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Heidelila, wiesengrün und wasserblau: Gifhorner Spätsommer-Radtour

Tretboote auf der Ise vor der Russischen Basilika in Gifhorn

Tretboote auf der Ise vor der Russischen Basilika

Gifhorn, Wochenende, 20 Grad, Sonnenschein. Nichts spricht für Sofa und Buch, alles schreit nach frischer Luft und Bewegung. Also, Fahrrad geschnappt, Luft auf die Reifen, Flasche Wasser und Kamera gegriffen, rauf auf den Sattel. Gedankenlos und ziellos rolle ich los, aber schon auf den ersten Metern habe ich eine Idee, wohin ich fahren könnte.

Die Natur direkt vor der Stadt

Ich möchte zur Ise-Brücke, an die Aller, an den Mühlensee und den Schlosssee mit den Schlosswiesen und in die Gifhorner Heide. Im Kopf bastele ich eine Tour zusammen. Alle Ziele liegen am Stadtrand oder in Ortsteilen und sind nicht weit vom Zentrum entfernt. Dass Natur und Stadt hier so nahe beisammen liegen, das macht Gifhorn für mich so schön und attraktiv.

Fluss mit drei Buchstaben: Ise

Ich folge keinen Ausschilderungen, sondern fahre einfach los. Vorbei an Feldern, Äckern und Wiesen komme ich zum Heideflüsschen Ise. Die Ise ist rund 50 Kilometer lang und entspringt bei Lüben im Norden des Landkreises Gifhorn. Sie speist den Mühlensee und den Schlosssee in Gifhorn und mündet kurz darauf in die Aller. Einen Bootsverleih gibt es auch. Mehrere kleine Brücken, hauptsächlich für Fußgänger und Fahrradfahrer, überqueren die Ise. Ich mache an einer Brücke halt, genieße den Blick auf den Fluss und mache ein paar Fotos.

Naturparadies Aller

Von einem Fluss zum nächsten: Ich lasse die Ise hinter mir und fahre weiter zur Aller. Hinter dem Sportzentrum Flutmulde ist der Fluss besonders breit. Hier gibt es ein Bootshaus und einen Einstieg für Kanus und Kajaks.
Die Aller fließt von Osten nach Westen quer durch den Landkreis Gifhorn. Von der Quelle westlich der Magdeburger Börde bis zur Mündung in die Weser bei Verden ist der Fluss 260 Kilometer lang. Die Aller fließt mitten durch Gifhorn und ist ein Paradies für Wasserwanderer, Spaziergänger und Fahrradfahrer.

Kanutour auf der Aller © Jörn

Kein lila Blütenmeer 2022 – Die Gifhorner Heide

Meine Tour geht weiter bis in den äußersten Südwesten der Stadt, in den Ortsteil Winkel. Hier befindet sich die Gifhorner Heide, von Einheimischen aufgrund der vielen Anhöhen auch „Gifhorner Schweiz“ genannt. Da die Anhöhen eher sanfte Hügel als Berge sind, ist der Begriff etwas irreführend, hier müssen keine Gipfel erklommen werden, man kann gemütlich spazieren gehen.
2022 ist die Heideblüte nicht so schön ausgefallen wie in den Jahren zuvor, ein lila Blütenmeer gab es deshalb nicht. Nur vereinzelt stehen blühende Heidepflanzen da, einiges ist vertrocknet. Es gab in den letzten Wochen und Monaten viel zu wenig Niederschlag. Die Heide ist zwar ziemlich anspruchslos, aber ein bisschen Wasser benötigen die Pflanzen eben doch.

Trotzdem ist die Gifhorner Heide einen Besuch wert. Ich stelle das Fahrrad am Eingang zur Heide ab und wandere durch die Landschaft. Es ist unglaublich still hier, kein Verkehr, kein Stadtlärm. Man muss sich erst einmal daran gewöhnen, denn eigentlich ist es immer und überall unruhig, das Gedröhne von Autos, Stimmengewirr, Kaufhausmusik, laute Fernsehgeräusche. Aber hier: Nur die Stille, die Landschaft, die Gedanken.

Das Heidegebiet wurde durch die Eiszeit geformt. Die flachen Hügel entstanden aus flussbegleitenden Dünen des Aller-Urstromtals aus der Nacheiszeit, die Ebenen aus ehemaligen Niederterrassen aus der Zwischeneiszeit. Früher waren auch die Dünen von Heide bedeckt, aber mit dem Rückgang der Heidschnuckenhaltung gibt es hier vorwiegend Kiefernwälder. Das Naturschutzgebiet Gifhorner Heide wird aber durch regelmäßige Pflegemaßnahmen erhalten.
Einen Naturlehrpfad gibt es hier übrigens auch. Hier erfährt man viel über die Vegetation, die Funktionen des Waldes und über die Besonderheiten dieser einmaligen Landschaft.

Schloss, Schlosswiesen, Schlosssee

Von Winkel fahre ich wieder zurück Richtung Norden. Nur wenige Schritte von der Altstadt entfernt befindet sich das Welfenschloss. Hier hat im 16. Jahrhundert Herzog Franz von Braunschweig und Lüneburg residiert. Heute befinden sich hier zum Beispiel das Historische Museum und ein Restaurant. Vor dem Schloss erstrecken sich die Schlosswiesen und der Schlosssee. Durch die zentrale Lage ist hier ständig was los, Spaziergänger, Radfahrer, Jogger, Nordic Walker. Ich bin hier auch gerne mal in meiner Mittagspause unterwegs, hier kann man sehr gut auftanken und Kräfte sammeln.

Panoramablick auf 14 Mühlen

Direkt neben dem Schlosssee befindet sich der Mühlensee. Vom Fußweg am See hat man einen perfekten Blick auf das Internationale Mühlenmuseum mit seinen 14 originalgroßen Mühlen aus elf Ländern. Im Westen des Sees sieht man die Mühlen aus Frankreich und Spanien besonders gut, weiter Richtung Osten folgen die Mühlen aus Griechenland und Portugal.
Der Mühlensee wird weiter Richtung Osten wieder zum Flüsschen Ise. Ich folge dem Weg direkt an der Ise und bewundere den Blick auf die Sanssouci-Mühle und die mächtigen Fachwerkhäuser des Mühlenviertels. Über eine kleine Holzbrücke überquere ich die Ise und umrunde das Mühlenmuseum auf der Ostseite. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Russische Basilika, die auf dem Gelände des Museums steht.
Ich erreiche den Glocken-Palast vor den Toren des Museums. Hier haben Künstler gearbeitet und ihre Werke ausgestellt. Hier gab es eine Glockengießerei, Ausstellungen zu Friedensnobelpreisträgern und einen Nachbau der Arche Noah. Der ehemalige sowjetische Präsident und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow ist Schirmherr des Glocken-Palasts und hat den Grundstein gelegt.
Bitte beachtet, dass das Mühlenmuseum, die Russische Basilika und der Glocken-Palast 2022 geschlossen bleiben!

Kurzes Fazit

Kurze Zeit später, nach knapp 20 Kilometern, endet meine Radtour. Ich habe viele neue Eindrücke gesammelt und alte aufgefrischt. Und ich wurde einmal mehr bestätigt: Gifhorn hat viel zu bieten!

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