrede.
Vor dem Kavalierhaus befindet sich der 1986 aufgestellte Meilenstein. Er markiert den Kreuzpunkt der historischen Salzstraße von Lüneburg über Gifhorn nach Braunschweig mit der historischen Kornstraße von Magdeburg über Gifhorn nach Celle. Auf dem Meilenstein sind die Entfernungen in alten Deutschen Meilen von Gifhorn nach Braunschweig (3,5 Meilen), Celle (5,5 Meilen), Lüneburg und Magdeburg (jeweils 12 Meilen) angegeben. Eine alte Deutsche Meile entspricht 7.420,436 Metern.
Direkt neben Langem Jammer und Kavalierhaus steht die imposante St. Nicolai-Kirche aus dem Jahr 1744. Und gegenüber, einmal über den Marktplatz, befindet sich das Alte Rathaus.
Altes Rathaus und Hochzeitsmühle
Das Alte Rathaus wurde 1562 erbaut und ist ein mächtiger, beeindruckender Bau. Das Fachwerkgebäude besticht aber auch durch Detailverliebtheit, denn wer genau hinschaut, entdeckt eine spannende Holzschnitzornamentik, die traditionelle Handwerkszünfte darstellt. Fast 300 Jahre lang war hier das Gifhorner Rathaus untergebracht, bis 2020 konnte man hier schlemmen im Ratsweinkeller.
Vor den Toren der Altstadt, sehr präsent an einer großen Kreuzung gelegen, strahlt mir die „Lady Devorgilla“ entgegen. Die Lady ist eine Mühle, und zwar ein Nachbau aus Gifhorns schottischer Partnerstadt Dumfries. Das Gebäude wird vom Standesamt für Trauungen genutzt. Die Windmühlenflügel drehen sich nur, wenn sich ein Paar das Ja-Wort gibt.
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