Papenburg? Kenn ich doch! Da war ich schon zwei Mal beruflich. So dachte ich letzten Herbst, als die Idee auf den Tisch gekommen ist, dass wir eine privat organisierte Gruppenfahrt für ein Wochenende ins Emsland machen wollen. Und weil ich nun mal beruflich mit Tourismus zu tun habe, darf ich die Fahrt organisieren. Da es sich quasi um eine Vereinsfahrt handelt, bei der die Teilnehmer_innen zwischen Mitte 30 bis Ende 70 Jahre alt sind, sollte für alle etwas dabei sein. Echte Kenner und Freund von Papenburg werden bei meinen Tipps sicherlich milde schmunzeln. Mein perfektes Papenburg-Wochenende
Aber sind wir doch mal ehrlich: viele Leute aus meiner Gruppe waren noch nie hier und wollen eben wie bei einer guten Safari in Afrika irgendwie wie doch einen möglichen großen Teil der „Big Five“ sehen. Das Ganze wird dann noch mit leckeren Essen und Unterhaltung gewürzt und einem tollen Hotel gekrönt. Und um es gleich vorweg zu nehmen, die Resonanz hat gezeigt, dass die Mischung gut gewesen ist, aber immer der Reihe nach.
Start in Wolfenbüttel
Nachmittags sind wir in Wolfenbüttel gestartet und ohne Stau am Abend in unserem tollen Hotel eingetroffen. Es ist das Park Inn-Hotel in Papenburg, dessen Adresse „Hauptkanal rechts“ viele schon neugierig gemacht hat. Einige wähnten sich ob der bereits vollzogenen Dunkelheit und der Nähe zum Nachbarland gefühlt schon fast in Holland.
Das Haus überzeugte uns mit freundlichem Service, toller Lage, gutem Frühstück und einer Bar, die wir zu unserem abendlichen Treffpunkt gemacht haben.
Tag 1: Große Boote und Bomben-Bernd
Am Samstag führte uns die erste Besichtigung direkt in die weltberühmte Meyer-Werft. 1795 gegründet und immer noch im Eigentum der Familie. Das wussten viele nicht. Die Führung durch das neue Besucherzentrum ist sehr abwechslungsreich und unsere Guides Karin und Achim sind Weltspitze! Humorvoll, kompetent und sehr erfahren wird uns die Zeit nicht zu lang und alle Fragen besten beantwortet. Wir hätten uns so gern revanchiert aber der Preis für ein Kreuzfahrtschiff sprengte dann doch unsere finanziellen Möglichkeiten und die Oker in Wolfenbüttel bietet auch keine geeigneten Liegeplätze.
Die beiden Filme in den Kinos machen Spaß und sind kurzweilig und informativ. Die Firmengeschichte ist sehr beeindruckend und man kann den Stolz der Emsländer auf ihre Werft nur allzu gut nachvollziehen.
Allein die Modelle im Maßstab 1:100 der gebauten Kreuzfahrtriesen sind faszinierende Beispiel der Ingenieurskunst einerseits und der Anstrengungen der Reedereien anderseits, ständig mit neuen Superlativen aufwarten zu müssen.
Besonderer Höhepunkt
Als besonderer Höhepunkt erwartet uns ein Besuch der gigantischen Produktionshallen, der uns ein klein wenig demütig ob der unglaublichen Dimensionen werden ließ. Nach rund 2,5 Stunden müssen wir uns losreißen und stärkten uns erstmal in Papenburg mit einer guten Suppe, bevor wir uns zu unserem nächsten Höhepunkt aufbrechen müssen.
Nach gut 30 Minuten Fahrzeit erreichen wir Bourtange, kurz hinter der niederländischen Grenze in der Provinz Groningen. Der Ort, oder sagen wir besser das Dorf, ist die originalgetreue Restaurierung bzw. Rekonstruktion der Festung zur Zeit des Jahres 1742. Begonnen wurde die weitreichende Arbeiten bereits im Jahr 1972 mit dem Ziel, u. a. dem Tourismus zu stärken. 250.000 Gäste im Jahr sprechen dafür eine eindeutige Sprache und wir sind froh, bei diesem zumindest in unseren Breitengraden nicht bekannten Ziel gelandet zu sein.
Herzlichkeit & Gerrie
Der Ort empfängt uns mit viel Herzlichkeit und Gerrie, unserer unglaublich wortgewandten Führerin, die uns zuerst einen Film über die Geschichte von Bourtange zeigt. Wir erfahren eine Menge über die jahrhundertalte Geschichte von Ort und Moor, über Festungsbaukunst und über Bomben-Bernd. Der ist eigentlich der Bischoff von Münster und hat zweimal versucht, die Festung einzunehmen. Hat aber beides mal nicht geklappt.
Unsere Herzen hat Bourtange dafür erobert. mit Charme, Apfelkuchen und vor allem Gerrie, die ihr einfach erleben müsst.
Tag 2 – Auf, auf zur Jagd!
Nach einem lustigen Abendessen am heißen Stein und viel Emsländer Döntjes starten wir zu unserem letzten Ausflug, bevor es wieder nach Hause geht. Heute steht das Jagdschloss Clemenswerth bei Sögel auf unserem Programm. Eine wundervolle Anlage, erbaut vom Kurfürsten und Erzbischof von Köln, Clemens August , der eigentlich sein Schloss in Brühl hatte. So verwundert es nicht, dass er nur einmal im Jahr zur Jagd hierhergekommen ist.
Sitten des Barock
Begrüßt werden wir von Anna und ihrer Kollegin, die uns über die sternförmige Anlage führen. Dabei erfahren wir unglaublich intime Details. So durften z. B. nur Personen des höheren Adels dem Hausherrn nach verrichtetem Geschäft den Allerwertesten reinigen und mussten dafür sogar ein Diplom erwerben. Unglaublich! So macht Geschichte sogar dem Jüngsten in unserer Runde mit seinen 12 Jahren Spaß. Natürlich gibt es auch noch viel mehr wissenswertes und seriöses zur Kultur und den Sitten des Barock zu erfahren.
So reiste Clemens August stets mit einer Entourage aus handverlesenen 250 Personen an. Diese mussten jedoch auch die Möbel für die elf Gästehäuser mitbringen, denn diese standen ansonsten das ganze Jahr leer. Nach getaner Jagd lud der Gastgeber allabendlich 20 Gäste zu sich in den Festsaal ein und es wurden weit über 20 Gänge aufgetragen. Das bunte Treiben auf dem Gelände anlässlich einer Schleppjagd vermittelte uns tatsächlich für einen Augenblick das Gefühl, durch einen Spiegel in eine andere Zeit zu sehen.
Auf wenn die Gesellschaft nur einmal pro Jahr auf Schloss Clemenswerth zusammengekommen ist, achtet der Hausherr (trotz der Barockzeit) bereits auf Hygiene und errichte angemessene Orte dafür.
Viel zu schnell vorbei…
Wir wären gern noch länger geblieben. In Papenburg, in Bourtange, auf Schloss Clemenswerth und im schönen Emsland, wo uns die gepflegten Ortschaften mit ihren akkuraten Häusern und Vorgärten noch eine ganze Weile auf der Heimfahrt begleiten und uns das Versprechen abnehmen, bald mal wieder zu kommen.
Ich danke meinen Kollegen der Papenburg Tourismus für die Hilfe bei der Organisation vor Ort und den einen und anderen Tipp! Bis auf zwei Fotos von Gebäuden in Bourtange (© Clemens Meyer-Hoitz) sind alle Fotos von mir.