In Celle haben sich zwei Lokalhelden aufgemacht, ihren Traum vom eigenen Geschäft in der Celler Altstadt zu realisieren: Das Marchelle und der Alte Provisor.
Zum Lokalhelden kann man sich nicht einfach selbst ernennen, sondern Lokalheld wird man, indem man bei dem IHK-Ideenwettbewerb mitmacht und mit einem guten Konzept und einem ausgearbeiteten Businessplan den ersten und zweiten Platz belegt.
Als ich davon über die örtlichen Medien erfuhr, war ich richtig, richtig neugierig, wie beide Geschäfte ihr Konzept umgesetzt haben und vor allem, wie nachhaltig sie sind. Beide sind seit circa einem halben Jahr dabei und befinden sich in der Celler Altstadt, also ideal für mich als „in der City von Celle und somit mittendrin im Geschehen“-Arbeiterin.
„Die Wurst war zuerst da“
Rainer Samleit, Inhaber vom Marchelle verfolgt die Idee eines Marktplatzes im Sinne von: „Leute treffen und Köstlichkeiten essen – halt Freunde kaufen bei Freunden.“
„Die Wurst war zuerst da“, erzählt er mir, als ich ihn nach der Ursprungsidee für seinen Marktplatz fragte. Die Wurst ist eine „Ahle Wurscht“, also eine nach alter Hausschlachter-Tradition produzierte Wurst; von Schweinen, die ein gutes Tierleben hatten und älter als ein Jahr werden durften. Sie ist luftgetrocknet, hat wenig Fett und schmeckt mir wirklich sehr gut.
Das Ladensortiment geht weiter über Wein, Käse, hausgemachten Marmeladen, italienischen Produkten, Schokolade sowie Hamburger Kaffee. „Alles Produkte, die es so in Celle nicht zu kaufen gibt“, versichert mir der Inhaber.
Im „früheren“ Leben war Rainer Samleit gestresster Marketingleiter, heute arbeitet er zwar auch viel, aber er fühlt sich dabei richtig wohl, denn er hat sich mit seinem Geschäft wirklich einen Traum erfüllt und das strahlt er auch aus. Er sprudelt vor Ideen, wie er sein Geschäft mit Lesungen, Verköstigungsabenden, Veranstaltungsservice und privaten Events weiterentwickeln möchte. Also beste Voraussetzung, Lokalheld zu bleiben.
Und natürlich muss ich unbedingt einen Verköstigungsabend mit Tiroler Käse- und Speckdegustation und den korrespondierenden Weinen mitmachen, immer nur vom Essen zu sprechen und nicht zu probieren macht auf Dauer auch keinen Spaß.
„Man trinkt sich ein…“
… sagt eine Dame, die mit an meinem Tisch sitzt und will damit einen, für uns weibliche Gäste etwas zu herben Rotwein umschreiben. Die Männer können das gar nicht verstehen.
Der Käse dazu, ein älterer Laurentius aus Südtirol, ist einfach nur lecker. In der Mitte des Degustation-Abends angekommen, sind wir frohgestimmt durch die vorangegangenen Käse-, Speck- und Weinsorten.
Es gibt Bärlauchkäse begleitet von dem Weißwein „Sommer-Semester“, Marillengeist, Rohmilchkäse „Alter Badia“ mit einem frischen Riesling, Kaminwurz aus Hirsch, Vinschgauer, Südtiroler Schinkenspeck und den „Lady-Schinken vom Kräuterschwein“, weil nur 2% Fett für die Linie und zum Schluss – für mich die Krönung – Roquefortkäse mit Gewürztraminer .
Ich muss zugeben, ich bin ein Freund von solchen Leckereien, es ist also nicht schwer mich zu begeistern, aber die Qualität stimmt einfach. Und die Atmosphäre ist angenehm, maximal 16 Personen passen in den gesonderten Raum des Geschäfts, die für schnellen Kontakt unter den Gästen sorgt.
Rainer Samleit und sein kleines Team sowie Uwe Füllkrug vom Tiroler Bauernstadl, der die Käse- und Wurstspezialitäten anreichte, haben an dem Abend für mich einen wirklich guten Job gemacht.
Alter Provisor und zauberhaftes Ambiente
Manche Geschäfte sind für mich Orte der Glückseligkeit: Eintreten, wohlfühlen und entspannen. Das kann an einem Duft, an der Einrichtung oder an der charmanten Ansprache des Ladenbesitzers liegen. In dem bezaubernden Geschäft „Alter Provisor“ von Dörte Hirschfeld trifft für mich alles zu. Hier verkauft sie – von ihr selbst aufgearbeitete – alte Stühle, sehr schöne Wohnaccessoires, Naturkosmetik, leckere Naschereien, selbstgemachte Pfefferminzplätzchen und den Kräuterlikör „Alter Provisor“.
Diesen stellt sie in ihrem Labor im Laden selber her, wie ihr am Ende meines Beitrags per Videospot sehen könnt. Vorher aber noch die Erklärung, was genau hinter dem Alten Provisor steckt:
Hinter dem Namen „Alter Provisor“ verbirgt sich ein über Celles Grenzen hinaus bekannter Kräuterlikör, der in den letzten Jahrzehnten in der mittlerweile geschlossenen Rats-Apotheke nach uraltem Rezept zubereitet wurde. Dörte Hirschfeld war in der Rats-Apotheke über mehrere Jahre mit verantwortlich für die Herstellung des Likörs und kennt somit die Details und das Geheimnis der Zubereitung.
Ihre Geschäftsidee, den Alten Provisor in Celle nach der Schließung der Rats-Apotheke weiterzuführen, kam also nicht von ungefähr. Diese Idee konnte aber nur umgesetzt werden, weil die Apothekerfamilie Greve ihr das schlichtweg erlaubte und die Rezeptur anvertraute. Das allein schon ist für mich ein Kriterium, Lokalheldin in Celle zu sein. Dies sah die IHK dann auch so und verlieh ihr den ersten Preis.
Ein Blick in die Kräuterküche der Lokalhelden
Der Alte Provisor braucht viel Zeit: Eine Woche zur Herstellung und ein halbes Jahr der Reife. Je älter er ist, desto weicher und gefälliger schmeckt er, so richtig rund ist er nach 5 – 6 Jahren.
Jede Woche setzt Dörte Hirschfeld nach genau vorgegebenen Schritten und Mischungen den Provisor an, Hauptsubstanzen sind ostasiatische Gewürze und Sirup – aber mehr sei nicht verraten. Am Ende steht die hübsche Flasche mit dem bernsteinfarbenen Halbbitter in ihren Regalen.
Ich durfte Dörte Hirschfeld beim Filtern und Kräuterpressen über die Schulter schauen. Verraten darf sie natürlich nicht viel. Also zuschauen und genießen.
Ein Filtrat wird zubereitet:
Und hier werden die Kräuter gepresst:
Fazit: Der Alte Provisor und Marchelle sind für mich eine wirkliche Bereicherung in Celle und – nicht nur für die IHK – Lokalhelden.
Wenn ihr Lust habt, einen Verköstigungsabend im Marchelle zu erleben, dann informiert euch über www.marchelle.de oder schaut bei Rainer Samleit in der Mauernstraße 18 in Celle vorbei.
Den Alten Provisor findet ihr in der Bergstraße 12, in Celle. Infos erhaltet ihr unter
http://bit.ly/1OzrR5U