Elvis Presley, Auswanderer und Kreuzfahrer an einem Ort? Was unmöglich scheint, ist an der Columbuskaje in Bremerhaven gefühlte Realität. Zudem lagen und liegen an der Stromkaje Deutschlands schönste Passagierschiffe. Auf den geschichts- und geschichtenträchtigen 1000 Metern entlang der Weser habe ich mich mal für euch umgesehen.
Mythos Columbuskaje
Bremerhavener flüstern zärtlich, wenn sie über diesen Teil der Überseehäfen sprechen, der 1928 fertiggestellt wurde und seitdem Tausenden von Schiffen und Millionen von Menschen in Empfang nahm oder verabschiedete. Namensgeber war „Columbus“, in diesem Fall ein echter Luxusliner. Das Schiff des Norddeutschen Lloyd war der erste Dampfer an der Kaje, die „Norwegian Escape“ hat gerade gestern an der Kaimauer festgemacht. Mit ihren 335 Metern deckt das Kreuzfahrtschiff der allerneuesten Generation nahezu ein Drittel der Kaje ab – ein imposantes Bild. Noch beeindruckender waren die 348 Meter der „Anthems of the Seas“, deren Innenräume in diesem Frühjahr ebenfalls hier ausgerüstet wurden.
Auch für die „Norwegian Escape“ wird es diese Angebote vom 4. bis zum 18. Oktober 2015 geben und ich bin gespannt, welch Interesse dieser hip bemalte Neubau hervorruft.
„Größtes Schiff“
– diesen Titel hatte eine Zeit lang auch der Luxusliner „Columbus“, der im Liniendienst von Bremerhaven nach New York fuhr. Diese Strecke bediente der Norddeutsche Lloyd seit Mitte des 19. Jahrhunderts laufend und entwickelte damit Bremerhaven zu einem der bedeutendsten Passagierschiffshäfen für den Nordatlantikverkehr. Die Stadt wurde fast zum Vorort von New York, was sich bis heute wunderbar an der „Letzten Kneipe vor New York“ festmachen lässt, deren Besuch ich auch aus gastronomischen Gründen nur empfehlen kann.
„Muss i denn zum Städele hinaus“
Zum Abschied der Passagierschiffe haben Kapellen so oft „Muss i denn zum Städele hinaus“ auf der Columbuskaje gespielt, dass eigentlich irgendwo noch Töne in der Luft hängen müssten. Doch bei meiner Recherche auf der Kaimauer singt nur der Wind leise das Lied der Wellen. Die Breite der Kaje aber lässt ahnen, welch Gedränge und Gewühle geherrscht haben muss, als die großen Dampfer fest vertäut hier lagen und auf ihre Passagiere vorbereitet wurden. Von denen waren viele zum Auswandern entschlossen und so musste die Kaje entsprechend viel Abschiedsschmerz ertragen. „Kaje der Tränen“ heißt die Columbuskaje nach 1945 bei den Bremerhavenern.
Tränen sind wohl auch geflossen, als Elvis Presley an der Columbuskaje ankam, aber eher Freudentränen. Denn als der „King des Rock’n-Roll“ am 1. Oktober 1958 erstmals deutschen Boden betrat, jubelten ihm Tausende Fans zu, wie dieser kleine Film zeigt.
Bronzeschild bei 700 Meter
Sein Schiff, die USS General G.M. Randall aus New York gehörte zu der Flotte, die die amerikanischen Truppen im Nachkriegsdeutschland mit Waren und Soldaten versorgte. Doch Elvis war nur kurz in Bremerhaven, denn vom Schiff zum Zug, der ihn nach Hessen in die Kaserne brachte, waren es nur wenige Schritte. Als moderne Passagierkaje 1928 in Betrieb genommen, verfügte die Columbuskaje sowohl über eine stilvolle Wartehalle als auch über einen direkten Gleisanschluss. 57 Jahre ist der Besuch des Weltstars jetzt schon her, doch noch heute erinnert ein Bronzeschild bei Meter „700“ an den historischen Schritt von Bord an Land.
Auch der Weg ins Schiff ähnelt dem Gang ins Flugzeug, mit einem Unterschied: verglaste Passagierbrücken erlauben sogar Blick aufs weite Meer.
Informative Dokumentation
Weil heute außer den Hafenarbeiten niemand die Kaje betreten darf, lohnt der Blick in das bilderreiche Buch von Harald Focke und Dirk J. Peters „Die Columbuskaje Bremerhaven“. Die informative Dokumentation erschien in diesem Jahr im Sutton Verlag. Ein Exemplar stellte mir der Verlag für diesen Beitrag zur Verfügung und erlaubte auch, Cover und zwei Bilder zu zeigen. Dafür herzlichen Dank!
Nur ausnahmsweise und unter Beobachtung durfte ich letzte Woche zudem an der Kaje entlang schlendern und Fotos machen. Dafür dem CCCB vielen Dank!