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Mit dem Fahrrad entlang der Innerste von Hildesheim zum Schloss Derneburg

Es ist halb zehn Uhr morgens, als Anja und ich im Stadtzentrum von Hildesheim zu unserer Radtour mit dem Fahrrad entlang der Innerste zum Schloss Derneburg aufbrechen. Eine Picknicktasche mit Leckereien ist schon fest verzurrt im Körbchen und wir sind nicht nur hungrig auf die Croissants, die später auf uns warten, sondern auch ziemlich neugierig auf die gut 19 Kilometer lange Strecke durch das Hildesheimer Umland.

Wir haben gut 3 1/2 Stunden Zeit und uns deshalb auch ein paar Abstecher rechts und links vom Innerste-Radweg eingeplant.

Mit dem Fahrrad durch das Hildesheimer Fachwerkviertel, © Janett Schindler, www.Teilzeitreisender.de

Während wir im Stadtzentrum die Fahrräder noch schieben müssen, geht es auf den Hildesheimer Radwegen auf der Straße Brühl an wunderschönen Fachwerkhäusern und an der Basilika St. Godehard vorbei. Im Mühlengraben begrüßt uns eine Schwanenfamilie, die sich für uns aber so überhaupt nicht zu interessieren scheint. Die Stadt wirkt verschlafen, als wir zwischen Innerste und Hohnsensee stadtauswärts Richtung Schloss Derneburg fahren.

Vorbei am Kulturcampus Domäne Marienburg

Nur wenige Minuten später genieße ich das Licht und Schattenspiel der Bäume und Sträucher, die rechts von der Innerste am Wegesrand stehen. Ein E-Bike braucht es auf dieser Strecke eigentlich nicht, nur an wenigen Stellen geht es wirklich einmal bergauf. Entspannt radeln wir auf einem gut ausgebauten Radweg zu unserem ersten Abstecher – den Kulturcampus Domäne Marienburg.

Allein die Tour auf der Domänenstrasse ist schon ein Highlight – die Allee präsentiert sich mit gut 50 – 60 Jahre alten Bäumen. Der Kulturcampus wird seit 1993 von der Universität Hildesheim genutzt, ich habe mir sagen lassen, dass auf dem Gelände sogar Führungen möglich sind.

An diesem Morgen sind wir jedoch die einzigen, die sich die spannende Kombination von Burg, Fachwerk und Moderne anschauen. Auch die Eisdiele unweit der Marienburg ist so früh am Morgen noch nicht geöffnet. Wir beschließen noch ein paar Meter weiterzufahren Richtung Schloss Derneburg und finden an einer Wegkreuzung eine Bank.

Es ist Zeit für ein Picknick.

Frisch gestärkt vergehen die nächsten Kilometer wie im Flug. Immer mal wieder muss ich stehenbleiben um die Landschaft zu „dokumentieren“. Ich kann mittlerweile gut verstehen, warum der Innerste Radweg zu einem der schönsten Touren in Deutschland zählt. Der Fluss bietet das Wasser für die Grüne Ader, die sich entlang des Radweges schlängelt. Im Tal ist gerade Erntezeit und rechts von uns fährt just in diesem Moment ein Zug vorbei.

Die Lavesbrücke

Wir kommen wenige Kilometer später zur Lavesbrücke bei Walshausen. Die Brücke in Fischbauchkonstruktion soll an den Klassizisten Georg Ludwig Friedrich Laves erinnern – der Name wird uns in Derneburg am Ende der Tour wieder begegnen.

Ich will mir die Brücke genauer anschauen und traue mich dann nicht mit dem Rad drüber zu fahren. Wer liebt, der schiebt, und so entschließen wir uns ein paar Meter Fußweg einzulegen. Auch in der Nähe der Brücke ist übrigens ein netter Rastplatz!

Auch rund um die „Innerste-Route“ gibt es viel zu entdecken. Empfehlenswert ist zum Beispiel ein Abstecher zur Heidner Mühle. Direkt an der Innerste gelegen bietet die Mühle ein ideales Beispiel dafür, wie gut sich Industriekultur in die Landschaft einfügen kann. Bis 1957 wurde hier gemahlen – heute sind hier Wohnungen zu finden. Am Fluss findet ihr neben dem Stauwehr auch noch alte Mühlsteine.

Wir müssen weiter. Unser Ziel: Mit dem Fahrrad über den Innerste-Radweg zum Schloss Derneburg

Schloss Derneburg © Janett Schindler, Teilzeitreisender.de

Ein Abstecher auf den Laves-Kulturpfad

Nach gut 18 Kilometer verlassen wir den Flusslauf der Innerste und wagen uns auf einen kleinen Anstieg zum Schloss Derneburg. Endlich kommt auch die Elektrokraft des Rades zum Einsatz. Links von uns geht es in den Wald. Dort beginnt der Laves-Kulturpfad.

Wir lassen die Räder auf dem Parkplatz am Schloss stehen und wagen eine kleine Runde auf den Spuren von Georg Friedrich Laves, der hier im 19ten Jahrhundert im Auftrag von Graf Ernst zu Münster einige besondere Kunstwerke in den Schlossgarten bauen lies.

Die Strecke durch den Wald ist 2,5 Kilometer lang, kann jedoch verlängert werden. Es geht etwas bergauf – der Blick zurück zum Schloss kann sich jedoch sehen lassen. Mitten im Wald finden wir dann ein pyramidenförmiges Mausoleum in dem sich die letzte Ruhestätte vom Grafen zu Münster und seiner Familie befindet.

Die 11 Meter hohe schwarze Pyramide ist von einem kleinen Friedhof umgeben – ein kleines Schild gibt spannende Informationen zum 1839 erbauten Kunstwerk. Nur wenige 100 Meter später entdecken wir einen griechischen Tempel – der unter Einheimischen auch gerne „Teetempel“ genannt wird, weil hier der Graf mit tollem Blick dem Teetrinken fröhnte.

Laves-Kulturpfad © Janett Schindler, Teilzeitreisender.de

Ebenfalls von Laves entworfen wurde auch das modern anmutende Glashaus mit Café. Übrigens findet sich hier ganz in der Nähe eine Lavesbrücke, die über einen Seitenarm der Nette führt.

Ein Besuch in der Hall Art Foundation | Schloss Derneburg Museum

Georg Baselitzs Sing Sang Zero (2012) Hall Art Foundation Schloss Derneburg Museum Derneburg, Germany © Hall Art Foundation, Photo Gertraud Lauber

Das ehemalige Kloster, welches Graf Ernst zu Münster durch Laves zu seiner Residenz im 19ten Jahrhundert zu einem Schloss umbauen ließ, spielt ebenfalls eine Rolle auf dem Kunstweg. Heute ist es die Heimat vom Hall Art Foundation | Schloss Derneburg Museum – einer Heimat für moderne Kunst. Wir waren neugierig und haben uns auch hier ein wenig genauer umgeschaut.

Im Schlossgarten von Schloss Derneburg

Das Gelände kann seit kurzem auch ohne Führungen entdeckt werden. Mit einem Plan in der Hand starteten wir unseren Rundgang durch die abstrakte Kunstwelt.

Schon im Außenbereich entdecken wir beeindruckende Kunstwerke: Das Spiegelkunstwerk ALL AROUND YOU I oder Georg Baselitz’s Sing Sang Zero und Jonathan Meese’s DER KÄMPFER de LARGE sind nur einige wenige der besonderen Kunstwerke im Außenbereich.

Gilbert & George: Christian England © Janett Schindler, Teilzeitreisender.de

Im Schloss selbst werden wir schon im Eingangsbereich von Kunst begrüßt. Wir entschließen uns für einen Abstecher in die Dauerausstellung Passion – die es in sich hat. Der gesamte Kreuzgang behandelt in der Ausstellung „Passion“ auf etwa 100 Kunstwerken die Darstellung christlicher Deutungen in der zeitgenössischen Kunst und behandelt damit auch die Kirchengeschichte von Schloss Derneburg.

Bildtext: Robert Longo: When Heaven and Hell Change Places (7 day version) When Heaven and Hell Change Places (7 day version) © Janett Schindler, Teilzeitreisender.de

Mich hat die Ausstellung von Torkwase Dyson im Rittersaal beeindruckt. Die düster wirkende Kunstinstallation in diesem wirklich hohen und lichtdurchflutenden Raum hat mich eingefangen. Die Werke der US-amerikanischen Künstlerin bieten einen Überblick über Dysons Vorstellung von Abstraktion.

In insgesamt 14 Ausstellungen auf dem gesamten Schlossgelände präsentieren zeitgenössische Künstler ihre Werke. Mein Tipp: Nehmt euch gut 2 – 3 Stunden Zeit. Und probiert die leckere Quiche oder die Cookies im Pop Up Café Galactico

Antony Gormley: Works from the Collection © Janett Schindler, Teilzeitreisender.de

Übrigens: An allen Ausstellungsstücken gibt es QR – Codes: mit einem Klick öffnen sich alle wichtigen Informationen zum Kunstwerk.

Soviel beeindruckende Kunst macht uns müde. Gut das nur knapp 1500 Meter vom Schloss entfernt der Bahnhof Holle ist.  Dort fährt für müde Radfahrer stündlich eine Bahn zurück in die Welterbestadt Hildesheim.

Vogelbeobachtungsstation an der Schlossstraße © Janett Schindler, Teilzeitreisender.de

Und noch einen Tipp habe ich: Wenn ihr im Herbst mit dem Fahrrad über den Innerste-Radweg zum Schloss Derneburg unterwegs seid und zufällig einen Feldstecher dabeihabt, solltet ihr noch einen Halt an der Vogelbeobachtungsstation an der Schlossstraße einplanen.

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