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Leckerbummeln durch Wolfenbüttels Altstadt und Oberstübchen

Kaffeerösterei "Treccino" in Wolfenbüttel © Fotostudio Meyer-Hoitz

Der Winterblues ist vorüber, die Sonne lacht und gemeinsam mit Franziska, die Ihr vielleicht noch aus unserem letzten kulinarischen Beitrag kennt (Heimische Erde) geht es mal wieder auf Entdeckungstour durch die Wolfenbütteler Altstadt. Heute sind die kleinen, kulinarischen Geschäfte das Ziel unser Begierde. Was es dabei mit Pralinen, Apfelsenf, Gin, Kaffenade und den Oberstübchen auf sich hat, davon möchte ich Euch jetzt mehr erzählen. Die schönen Fotos sind übrigens von Clemens (Fotostudio Meyer-Hoitz), der uns bei unserem Streifzug begleitet hat.

Torten wie bei Großmutter

Schon das große weiße Schild mit der alten Schrift fällt ins Auge: Süße Köstlichkeiten aus Omi´s Backstube.

Omi’s Backstube – Süße Köstlichkeiten
© Fotostudio Meyer-Hoitz

An Trüffeln, Pralinen, Keksen und Torten-Variationen vorbeigeblickt, steht eine zierliche Frau hinter der alten Klingelkasse. Es ist Bärbel Niebuhr. Sie ist Wolfenbüttels bekannteste Konditorin und Inhaberin der Patisserie Omi´s Backstube.

Bärbel Niebuhr ist Omi und voll in ihrem Element
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Während sie auf dem antiken Stuhl in ihrem Fachwerk-Café sitzt, hat sie immer ein Auge auf das Wohl ihrer Kunden. „Alles gut? Darf’s noch was sein?“ Sie schaut sich um. Jeden Stuhl, jede Gardine und jeden Blumenstrauß hat sie selbst ausgesucht und platziert. Keine Wand ist gerade, keine Türrahmen höher als 1,70 Meter. „Es ist eben voll und ganz mein Lädchen“, sagt sie und lacht. Stolz zeigt Bärbel Niebuhr auf die alte Sitzbank in der Ecke, eine ihrer neuesten Errungenschaften, die mit alten Kaffeemühlen dekoriert ist.

Diese Kasse freut sich auf Gäste aus Skandinavien
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Im September 2013 öffnete Bärbel Niebuhr nach einigen Wochen der Renovierung die Tür zu Omi’s Backstube. Die Auslagen sind gefüllt mit handgemachten Pralinen, selbstgebackenen Torten und Petit Four: ein Kaufmannsladen für Feingebäck. Täglich steht die 63-jährige daheim in ihrer Küche, mischt, bäckt, formt und gießt.

Leckere Petit Fours – frisch und hausgemacht – ein Gedicht
© Fotostudio Meyer-Hoitz

„Meine Großmutter hat mir das Backen beigebracht und ich habe die Rezepte weiterentwickelt“, erzählt sie.

Kleiner Laden – große Auswahl
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Aufgrund der Auszeichnung im Feinschmecker als eines der besten Cafés in Deutschland 2014 kommen auch viele Gäste aus ganz Deutschland. So hat Bärbel Niebuhr schon mal Reservierungen aus Düsseldorf, Hannover, oder auch einer Wandergruppe aus Braunschweig, die sich regelmäßig bei ihr stärkt und dann wieder zurück nach Braunschweig wandert.

Auch hier gibt es wieder das typische Oberstübchen, in dem sich zwei Räume befinden, eingerichtet im Stil der Gründerzeit. Hier fühlen sich die Gäste wohl, „wie bei Oma zu Hause“.

Schon wieder ein Oberstübchen – das eine Wolfenbütteler Besonderheit und Überraschung ist, sogar für Einheimische, die diese besonderen Plätze auch gerade erst für sich entdecken © Fotostudio Meyer-Hoitz

Besonders die Torte des Monats hat uns begeistert. Bei unserem Besuch Ende April war es die Schwarzwälder Kirschtorte und im Mai ist das die Kirsch-Bananen-Sahnetorte. Die appetitlich kreierte Torte mit fruchtiger Kirschsahne sowie leckerer Bananen- und Kirschfüllung könnt Ihr für vier Wochen genießen. Danach wird die nächste Überraschungstorte präsentiert.

[Edit: Bärbel Niebuhr hat ihr Backstübchen der Familie Mücke übergeben, die ihre Geschäft mit viel Liebe fortführen. Die neuen Inhaber haben den Namen gewechselt: Die Wolfenbütteler Tortenkultur verwöhnt euch jetzt unter den Krambuden.]

Senf, Gewürze, Tee und die beste Thüringer nördlich von Erfurt

Nur wenige Meter weiter findet Ihr den das Geschäft „Tires Senf & Tee“ von Steffi Tires. Vor vielen Jahren als reiner Senfladen der Altenburger Senf Manufaktur gestartet, hat die Inhaberin das Geschäft heute zu einem richtig kleinen, feinen Laden für leckere Dinge weiterentwickelt.

Feinkost – Bistro – Tee-Lounge, spannend © Fotostudio Meyer-Hoitz

Zahlreiche gut duftende Gewürze empfangen uns beim Betreten und sogleich überlegen wir, was wir alles riechen und was wir damit schönes kochen könnten. Zum Duft der Gewürze reihen sich unterschiedliche Aromen der verschiedenen Teesorten und augenblicklich wähnt man sich eher auf einem Markt im Süden oder Osten des Mittelmeerraums und nicht in den Wolfenbütteler Krambuden. Kopfkino in einer seiner schönsten Formen.

Gewürze und leckere Teesorten duften hier um die Wette
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Beim Stöbern in den verschiedenen Auslagen und Regalen hat es uns dann aber erst mal ein ganz besonderer Senf angetan. Süße, konfitüreartige Aufstriche mit Senf waren uns schon bekannt, vor allem mit Feigen zum Käse. Nun stechen uns ein paar andere Sorten ins Auge.

Was haben wir den hier für interessante Sorten Senf?
@ Fotostudio Meyer-Hoitz

Angetan hat es uns dann der Apfel-Senf mit groben Senfkörnern. Den müssen wir mitnehmen. Aber was machen wir damit? Die Frage hatten wir kaum ausgesprochen, schon wurde aus allen Richtungen fleißig mit überlegt. Als erstes wurde ein schöner Schweinebraten genannt und auch im Rotkohl würde der Senf seine Aromen gut einbringen können. Zum Käse, na klar, das geht bestimmt. Unser Favorit ist aber ein knackiger Feldsalat mit frischen Radieschen- und Apfelscheiben, Croutons und ein paar feinen Speckwürfeln (oder gewürzten und kandierten Walnüssen) aus der Pfanne sowie einer Vinaigrette mit Apfelessig, einem jungen Olivenöl und natürlich unserem Senf. Dazu ein schönes Holzofenbrot (gibt es übrigens direkt gegenüber beim Altstadtbäcker) und die Planung für das leichte Abendessen steht.

Apfel-Senf mit groben Senfkörner für unseren leichten Sommersalat
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Fast aus Spaß haben wir uns erkundigt, wie es hier so im Oberstübchen ausschaut. Und was soll ich Euch sagen, auch bei Frau Tires gibt es die Gelegenheit, die leckeren und köstlichen Angebote im gemütlichen Ambiente gleich vor Ort zu probieren. O.K., die herrliche Thüringer (ich meine ja, es ist die beste nördlich von Erfurt) habe ich schon vorher vor der Tür probiert, aber für eine französische Limonade von „La Mortuacienne“ (Pampelmuse und Mandarine sind einfach nur  köstlich) nehmen wir gern noch einen Moment Platz.

Oberstübchen Nr. 3 bei Steffi Tires
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Barrique? Kenn‘ ich doch. Ja, aber nicht den hier!

Wenn ein Geschäft in 31 Städten vertreten ist, dann kann man guten Gewissens schon von einer Kette sprechen. Und wenn dieses Geschäft dann Öl, Wein, Spirituosen führt, dann ist das sicherlich auch erst mal nichts weltbewegendes, was es nicht so oder so ähnlich auch in vielen anderen Städten gibt. Richtig? Richtig! Trotzdem ist unser Barrique-Geschäft etwas besonderes. Nicht nur, weil es dieses Jahr bereits seinen 16. Geburtstag feiern darf. Auch, weil es mehrere Male zu den erfolgreichsten der Kette gehörte und bis heute gehört. Unter anderem, weil das umgebende Fachwerkhaus einfach viel besser zum Laden, den vielen Regalen und Glasballons voller Destillate passt als das Ambiente eines modernen Shoppingcenters.

Große Auswahl auf kleinem Raum – so shoppt man in alten Fachwerkhäusern
© Fotostudio Meyer-Hoitz
Wer kann dazu schon nein sagen?
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Aber vor allem wegen der Menschen, die hier arbeiten. Von Anfang ist Jörn Zeisbrich mit seinem fünfköpfigen Team stets zur Stelle, wenn es um das Beraten, Riechen und Probieren geht. Jeder nimmt sich hier Zeit und die Beratung ist nicht von der Stange. Eben hören wir noch, wie eine Dame nach einem passenden Rezept zu einem Wein fragt. Schon ist Jens Bekmann zur Stelle und empfiehlt eine Kanichenleber. Auf die Frage, wo man die den nun in Wolfenbüttel bekommen würde, rät eine andere Kundin gleich zu einer Schlachterei mit Feinkost ein paar Straßen weiter. Wer keine Angst vor Kontakten zu den Einheimischen hat, dem wird diese Seite der Stadt sicherlich gut gefallen.

Erst probieren, dann die richtige Flasche auswählen und individuell abfüllen lassen
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Wir sind aber ganz gezielt auf der Suche nach einem Gin und werden direkt fündig. Wofür wir den brauchen, dass erfahrt Ihr später. Wir lassen uns die Flasche noch hübsch beschriften und fragen auch hier nach dem Oberstübchen. Ja, so erfahren wir, auch dieses Geschäft hat ein Geschoss darüber, doch leider kann es nicht für Kunden genutzt werden. Vielleicht lässt sich da ja doch noch mal was mit den Auflagen machen, uns gefallen diese Wolfenbütteler Oberstübchen nämlich sehr gut.

Handbeschriftet und damit ganz persönlich. Klasse sind auch die individuellen Präsentkörbe.
@ Fotostudio Meyer-Hoitz

Kaffeerösterei Treccino: Einmal Wolfenbütteler Röstung bitte!

Voller spannender Eindrücke unserer alten und neuen Lieblingsgeschäfte suchen wir uns zum Abschluss unser Tour ein kleines Café. Gleich um die Ecke in der Straße „Am Alten Tore“ finden wir das Treccino. Caffébar und Rösterei. Wir sind begeistert, was die liebe, kleine Herzogstadt Wolfenbüttel doch für einen spannenden Mikrokosmos an Genuss-begeisterten Menschen mit interessanten Geschäften zu bieten hat.

Fair gehandelte Bohnen – in Wolfenbüttel geröstet
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Hinter dem Tresen begrüßt uns ein bekanntes Gesicht. Monika Steinig war viele Jahre lang mit ihrer Vespa APE, dem bekannten Dreirad mit kompletter Barista-Ausstattung, auf unserem Wochenmarkt. Jetzt betreibt sie ihre Caffébar und röstet gemeinsam mit ihrem Mann Andreas ihre eigenen Kaffeesorten.

Live-Röstung im Café
© Fotostudio Meyer-Hoitz

„Unsere Röstmaschine kann bis zu sechs Kilo in einem Arbeitsgang rösten“, erfahren wir während die Bohnen oben in den Trichter rutschen. „Das Röstverfahren dauert je nach Bohne und Sorte zwischen 13-20 Minuten und die Bohnen verlieren bis zu 18% ihres Gewichts“, erfahre ich auf meine neugierigen Fragen. Man sieht es den beiden an, dass das mehr ist als ein Job. Hier kommen Leidenschaft und Begeisterung zusammen.

Wie das duftet …
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Wir probieren eine bereits fertig geröstete Mischung, einen so genannten Blend aus zwei Bohnensorten. Und weil Lessing hier in Wolfenbüttel 11 Jahre gelebt und gearbeitet hat und eines seiner Werke „Ernst und Falk“ heißt, gibt es sogar einen Espresso und einen Kaffee mit diesen Namen. Das finden wir zum schmunzeln, hätte doch der große Dichter bestimmt auch seine Freude daran gehabt, mit einer schönen Tasse Kaffee hier zu sitzen und Briefe an seine Freunde zu schreiben.

Lessings Falk, im ernst
© Fotostudio Meyer-Hoitz
Nicht nur ein Café, auch leckere Schokoladen und mehr gibt es zu entdecken
© Fotostudio Meyer-Hoitz

Unser ganz persönlicher Tipp kommt aber zum Schluss. Herr und Frau Steinig laden uns auf eine neue Brause ein. Kaffenade. Eine Limonade aus den Schalen der Kaffeebohnen, die beim Rösten quasi als Abfall übrig bleiben und gemeinsam mit einer angenehmen Holundernote ein herb-erfrischendes Getränk ergeben, das weniger süß schmeckt, als der der Begriff „Limonade“ vermuten lässt. Und weil wir so nett zusammensitzen, über den Spaß am Kaffeerösten plaudern und uns angeregt unterhalten, hole ich spontan den Gin aus der Tasche und wir mischen uns einen sehr leckeren Longdrink aus Kaffenade, Gin, Eiswürfel und drei Kaffeebohnen. Das wird das Sommergetränk 2015, viel Spaß beim selbermischen!

Für die Mithilfe bei diesem Artikel danke ich Franziska, Dagmar, Charlie sowie Omi Niebuhr, Steffi Tires, Jens Bekmann und Monika und Adreas Steinig.

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