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Orchideen „Made in Hildesheim“

Ich bekenne mich schuldig – ich bin orchideensüchtig. Aber zu meiner Verteidigung weiß ich, dass es gefühlt 99 % aller Frauen genauso geht wie mir: Mit jedem Erwerb einer neuen Orchidee in einer Farbe die man nun wirklich noch nicht hat, fühlt man sich besser. Das Gefühl hält so lange an, bis die Pflanze die Blüten abwirft und so schließt sich der Kreis und es muss eine Neue her. Thilo Hennis aus Hildesheim betreibt eine der ältesten Orchideengärtnereien der Welt. Gerade in Zeiten, wo die Baumarktorchideen versuchen die Weltherrschaft an sich zu ziehen, finde ich das sehr beeindruckend und so verabrede ich mich mit ihm in seiner Gärtnerei.

Palümm Palümm – Willkommen in der Orchideengärtnerei

Fast ein wenig unscheinbar befindet sie sich an der Innerste direkt an den historischen Stadtwällen in Hildesheim. Das Keramikschild mit Aufschrift und einer blauen Orchidee am Eingang ist eindeutig. Hier bin ich richtig, da muss ich rein.

Ich drücke die Türklinke der Eingangstür, „Palümm Palümm“ kündigt mich die Klingel an. Da stehe ich, mitten in einer Art Werkstatt. Rechts befindet sich leicht verwinkelt die Ausstellungsfläche: rosa, weiße, pinke, blaue, gepunktet, gekrümmte Orchideen im Übertopf, von der Decke hängend und an Baumstämmen. Gerade aus und links von mir befinden sich die 4 Gewächshäuser und die „Versandwerkstatt“ – denn auf Wunsch werden die Pflanzen auch per Post verschickt. Im Schlepptau mit seinem weißen, braven Wollknollhund begrüßt mich Thilo Hennis und wir gehen in sein Büro.

Wie die Orchideen nach Hildesheim kamen

1891 wurde die Orchideengärtnerei in Hildesheim von seinem Urgroßvater Wilhelm Hennis gegründet. Dieser entdeckte früh seine Leidenschaft für Orchideen und sammelte seit 1876 Orchideen in Kolumbien, Ostasien, Indien, Venezuela und in Ecuador. Über einige Umwege und mit dem Entschluss, in Hildesheim sesshaft zu werden, kehrte er 1889 von seinen Weltreisen zurück und gründete zwei Jahre später seine Orchideengärtnerei. Trotz einiger, herber Rückschläge, vor allem im Zweiten Weltkrieg befindet sich die Gärtnerei auch heute noch im Familienbesitz. Thilo Hennis betreibt sie mittlerweile in 4. Generation. Was wohl die Lieblingspflanze vom „Orchideenpapa“ ist?
– Eine 50 Jahre alte Nageliella purpurea, die ihm sehr am Herzen liegt. Sie weiß ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Und meine? Ich kann mich nicht entscheiden, die große Auswahl macht es mir nicht gerade leicht. Ich bin ein Fan von den klassischen, weißen Phalaenopsis, aber wenn es nach dem Namen geht, ist die Dracula vampira mein Favorit! Herr Hennis zählt in seiner Orchideengärtner ca. 800 verschiedene Orchideenarten und -sorten. In freier Natur gibt es ca. 25.000 bis 30.000 Orchideenarten.

Orchideenpost – Sag es durch die Blume

In der Orchideengärtnerei gibt’s nicht nur Pflanzen für die eigenen Fensterbänke, man kann sie auch verschicken lassen. Die Pflanzen werden dann sorgfältig eingepackt: eingewickelt in Zeitungsseiten der Hildesheimer Allgemeinen und rutschfest im Karton befestigt treten die Orchideen ihre Reise an. Und das beste Beispiel dafür, dass das ankommt: während meines Besuches bestellt eine Dame eine Orchidee, die zum Bodensee verschickt werden soll.

Die Kunden von Herrn Hennis schätzen neben der Orchideenvielfalt, auch den persönlichen Kontakt und die hervorragende individuelle Beratung. Herr Hennis nimmt sich die Zeit für seine Kunden. Er verrät mir, dass die Baumarktorchideen oft in kürzester Zeit heraufgezogen werden. „Die Gefahr, dass eine Pflanze das nicht verkraftet und zusammenbricht ist hoch“. Zeit die Herr Hennis seinen Sprösslingen gibt: je nach Pflanze zwischen 2 und 15 Jahren. Außerdem kennt er die Vorgeschichte jeder Pflanzen und verbindet sogar die eine oder andere Anekdote mit ihr. „Immer, wenn es Zeugnisse gibt“, erzählt er mir, „kommt ein kleiner Junge, der sich von seinem Zeugnisgeld eine neue Orchidee kauft“. Süüüüß 🙂

Männer sind die wahren Sammler

Ich dachte immer, Frauen sind den Orchideen verfallen, Herr Hennis belehrt mich aber eines Besseren: Frauen kaufen Dekoorchideen, Männer aber sind die wahren Orchideensammler – hobbymäßig oder professionell mit Züchtung und allem pi-pa-po. Neben seiner Zielgruppe erstaunt mich eine weitere Tatsache: einige seiner Orchideen haben es sogar schon auf internationale Fensterbänke geschafft: ob das Dänische Königshaus, die Insel Mainau, Dr. Müller-Wohlfahrt oder Viki Leandros. Die Orchideen „Made in Hildesheim“ sind heißbegehrt.

Einen Besuch wert

Über die Homepage der Orchideengärtnerei lassen sich die Pflanzen im Onlineshop bestellen. Über die Facebookseite kann ebenfalls Kontakt mit Herrn Hennis aufgenommen werden. Außerdem bietet er auf Anfrage auch Pflanzenberatungen, Seminare und Gruppenführungen an.

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