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Zum ersten Mal in Hildesheim

Hildesheim ist eine Stadt etwa 30 Kilometer südlich unserer Landeshauptstadt Hannover. Mit etwas mehr als 100.000 Einwohnern liegt es idyllisch an der Grenze des Leineberglands und der Hildesheimer Börde am Fluss Innerste. Ich war zuvor noch nie in Hildesheim. Bekannt ist mir die Stadt aber vor allem für die UNESCO-Welterbekirchen und die will ich heute auf meiner Erkundungstour durch Hildesheim unbedingt besuchen.

Meine erste Anlaufstelle ist das Besucherzentrum Welterbe Hildesheim am historischen Marktplatz, die örtliche Tourist Information in Hildesheim. Eine Gewohnheit die ich mir gerne beibehalte, denn in Tourist Informationen wird man einfach ideal auf den Besuch vorbereitet. Man bekommt alle notwendigen Tipps und Auskünfte und wird oftmals auch auf Orte aufmerksam gemacht, die man sonst so nicht entdeckt hätte.

Zu Fuß mache ich mich also von meinem Parkplatz unweit der Kreuzkirche auf den Weg zum historischen Marktplatz. Die Ankunft auf dem Marktplatz ist bereits ein Erlebnis für sich, denn der Blick auf die umliegende Architektur ist wirklich atemberaubend. Aber dazu später mehr, es wird noch beeindruckender wenn man einen bestimmten Hinweis verinnerlicht.

Das Besucherzentrum Welterbe in Hildesheim

Das Besucherzentrum Welterbe in Hildesheim befindet sich im Tempelhaus. Ein sehr eindrucksvolles frühgotisches Patrizierhaus an der Südseite des Platzes. Gleich hier fängt also das Eintauchen in die Geschichte Hildesheims an. Eine Mitarbeiterin erklärt mir, dass das Herrenhaus um 1350 von zwei Angehörigen einer Hildesheimer Bürgermeisterfamilie, Roleff und Eggert von Harlessem, erbaut wurde. Im Inneren befindet sich im Erdgeschoss die Tourist Information mit Souvenirshop. Was ich nicht wusste: in der oberen Etage beherbergt das Besucherzentrum eine multimediale Ausstellung, die über das UNESCO-Welterbe in Hildesheim und der Region informiert.

Multimediale Ausstellung im Besucherzentrum

Der Rundgang entlang der Galerie führt vorbei an Interaktionsflächen zur Stadtgeschichte Hildesheims, 3D Modellen der Welterbestätten mit zahlreichen Informationen und Panoramaansichten in Hildesheim. Ganz nebenbei kann man an einem interaktiven Tisch auch weitere UNESCO-Welterbestätten in der ganzen Welt entdecken. Ein perfekter Einstieg für meine Erkundungstour in Hildesheim.

Übrigens: Super für den Abschluss eines Erkundungstages in Hildesheim sind auch die beiden Massagesessel, in denen man sich nach einem anstrengenden Tag auf Entdeckungstour niederlassen und sich mittels Kopfhörern noch einmal über die Welterbestätten der Stadt informieren kann. Geht natürlich auch zu Beginn einer Tour, um entspannt in den Tag zu starten. 

Hildesheim am 22. März 1945

Besonders interessant (und hier schlagen wir die Brücke zum atemberaubenden Anblick des Marktplatzes und dem Hinweis, den man im Sinn haben sollte) ist der Hinweis, dass der Marktplatz gar nicht alt eingewachsen ist – zumindest nicht ganz. Die meisten Gebäude, die hier stehen, sind Rekonstruktionen der historischen Gebäude. Denn bei einem großen Bombardement der alliierten Truppen am 22. März 1945 wurden bis auf Teile des Rathauses und des Tempelhauses in dem ich mich befinde alle Gebäude in Schutt und Asche gelegt. Nach dieser verheerenden Zerstörung entschied sich der Stadtrat mit nur einer Stimme Mehrheit zunächst für Neubauten mit zeitgemäßer Architektur der 60er Jahre, bevor in den 80er Jahren, wiederum mit nur einer Stimme Mehrheit im Rat beschlossen wurde, die historischen Gebäude zu rekonstruieren. In den Panoramaansichten des Marktplatzes kann man dieses Geschehen hervorragend nachvollziehen. Das ist schon ziemlich eindrucksvoll.

Mit dieser Information und ausgestattet mit diversen Flyern und einem Stadtplan Hildesheims verlasse ich das Besucherzentrum und bleibe mit erhöhter Aufmerksamkeit vor dem Gebäude der Tourist Information stehen und blicke nochmal über den Platz.

Der historische Marktplatz mit anderen Augen

Zu meiner Rechten steht das imposante Rathaus mit seinem Gewölbegang. In Teilen überlebte es den Bombenhagel, doch auch hier musste ein Großteil rekonstruiert werden. Gegenüber vom Tempelhaus befindet sich ein Gebäudekomplex, der gleich aus drei zusammengesetzten Fachwerkhäusern besteht. Rechts das Wollenweber-Gildehaus, links die Stadtschänke und mittig das Rokokohaus – ein wunderschönes Fachwerkensemble, das in sattem dunkelbraun und reinem Weiß erstrahlt. Der gesamte Komplex gehört heute zum Van der Valk Hotel Hildesheim und präsentiert die Baustile dreier Jahrhunderte: dem 16. Jhd. (Wollenweber-Gildehaus), 17. Jhd. (Stadtschänke) und 18. Jhd (Rokokohaus).

Zu meiner Linken, und somit auf der gegenüberliegenden Seite des Rathauses, stehen zwei aufwendig verzierte Fachwerkhäuser dicht beieinander und geben jeweils links und rechts von ihnen kleine Straßen frei, die den Weg in die Innenstadt ermöglichen. Das rechte Gebäude ist das Knochenhauer-Amtshaus. Das mit zahlreichen Schnitzereien und wunderschönen Malereien verzierte Fachwerkhaus an der Westseite des Marktplatzes beherbergt in den oberen Etagen das Stadtmuseum, der untere Bereich des Knochenhauer-Amtshauses wird gastronomisch genutzt. Das linke Gebäude ist das Bäckeramtshaus. Die Form des dreigeschossigen Fachwerkhauses geht auf das Jahr 1825 zurück. Besonders der Arkadengang am Marktplatz und das mit Backsteinen gefüllte Fachwerk sind interessante Details am Bäckeramtshaus. Heute wird das Gebäude als Café genutzt.

Am Tempelhaus angrenzend Richtung Innenstadt befindet sich das Wedekindhaus. Der Händler Hans Storre hatte es einst als Wohn- und Geschäftshaus errichtet. Auch dieses Gebäude ist ein Wiederaufbau. Der Fassadenteil, der das heute als Stadtsparkasse genutzte Gebäude ziert, ist mit bildlichen Darstellungen geschmückt.

Wenn ich mich also so umschaue, kann ich es kaum glauben, dass all diese schönen Gebäude Wiederaufbauten sind. Sie stehen ihren originalen Vorbildern in nichts nach. Bei vielen der Gebäude hat man darauf geachtet, die alten Baugewohnheiten beizubehalten. So sind im Knochenhauer-Amtshaus zum Beispiel ausschließlich Holznägel verbaut. Moderne Bauverfahren fanden beim Wiederaufbau des Gebäudes keine Anwendung.

Auf zur nächsten Station

Wie eingänglich erwähnt, ist Hildesheim mir vor allem für die UNESCO-Welterbekirchen bekannt. Natürlich muss ich diese auf meiner Erkundungstour durch Hildesheim auch besuchen. Ganz praktisch: Vom historischen Marktplatz aus gibt es ein Wegeleitsystem, das sogenannte Welterbeband, das mir den Weg zu beiden UNESCO-Welterbekirchen St. Michaelis und Mariendom weist. Rund 3.000 in das Straßenpflaster eingelassene Granitplatten zeigen den ca. 1,2 Kilometer langen Rundweg. Start- und Zielpunkt ist der Marktplatz. Entlang des Kurzen Hagen gehe ich also Richtung Michaeliskirche. In der Michaelisstraße hat man übrigens versucht, dem vor der Bombardierung vorherrschenden Fachwerkstil an den Wohnhäusern Rechnung zu tragen. Mit modernen Baumaterialien verzierte man die neuen Häuser mit Balkenlagen. Bauhistorisch ist diese Straße also wirklich höchst interessant.

Das UNESCO-Welterbe in Hildesheim

UNESCO-Welterbe St. Michaelis

Ich bin beeindruckt von dieser wirklich hübschen Kirche. Besonders eindrucksvoll finde ich, wie viele Gedanken sich der Bauherr, Bischoff Bernward bei den Plänen zur Kirche gemacht hat. Denn das gesamte Gebäude folgt einer gewissen Zahlensymbolik. Im Grundriss des Gebäudes und in vielen weiteren Teilen der Kirche spiegeln sich verschiedene Zahlen wider. Die 7 beispielsweise findet sich in der Gesamtbreite des Gebäudes von insgesamt 70 Metern wieder und zielt auf die Schöpfung der Erde in 7 Tagen ab. Die 12 Säulen im Inneren der Michaeliskirche symbolisieren die 12 Apostel. Faszinierend wie durchdacht der ganze Bau und das Kircheninnere ist.

Die Michaeliskriche (UNESCO-Welterbe) in Hildesheim

Beim Blick an die Decke findet man nicht wie sonst, eine Gewölbestruktur sondern eine flache Holzdecke. Klingt erstmal nicht sonderlich beeindruckend. Ich habe aber auch noch nicht erwähnt, dass es sich um eine bemalte Holzdecke handelt. So wird es schon interessanter. Die Holzdecke mit einer Malerei aus dem 13. Jahrhundert ist in Deutschland einmalig. Sehr sehenswert.

UNESCO-Welterbe Mariendom

Nach meinem Besuch in der Michaeliskirche führe ich meine Sightseeingtour entlang des Welterbebandes, die Burgstraße hinabgehend zum Dom hin, fort. Der Hildesheimer Mariendom ist eine der ältesten Bischofskirchen Deutschlands.

Der Dom befindet sich im Herzen Hildesheims umgeben von einer großen Grünfläche mit zahlreichen Sitzgelegenheiten unter schattingen Bäumen. Durch das Domfoyer gelange ich in den Dom und begebe mich dort auf einen Rundgang entlang der einzigartigen Bronzegüsse, darunter die Bernwardtür und Christussäule (Bernwardsäule). Fasziniert von seiner Größer, stehe ich direkt unter dem goldenen Heziloleuchter und betrachte ihn mir aus nächster Nähe: 72 Kerzen. Wie lange es wohl braucht, um alle zu erleuchten?

Der Mariendom (UNESCO-Weltere) in Hildesheim

Die Legende um den Rosenstock

Mein führt mich aus dem Dom hinaus in den Innenhof, wo der legendäre und sagenumwobene 1ooo-jährige Rosenstock rankt. Die Legende vom Rosenstock geht zurück auf eine Unachtsamkeit von Ludwig dem Frommen, der sein Marienreliquiar zum Beten an einen Strauch befestigte und dort vergaß. Als er es wieder an sich nehmen wollte, war es fest verwachsen mit einem Strauch, dem Rosenstock. Ludwig der Fromme sah dies als göttliches Zeichen und baute an der Stelle eine Kapelle, die Keimzelle des Bistums und damit der Stadt Hildesheim. Zur Blütezeit im Mai/Juni ist das bestimmt ein prima Fotomotiv.

Blick durch die Gewölbebögen auf den Rosenstock im Innenhof

Nach meinem Besuch im Mariendom gehe ich über den Domhof zurück in Richtung Marktplatz. Denn hier wartet das Leih-E-Bike auf mich, mit dem ich meine Erkundungstour durch Hildesheim fortführen möchte.  

Mit dem Rad in die Natur

In der Tourist Information habe ich einen Ausflugstipp bekommen. Ich tippe fix die Adresse in mein Handy ein, schwinge mich auf den Sattel und steuere die Domäne Marienburg an. Dort soll es ein bezauberndes Hofcafé inmitten der spätmittelalterlichen Wasserburg geben. Also in die Pedale getreten und losgedüst. Vorbei an der Kirche St. Godehard und über den Mühlengraben gelange ich zum Innerste-Radweg. Die Sonne steht hoch am Himmel und funkelt in den links neben meinem Radweg verlaufenden Fluss. Zu meiner rechten sehe ich auf weite Felder und inmitten dieser Felder meine ich auch schon mein Ziel erkennen zu können. Die Wasserburg, umringt von vielen hohen Bäumen. Der weitere Radweg führt mich inmitten der Felder immer dichter heran.

Radtour auf dem Innerste-Radweg in Hildesheim

Bezauberndes Hofcafé inmitten der Natur

An der Domäne Marienburg angekommen führt mich mein Weg zu aller erst ins Hofcafé, denn das Frühstück ist doch schon eine Weile her. Es ist mittlerweile früher Nachmittag und mein Magen knurrt. Das Hofcafé auf dem Kulturcampus der Domäne Marienburg befindet sich in einem Neubau im vorderen Teil der historische Burganlage. Vor dem Lokal gibt es zahlreiche Sitzplätze, die angesichts des guten Wetters komplett belegt sind. Daher gehe ich hinein.

Kuuuuchen

Ich bin sofort beeindruckt vom üppigen Kuchenbuffet in der Auslage im Eingangsbereich. Zahlreiche Kuchen und aufwendig verzierte Torten und Törtchen stehen dort. Vom Kirschkuchen, zur Himbeer-Sahne-Torte bis hin zum Schokotraum mit Marzipan. Mir läuft sofort das Wasser im Mund zusammen. Aber zunächst muss ich ein Plätzchen zum Niederlassen finden. Ich sehe eine Tür, die zum hinteren Teil des Hauses auf eine weitere Terasse hinausführt. Beim Rausgehen strömt mir die frische, klare Luft mit einem seichten Windstoß in die Nase. Ich schaue hinaus auf eine weite, grüne Wiesenfläche. Rund um mich Natur. Und, zu meiner Freude, auch noch einige freie Sitzgelegenheiten. Wobei auch hier schon zahreiche Gäste sitzen und bei Kaffee und Kuchen zusammen klönen und schlemmen.

Tortenauswahl im Hofcafé in Hildesheim

Glückliche Hildesheimer/innen

Die Sonne strahlt und ich genieße den Ausblick in die idyllische Umgebung. Wenn ich mir so überlege, dass ich nicht mehr als 20 Minuten gefahren bin, kann ich eigentlich gar nicht fassen, wie viel Natur mich unweit des Stadtzentrums umgibt. Da haben die Hildesheimer/innen wirklich Glück. Dem Trubel der Großstadt kann man hier nämlich ziemlich gut entkommen. Und dennoch ist man genau so schnell wieder mittendrin. Genial.

Schlemmerei

So wie ich vor mir hin philosophiere, werde ich von einer freudestrahlenden Dame mit Schürze begrüßt. Bei ihr informiere ich mich über das Mittagsangebot und passend zur bald ins Haus stehenden Saison, gibt es Kürbissuppe. Ich liebe Kürbissuppe! Da es dieses Jahr noch keine gab, ist meine Bestellung schnell aufgegeben. Kurz darauf wird mir ein großer Teller köstlicher Kürbissuppe und eine kühle Apfelschorle serviert. Im Nu habe ich die Suppe aufgegessen und es ist auch noch ein bisschen Platz für Nachtisch. Ach was red ich. Nachtisch geht eh immer. Ist heute aber besonders wichtig, denn das Kuchen und Tortenangebot ist einfach weltklasse.

Kürbissuppe im Hofcafé in Hildesheim

Noch mehr Kuuuchen

Also nichts wie rein zur Kuchentheke, um sich etwas auszusuchen. Meine Wahl fällt auf ein Stück Kirschkuchen mit ganz viel Crumble drauf. Dazu bestelle ich mir noch einen Cappuccino. Zurück an meinem Platz wird mir mein Nachtisch auch so gleich gebracht. „Guten Appetit“ – wünscht man mir. Doch darauf kann ich schon gar nicht mehr antworten. Mein Mund ist voll.

Kirschkuchen im Hofcafé in Hildesheim

Himmlisch. Saftig-süße Kirschen, ein auf der Zunge zergehender Teig, krosser Crumble und dazu der leicht herbe Geschmack des Cappuccinos. Eine perfekte Kombi und absolut zum Nachessen empfohlen. Ebenso wie die Kürbissuppe übrigens, die hatte ich ja auch ruck-zuck aufgefuttert. Vollgefuttert und glücklich – ja Essen macht glücklich!- beschließe ich, eine kleine Runde über das Gelände zu drehen. Nachdem ich meine Runde beendet habe, kehre ich zurück zu meinem Rad, trete in die Pedale und mache mich auf den Weg zurück in die Stadt. Mit vielen fantastischen Eindrücken des Tages, beschließe ich, den Tag nun zu beenden.

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