Website-Icon about cities | Der Städteblog für Niedersachsen

Das Osnabrücker Rathaus des Westfälischen Friedens

Als überzeugter Osnabrücker zeige ich Freundinnen und Freunden, die mich von außerhalb besuchen, natürlich gerne die schönsten Ecken meiner Heimatstadt. Mein Stadtrundgang startet dann meist im Osnabrücker Rathaus. Denn dies liegt direkt am historischen Markt, der so etwas wie das Wohnzimmer unserer Stadt ist. Hier treffen sich Osnabrückerinnen und Osnabrücker aber auch Gäste das ganze Jahr über zu Veranstaltungen wie der Maiwoche, dem Weihnachtsmarkt oder einem unserer vielen Festivals. Außerdem liebe ich es, in einem der vielen Cafés gemütlich einen Cappuccino zu trinken und die Welt einfach mal ein bisschen an mir vorbeiziehen zu lassen. Dass das Osnabrücker Rathaus nicht nur Verwaltungssitz ist, sondern auch ziemlich interessante Geschichte(n) zu erzählen hat, erfahrt ihr hier in 6 spannenden Facts!

Sonnige Aussichten für einen entspannten Kaffee am Rathaus. Foto: Sven Christian Finke-Ennen

1. Frieden in der Hand

Eine besonders prächtige Kulisse bietet das Osnabrücker Rathaus an seiner Stirnseite. Im spätgotischen Stil erbaut, wurde es 1512 nach ganzen 25 Jahren Bauzeit fertiggestellt und nach fast vollständiger Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ab 1948 wiederaufgebaut. Interessant sind die Proportionen: Das 18 Meter hohe Walmdach verdoppelt nämlich beinahe die sonstige Höhe des Gebäudes; dadurch wirkt das Rathaus beeindruckend groß und mit den 6 Ziertürmen ein wenig wie eine mittelalterliche Festung – wohl auch die Absicht der Bauherren. Die steinerne Freitreppe vor dem Eingang ist besonders bei Veranstaltungen ein beliebter Aussichtspunkt. Von hier hat man einen guten Überblick über das Geschehen und die beste Sicht auf die bunten Giebelhäuser. Auch die Türklinke der 500 Jahre alten Eichenholztür am Eingang verdient besondere Beachtung. Der Osnabrücker Bildhauer Fritz Szalinski gestaltete sie mit einer Friedenstaube, dem Osnabrücker Rad und dem Schriftzug „Friede 1648“. Einfach mal in die Hand nehmen! Übrigens: Das Rathaus ist während seiner Öffnungszeiten auch für Gäste frei zugänglich!

Friedenstaube, Osnabrücker Rad und ein Verweis auf die bedeutsame Stadtgeschichte in der Türklinke des Rathauses. Foto: Sven Christian Finke-Ennen

2. Kaiserliche Gesellschaft

Für schöne Fotos eignet sich die verzierte Fassade hervorragend. Für ein optimales Ergebnis sollte man allerdings bereits früh unterwegs sein. Die Morgensonne wirft nämlich das schönste Licht auf die acht Statuen der großen deutschen Kaiser, die zwischen den Fenstern des Hochparterres „thronen“. Diese waren einst ein Geschenk des preußischen Königshauses. Sie umrahmen den berühmten Stadtvater Osnabrücks, Karl den Großen, der den zentralen Platz über dem Eingangstor einnimmt und so über das städtische Treiben wacht.

Über der Eingangstür des Rathauses wacht Stadtvater Karl der Große über Osnabrück. Foto: Hagenhoff Werbeagentur

3. Geburtsstätte des modernen Europa

Während des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert dienten die Rathäuser in Münster und Osnabrück den Delegationen der europäischen Fürsten als Verhandlungsorte. Während in Münster die Gesandten Frankreichs und die des Kaisers tagten, verhandelten in Osnabrück die Gesandten des Königreiches Schweden und diejenigen des deutschen Kaisers. Zwischen den Verhandlungsorten ritten Boten hin- und her, um aktuelle Informationen zu überbringen. Nach 1400 Tagen konnte im Jahr 1648 endlich der Westfälische Frieden verkündet werden, der neue Maßstäbe für das Völkerrecht und die Verfassung setzte und eine ganz neue Idee entwickelte: den europäischen Gedanken. Heute bestimmt die Maxime „Frieden als Aufgabe – dem Frieden verpflichtet“ wesentlich das politische und kulturelle Leben unserer Stadt. Seit 2015 trägt das Rathaus daher, ebenso wie die Wiener Hofburg oder die Akropolis in Athen, das Europäische Kulturerbesiegel. Im kommenden Jahr jährt sich der Westfälische Frieden bereits zum 375. Mal; ein Ereignis, welches das ganze Jahr über mit Veranstaltungen und Aktionen gefeiert werden soll!

4. Fröhliche Friedensreiter

In Erinnerung an dieses besondere Ereignis der Stadtgeschichte dürfen jedes Jahr um den 25. Oktober, dem Osnabrücker Friedenstag, die Viertklässlerinnen und Viertklässler der Stadt mit ihren selbstgebastelten Steckenpferden durch die Stadt „reiten“. Dabei singen sie das Lied der Steckenpferdreiter Wir Reiter zieh’n durch Osnabrück. Als Belohnung bekommen alle kleinen „Friedensreiterinnen und Friedensreiter“ am Finale auf der Rathaustreppe eine Zuckerbrezel von der Oberbürgermeisterin persönlich überreicht. Unvergesslich für alle, die daran teilnehmen können – ich erinnere mich noch heute gerne daran, auch wenn ich mein Steckenpferd leider nicht aufgehoben habe.

Osnabrücker Viertklässler mit Ihren selbstgebastelten Steckenpferden feiern den Friedenstag. Foto: Detlef Heese

5. Wer findet die Königin?

Im Friedenssaal, dem früheren Ratssaal, künden die Portraits 42 Gesandter von den historischen Ereignissen, die sich hier einst zugetragen haben. Kleines Suchspiel: Es ist nur eine Frau dabei! Ein Bild der Königin Christina von Schweden hängt hier ebenso wie eines des französischen Königs Ludwig XIV in jugendlichem Alter. Die Mitte des Saals ziert ein prächtiger Kerzenleuchter, dessen Kerzen bei Empfängen und Veranstaltungen den Raum in stimmungsvolles Licht tauchen. Staatsgäste, Regierungschefs und wichtige Persönlichkeiten tragen sich hier in das Goldene Buch der Stadt ein. Europäische Königshäupter, Popstars und sogar der Dalai Lama haben sich hier schon verewigt. Schön für Gäste: Die Tür zum Friedenssaal steht ihnen immer offen! Ein Stockwert darüber zeigt ein großes Stadtmodell Osnabrück im Jahre 1633, also während des Dreißigjährigen Krieges. Zu der Zeit war der Standort meines Wohnhauses noch ein Acker vor der Stadtmauer…

6. Ein Blick in die Schatzkammer

Seine ursprüngliche Funktion als Versammlungsraum für den Rat erfüllt der Friedenssaal nur noch am Osnabrücker Handgiftentag. Jedes Jahr am 2. Januar reichen sich hier anlässlich dieses Gedenktages alle Ratsmitglieder zur Einstimmung auf das neue Jahr die Hände. Gegenüber dem Friedenssaal lohnt sich ein Blick in die Schatzkammer. Dort sind Teile des noch fast vollständig erhaltenen Ratssilbers mit dem Kaiserpokal sowie die älteste Schützenkette aus dem 13. Jahrhundert zu sehen. Besonders interessant ist ein Faksimile des Westfälischen Friedensvertrages. Beeindruckend, dass dieses Dokument das Ende eines so leidvollen langen Krieges besiegelte und Grundlage eines neuen Völkerrechts wurde.

Panoramablick über den Markt mit Rathaus, Stadtwaage, Marienkirche und Giebelhäusern. Foto: Tim Tolhuysen

Mein Tipp:

Natürlich solltet Ihr Euch das Rathaus am besten live anschauen und in die Geschichte der Stadt und des Westfälischen Friedens eintauchen. Es gibt aber auch einen tollen virtuellen Rundgang mit 360°-Ansichten unter www.osnabrueck.de/rathausrundgang.

Die mobile Version verlassen