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Über schräge Vögel und Persönlichkeiten in den aboutcities Städten

Nanas am Leibnizufer von Niki de Saint Phalle

Charmant, chaotisch, witzig. Mitunter ein bisschen verrückt. Ganz sicher aber immer unkonventionell. Unbeständig, visionär, manchmal launisch, eben jemand mit einem ganz eigenen Charakter. Jemand, an dem es einfach kein vorbei kommen gibt. Und auch wenn man sie gern als Schräge Vögel bezeichnet, man mag sie trotzdem, oder eben gerade deswegen.

Und „sie werden immer seltener, die schrägen Vögel. Sie nisten im Schweigen der Schwätzer, unter den Dächern der Unbehausten, hinter den Regeln der Vernunft, über den Niederungen des Größenwahns, in Wissenslücken, Budgetlöchern und in der Höhle des Löwen. Zusehends fehlt es ihnen an Lebensraum“, schreibt Alfred Komarek. Doch es gibt sie noch, die Lebensräume. Zum Beispiel in den aboutcities Städten.

 


Hann. Münden

Auch wenn Georg Friedrich Grotefend außerhalb der Hann. Mündener Stadtgrenzen vielleicht nur in Fachkreisen bekannt ist, ist sein Vermächtnis durchaus spannend: Eine Wette im Sommer 1802 verleitete den damals 27-jährigen dazu, zu behaupten, er könne eine unbekannte Schrift aus sich selbst heraus entziffern. Somit beschäftigte sich Grotefend den Sommer über mit der altpersischen Keilschrift und schaffte es innerhalb von wenigen Wochen fast ein Drittel des gesamten Zeichensatzes zu entschlüsseln, ohne über parallele Texte in anderen Sprachen zu verfügen. Währenddessen war Grotefend Hilfslehrer an einem Göttinger Gymnasium, später wurde er Schulleiter in Hannover, wo er 1853 verstarb. In Hann. Münden erinnern eine Tafel an seinem Geburtshaus, eine nach ihm benannte Straße und das Grotefend-Gymnasium an das Sprachgenie. Schätzungsweise 500.000 mit Keilschrift beschriebene Tontafeln stehen weltweit in Museen, über deren Bedeutung wir ohne Grotefends mutige Wette auch heute vermutlich noch wenig wüssten.

 

Gedenktafel in Grotefends Geburtshaus (c) Wagner


In Wilhelmshaven auf den Spuren von „Pumuckl“ und „Käpt´n Blaubär“ !

„Aus Wilhelmshaven? Nee, da kommt niemand Berühmtes her.“ Von wegen! Zwei durchaus bekannte Persönlichkeiten können sich als geborene Wilhelmshavener bezeichnen. Zum einen Hans Clarin, der 40 Jahre lang „Pumuckl“ seine Stimme verlieh. Auch modernere Charaktere wurden von ihm für Hörspiele synchronisiert, darunter Hui-Buh, das Schlossgespenst sowie die Asterix Reihe. Zudem war er Darsteller in ca. 200 Fernseh- und Kinofilmen – Wow!
Zum anderen der 1950 geborenen Hayo Freitag, welcher Kurzfilme schreibt, produziert und inszeniert. Mit „Mein Bruder“ gewann er sogar den deutschen Kurzfilmpreis, erstellt außerdem Werbefilme für Kino und Fernsehen und gab 1999 mit der überaus erfolgreichen Kinoversion zu „Käpt´n Blaubär“ sein Langfilmdebut. 2003 führte er u.a. Regie in dem bekannten Zeichentrickfilm „Werner“. Wer hätte das gedacht?


Göttinger Professoren bitten zum Tanz

Einmal im Jahr fiebern die Studenten der Göttinger Georg-August-Universität einem ganz besonderen Ereignis entgegen: Professoren und Dozenten der Universität agieren als DJs und legen in zahlreichen Clubs der Stadt ihre Lieblingsplatten auf. Das Ticket für diese außergewöhnliche Nacht kostet studentenfreundliche 5,- € und mit ihm kann bis in den frühen Morgen durchgefeiert werden. Im Vorfeld der Party wird das Line-Up veröffentlicht, so dass jeder weiß wo sein Professor auflegt und was dessen favorisierter Musikstil ist. Passenderweise heißt das Event Profs@turntables. In Göttingen hat es im Laufe der Jahre absoluten Kult-Status erreicht.

Party-Stimmung garantiert – Profs@turntables hat Kult-Status in Göttingen (c) Mischke


Niki de Saint Phalle in Hannover

Dralle Weiber, Kieselsteine und Glasmosaike, ausladende Rundungen, leuchtende Farben, Figuren die zu Tanzen scheinen – seit 1974 gehören die drei Nanas Sophie, Charlotte und Caroline am Leibnizufer zu den begehrtesten Fotomotiven Hannovers. Dabei waren die voluminösen Skulpturen der Künstlerin Niki de Saint Phalle vielen Bürgern zunächst ein Dorn im Auge. Dem Protest folgte eine intensive Diskussion über Kunst im öffentlichen Raum – mit Happy End: Den Hannoveranern sind ihre „drallen Weiber“ längst ans Herz gewachsen. Ein weiteres faszinierendes Kunstwerk der französische Künstlerin ist die Grotte in den Herrenhäuser Gärten. Mit Figuren, Glasmosaiken und Kieselsteinen schuf Niki de Saint Phalle ein begehbares Kunstwerk, das Glück und Lebensfreude ausstrahlt. Und im Jahr 2000 wurde die Künstlerin zur Ehrenbürgerin Hannovers ernannt. Weitere Sehenswürdigkeiten in Hannover findet ihr hier.


EMMA – eine Gifhorner Geschichtenerzählerin

Sie war keine Filmheldin, keine Starautorin und keine Weltrekordlerin, aber jeder Gifhorner kennt sie: Emma Wrede. Fast 70 Jahre bewohnte sie das älteste Wohnhaus in Gifhorn, das Kavalierhaus von 1546. Als sie 1997 verstarb, überließen die Erben das unverändert belassene Inventar weitgehend komplett dem Landkreis Gifhorn zur Nutzung als Museum für bürgerliche Wohnkultur. Heute heißt das Museum EMMA und ist dafür da, Erinnerungen zu wecken und Geschichte anfassbar und lebendig zu machen. So wird Emma Wrede den Gifhornern und Gästen noch lange in Erinnerung bleiben, als Urheberin eines tollen Museums und durch die Geschichten, die ihr Kavalierhaus und das Inventur zu erzählen haben.


Hein Mück aus Bremerhaven

Moin, Ihr Landratten! Hier in Bremerhaven habe ich die See stets vor Augen, die frische Meeresluft in der Nase und die frische Brise auf der Haut und so zieht es mich immer wieder hinaus. Nie kann ich lange an einem Ort bleiben. Ich habe schon die ganze Welt bereist. Mit meiner schmucken Matrosenuniform, den blau-weißen Hosen und dem weißen Hemd ziehe ich die Blicke der seuten Deerns auf mich. Aber meine wahre Liebe gilt nur einer, und so kehre ich stets nach Bremerhaven, meine Heimat, zurück. Hier könnt ihr mich an vielen Ecken als Maskotchen der Stadt entdecken. Euer Hein Mück aus Bremerhaven

Hein Mück aus Bremerhaven – ein echtes Stadtoriginal, das seit einigen Jahren auch als physikalische Symbolfigur im Stadtbild zu finden ist. (c) Dörte Behrmann


Angela Gottschalk: Die Stader Königin der Kostüme

„Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger“ ist das Motto von Angela Gottschalk, Inhaberin des KostümWerk Stade, denn für sie ist nichts unmöglich. In einem Meer aus Stoffen, Nähutensilien, Requisiten und Accessoires schwimmt die gebürtige Leipzigerin und widmet sich mit Liebe und Geschick der Gestaltung von historischen Kostümen, Maßanfertigungen und ausgefallenen, skurrilen und beindruckenden Gewändern. In einem Fundus aus 650 Leih-Kostümen für Kinder und Erwachsene, findet wirklich jeder sein Traumkostüm und was nicht passt, wird passend gemacht, denn die Stader Königin der Kostüme hat immer Nadel und Faden parat. In den letzten Jahren hat Frau Gottschalk die Veranstaltungen in Stade mit einem aufregenden Aufgebot an ausgefallenen und liebevoll gestalteten Kostümen versorgt und so dem Stadtbild ihren persönlichen Stempel aufgedrückt.

Wahrlich königlich: Angela Gottschalk und ihr Mann in historischen Kleidern. © Angela Gottschalk


Verdens Stadtführer vereint mehrere Persönlichkeiten in einer!

Einer der bekanntesten Stadtführer Verdens ist Hanns-Conrad Armbrecht. Man würde ihn nicht unbedingt als „schrägen Vogel“ bezeichnen, sondern als außergewöhnlichen Virtuosen und großen Kenner und Liebhaber seiner Stadt. Man trifft ihn –gerne umringt von gespannt lauschenden Zuhörern- oft in Verdens Innenstadt an und dabei wechselt er ständig seine Persönlichkeiten. Mal sieht man ihn als Hauslehrer aus dem 19. Jahrhundert (jedoch immer mit einer gehörigen Prise Humor), mal als Nachtwächter und manchmal macht er als Stadtausrufer Harm auf historische und aktuelle Ereignisse aufmerksam.

In wandelnden Gestalten durch Verden © Annkathrin Sommer

Er hat unglaublich viele Geschichten und Anekdoten aus der Stadt zu berichten und es wird niemals langweilig, ihm zuzuhören.
Wer Hanns-Conrad Armbrecht persönlich in seinen Elementen kennenlernen möchte, wird hier fündig.


Wolfenbüttel hat einen „echten“ Piraten

Sein Name ist Stier, Michael Stier und von Beruf war er schon vieles. Kennengelernt habe ich ihn vor fast 20 Jahren als Kneipenwirt der legendäre Gaststätte „Alt Wolfenbüttel“ und als Zeitungsverleger. Außerdem ist er eine Institution auf dem Weihnachtsmarkt. Aber seit inzwischen mehr als 10 Jahren hat er wohl seine wahre Profession gefunden. Er ist Pirat. Genauer gesagt der Okerpirat. Als solcher fährt er mit Flößen auf der Oker und erzählt seinen Gästen gern die eine oder andere Geschichte und Anekdote. Gern auch mal kritisch, denn wer ein echter Pirat ist, den schreckt keine Obrigkeit, har har. Auch wenn er in diesem Jahr eine ganze Ecke kürzer treten muss, da eine Brücke neu gebaut wird und ihm der „Seeweg“ versperrt ist, heckt er an Land bereits wieder tollkühne Dinge für die nächste Saison aus. Zum Artikel „Pirat mit Herz“


Braunschweig hat den Schalk im Nacken

Carl Friedrich Gauß, Gotthold Ephraim Lessing oder Wilhelm Raabe – in Braunschweig haben schon viele große Persönlichkeiten gelebt und die Stadt durch ihr Wirken nachhaltig geprägt. Doch noch jemand aus Braunschweig hat Bekanntheit erlangt, fällt jedoch vollkommen aus der Reihe. Er ist ein Schelm, ein Narr, ein schräger Vogel und obendrein eine der berühmtesten Sagenfigur der Welt: Till Eulenspiegel.  Noch heute könnt ihr in Braunschweig auf den Spuren des größten Streichspielers aller Zeiten wandeln und ihn vom Eulenspiegelbrunnen herab lachen sehen. In dessen unmittelbarer Nähe befand sich auch die Bäckerei, in der der Schelm „Ulen un Apen“ (Eulen und Affen) gebacken haben soll, um den Bäckermeister Lipke auf die Schippe zu nehmen. Probieren könnt ihr ein Sandteiggebäck in Form von Eulen und Affen heute in der Braunschweiger Bäckerei Sander. Einmal im Jahr könnt ihr dem „echten“ Till sogar in der Löwenstadt begegnen: als Kultfigur beim großen Schoduvel, Braunschweigs Straßenkarneval. Aber Vorsicht! Vielleicht spielt er euch dann einen kleinen Streich …

Umringt von Eulen und Affen lacht der Till vom Eulenspiegelbrunnen. Foto: BSM


Oldenburg: Eine Begegnung mit dem Ausnahmekünstler und Egozentriker Horst Janssen

Horst Janssen war ein großartiger Zeichner, Grafiker, Radierer, Holzschneider, Lithograf, Buchillustrator und Schreiber. Geboren in Hamburg, ist er vaterlos aufgewachsen in Oldenburg bei den Großeltern. Horst Janssen starb 1995 in Hamburg und wurde auf eigenen Wunsch auf dem Oldenburger Gertruden-Kirchhof beigesetzt. Die Trauernden erinnern sich an einen gelben Schmetterling, der in der Kirche um Sarg, Trauernde und Redner herumflog, wie eine TV-Dokumentation 2014 zeigte.
Der »Millionenstrichler«, wie er sich selbst nannte, gilt bis heute weltweit als einer der bedeutendsten Grafiker der Nachkriegszeit. Morbide und düster, grotesk oder geprägt von erotischen Phantasien ist die Atmosphäre in seinen Werken, dabei abstrakt und aufs Wesentliche reduziert. Die Oldenburger setzten ihm ein Denkmal in Form eines Museums, das auch architektonisch ein Blickfang ist. Heute bilden fast 2000 Blätter Horst Janssens den Kern der Sammlung des im Jahr 2000 eröffneten Horst-Janssen-Museums. Das Museum bietet auf insgesamt 1000 Quadratmetern Fläche eine Begegnung mit Werk und Persönlichkeit des Künstlers. Als ganz besondere Spezialität gibt es nur hier auch die frühen, seltsamen Holzschnitte zu entdecken. In einem Wechselausstellungsbereich werden auch regelmäßig Künstler aus Kunstgeschichte und Gegenwart präsentiert, die wie Janssen Zeichnung und Druckgrafik ins Zentrum ihrer Arbeit stellen. In späteren Lebensabschnitten hat sich Janssen zunehmend an glückliche Jugendjahre in Oldenburg erinnert.

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