Schon seit einigen Jahren bin ich Stammgast auf vielen Handgemacht-Märkten in der gesamten Region. Ob selbstgemachte Taschen, Ketten, Ohrringe, Socken, Kosmetiktaschen oder Kekse – ich liebe sie alle. Das Gefühl ein Unikat zu besitzen, finde ich super. Was liegt da also näher, als selbst einmal diesem Trend zu folgen und sich ein Lieblingsteil selbst zu gestalten. Tipps und Anleitungen kann man sich heutzutage ja ganz einfach besorgen. Gibt man das Wort „selbstgemacht“ oder „Do it Yourself“ im Internet ein, so wird man geradezu von einer Flut an Webseiten überrollt. DIY-Anleitungen und Beispielvideos wohin das Auge reicht.
Mir schwebt aber etwas ganz anderes vor: Ich bin blutige Anfängerin im Bereich DIY und so möchte ich mir die Tipps direkt von einem Profi höchstpersönlich holen. Da der Winter bedrohlich näher rückt und ich dennoch meine Leidenschaft für das tägliche Radfahren nicht wegen kalter Luft unterbrechen möchte, habe ich schon eine Idee, was ich mir selbst kreieren möchte: neue Stulpen sollen es sein – so bunt wie möglich, um den grauen Tagen entgegenzuwirken.
Der große Tag ist gekommen
Gesagt getan: Am 11. Oktober war es nun so weit; ich durfte bei einem Nähkurs im Fachgeschäft „Fingerhut“ in Wolfenbüttel dabei sein und den Teilnehmern über die Schultern schauen. Über eine Bekannte hatte ich bereits im Vorfeld erfahren, dass diese Kurseinheit bereits die letzte der insgesamt sechs sein würde, die jeweils zwei Stunden dauern. „Es wird also im Endspurt sicherlich viel zu sehen geben“, dachte ich mir.
Um kurz vor 16.30 Uhr komme ich im Geschäft an. Offensichtlich hat gerade ein Kinderkurs geendet, denn einige Teilnehmer kommen mir noch entgegen. Inhaberin Barbi Kleinermann ist gerade eifrig dabei die Nähstube wieder her zu richten. Besonders klasse finde ich die Idee, die zusammengefegten Nadeln mit Hilfe eines Magneten von den ganzen Stoffflusen zu trennen – einfach aber genial. Nun betritt auch die Kursleiterin Petra Trautmann (selbstverständlich im selbstgenähten Outfit) die Nähstube und ich habe schon gleich die Möglichkeit einige meiner Fragen los zu werden. Für die Kinder- und Erwachsenenkurse können sich maximal sechs Teilnehmer anmelden. Ausnahmen bilden die Schnupperkurse, die nur 2-tägig stattfinden. Das Outfit hat sich Frau Trautmann übrigens einige Tage zuvor mal eben in der Mittagszeit genäht – wie praktisch :-). Aus den übrigen Stoffresten hat sie sich gleich noch einen passenden Loop (Schal) dazu gezaubert. „Bis auf Jeanshosen fertige ich mir alles selbst an“, sagt sie. Ihr ganz eigener unverwechselbarer Look ist ihr damit wohl sicher :-).
Der Nähkurs beginnt
Mittlerweile sind im Verkaufsraum bereits die Kursteilnehmerinnen zu hören. Die Nähstube betritt aber noch niemand. „Das ist normal“, sagt mir Frau Trautmann, „die schauen sich erstmal im Geschäft um, ob es irgendetwas Neues gibt und kommen dann in den Nähraum“. Typisch Frau eben :-). Und Neues gibt es hier immer zu entdecken: Stoffe, Knöpfe, Nähutensilien, Schnittmuster – so weit das Auge reicht. Nach und nach trudeln dann aber alle Teilnehmerinnen ein Gespannt schaue ich mich nun nach den jeweiligen Nähprojekten um.
Als Erstes wird ein anthrazitfarbener Langmantel vorgeführt, den die Teilnehmerin bereits zu Hause fertig genäht hat, um nun noch mit einem neuen Projekt anzufangen. Darauf angesprochen, wie lange sie bereits näht, so dass in so kurzer Zeit ein solcher Mantel entstehen kann, antwortet sie mir: „Dies ist erst mein zweiter Kurs, ich war vorher absolute Anfängerin.“ „Na dann besteht ja auch bei mir noch Hoffnung“, denke ich mir. Ihr neues Projekt ist nun ein Langarmshirt mit Fledermausärmeln. Um auch zu Hause fleißig weiter zu werkeln, hat sie sich in der Woche zuvor gleich zwei verschiedene Nähmaschinen gekauft – Abwechslung muss ja auch sein :-). Ausführliche Beratung und eine große Auswahl an Maschinen gibt es hier eindeutig zu genüge.
Ein Rock entsteht
Einen Tisch weiter wird schon der nächste Stoff ausgebreitet. Ich erfahre, dass hier ein knielanger Rock mit Blumenmuster entstehen soll. Die sympathische Dame besucht bereits seit fünf Jahren die Nähkurse und hat nach wie vor viel Spaß dabei. „Die Gruppe ist auch wirklich toll, wir verstehen uns super und haben uns auch alle schon für den nächsten Kurs angemeldet“, verrät sie mir. Bei den Schnitten, Mustern und Farben beraten sich die Teilnehmer gegenseitig. Verwendet werden übrigens nur Stoffe und Fertigschnittmuster von Fingerhut. Bei einer Größenordnung von über 2.000 verschiedenen Stoffen und ca. 1.150 unterschiedlichen Schnittmustern hat man hier die Qual der Wahl. Für Anfänger sind Stoffe ohne Muster besonders geeignet, da man nicht auf die zueinander passende Schnittstelle achten muss.
Der Tipp mit der Garnrolle
Bei den Schnittmustern helfen einem Garnrollen-Symbole den richtigen Schwierigkeitsgrad auszuwählen (quasi wie der Kochlöffel beim Kochen :-)). Schnitte mit einer Garnrolle sind für Anfänger geeignet, zwei Garnrollen eignen sich für etwas geübtere Näher und drei Garnrollen sind ideal für Fortgeschrittene. Hierzu gehören beispielsweise Kleidungsstücke mit Kragen. Eine der Damen erzählt mir, dass sie gleich Feuer und Flamme für eine Weste war und dabei ganz vergessen hat auf den Schwierigkeitsgrad zu achten. Dadurch ist dieses Projekt mit Grad drei nun eine echte Herausforderung :-). Aber die Kursleiterin hilft selbstverständlich gerne, wenn es bei einem der Teilnehmer mal hakt oder gibt hilfreiche Tipps. Zudem unterstützen sich die Teilnehmerinnen auch gegenseitig.
Einer kann besonders gut Auftrennen, der nächste schnell einfädeln und wieder einer hat ein gutes Auge dafür, welche Farben wem stehen. Aus diesem Grund sind die Kurse auch mit Absicht bunt gemischt. Es gibt Teilnehmer, die schon seit 30 Jahren nähen und andere starten erst mit ihrer Nähkarriere. „Man infiziert sich wirklich schnell mit dem Nähvirus und kann gar nicht mehr aufhören“, wird mir prophezeit. „Außerdem wirkt sich das Nähen entspannend auf den gesamten Körper aus und man tut sich einfach etwas Gutes.“, verspricht mir eine andere Teilnehmerin. Das hört sich ja alles sehr vielversprechend an :-). Und praktischerweise sitzt die Kleidung auch perfekt, da alles maßgeschneidert ist und eben ein echtes Unikat. Umfang und Länge können genau vermessen und anschließend umgesetzt werden. Zur Orientierung stehen auf der Rückseite der Schnittmuster auch immer Größentabellen, damit nichts schief gehen kann. Hat man mal kein passendes Oberteil zu einem Rock, so kann man sich einfach die geeignete Farbe aussuchen und los geht es.
Ganz wichtig: Vernünftiges Nähzubehör
Ganz besonders wichtig ist beim Nähen das richtige Handwerkszeug in guter Qualität, denn schlechte oder ungeeignete Nadeln oder Scheren können einen Stoff ruinieren. Das Zubehör (Schere, Zentimetermaß, Stecknadeln, Garen und Kreide) bringt jeder Teilnehmer selbst mit. Falls doch mal etwas fehlt, sitzt man bei Fingerhut ja an der Quelle und kann seinen Vorrat direkt aufrüsten. Die Nähmaschinen stehen natürlich zur Verfügung, die Schlepperei wäre ja auch sehr umständlich :-).
Nun seid ihr an der Reihe
Wer nun Lust bekommen hat, sich auch mal kreativ auszuleben und sich sein ganz persönliches Kleidungsstück selbst herzustellen, der hat die Möglichkeit einen Schnupperkurs zu besuchen. Auf diese Art kann wunderbar ausprobiert werden, ob man auch zu den Nähbegeisterten gehört oder ob man sich doch mehr an den bereits fertigen Produkten erfreut :-). Alle zwei Wochen findet ein solcher Kurs jeweils Freitag und Samstag statt. In der jeweils anderen Woche (nur Freitag) gibt es eine weitere Besonderheit: das Nähcafé. Hier werden unfertige Projekte, bei denen die Kunden alleine nicht weiter kommen, bearbeitet. Die Idee finde ich super.
Über den folgenden Link könnt ihr Euch einen Überblick über das Kursangebot bei Fingerhut verschaffen: https://stoffe-fingerhut.de/termine/.
Nachdem ich eine passende Vorlage für meine Stulpen gefunden habe, steht meinem Nähwochenende nun auch nichts mehr im Wege.
Viel Spaß beim kreativ sein!