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Brot und Heringe in Verden – auf Tuchfühlung mit Klaus Störtebeker

Blick in das Heringsfass

Salzheringe im Holzfass - leider nur noch selten zu sehen (c) Fotoarchiv der Stadt Verden - Frank Pusch

Die Spannung auf dem Verdener Rathausplatz steigt. Gleich, über 600 Jahre nach seiner Hinrichtung, kommt Klaus Störtebeker zu Besuch und bringt Brot & Heringe, die sogenannte „Lätarespende“, unter das Volk. Mittlerweile haben sich viele Leute aller Altersklassen und aus allen Himmelsrichtungen eingefunden, die –dem kühlen Wetter zum Trotze- mit mir gemeinsam auf die Ankunft des legendären Seeräubers warten. Der Shanty Chor steht bereits auf der Rathaustreppe und schickt die ersten maritimen Grüße in unsere Richtung…

Auch kleine Piraten finden sich im Gefolge des Seeräubers. Foto: © Ralf Reincken

Störtebeker und sein Gefolge

Nun geht es los. Störtebeker erscheint mit seinem Gefolge. Seine imposante Statur und das autoritäre Auftreten lassen schon erahnen, wie der legendäre Seeräuber zu Lebzeiten in Erscheinung getreten ist. Seine spitzen Bemerkungen zu aktuellen, politischen Themen, die mit einem Augenzwinkern an die Adresse der geladenen Politiker gehen, kommen beim Publikum wirklich überaus gut an.

Eindrucksvoller Auftritt vor dem Rathaus Foto: © Ralf Reincken

Piraten

Das launige Spektakel erinnert an ein Vermächtnis des legendären Piraten, der kurz vor seiner Hinrichtung im Jahr 1401 bestimmt haben soll, dass die Stadt Verden diese Gaben in Form von Salzheringen und Brotlaiben jedes Jahr an Bedürftige, Beamte und Geistliche verschenken soll. Mittlerweile sind die Richtlinien aber gelockert worden und jeder bekommt Brot und Heringe. In Verden an der Aller soll Klaus Störtebeker einen seiner vielen Zufluchtsorte gehabt haben.

Der sagenumwobene Pirat war Räuber, Held und reicher Mann in einer Person. Doch er kämpfte nicht nur grausam gegen seine Feinde auf See, den Geschichten nach hatte er auch ein gutes Herz. Einen Teil seiner Beute soll er den Armen und Bedürftigen gegeben haben, die Störtebeker mit seinen Kumpanen an die Verdener verteilte. Störtebekers Erbe wird in Verden also seit mehreren Jahrhunderten gewissenhaft weitergeführt.

Die Heringsfässer werden gebracht. Foto: © Ralf  Reincken

Angeblich soll der Freibeuterkapitän den Namen „Störtebeker“ (aus dem Niederdeutschen von „Stürz den Becher“) wegen seiner Trinkfestigkeit als Spitznamen bekommen haben. So soll er einen 4-Liter-Humpen (einen ellenhohen Becher) Wein oder Bier in einem Zug leergetrunken haben. Allerdings gehört diese Vermutung ins Reich der Sagen und Legenden.

Der obligatorische Schluck aus dem überdimensionalen Humpen darf natürlich nicht fehlen Foto: © Ralf Reincken

Brot und Hering

Wir begeben uns zur Ausgabe von Brot und Heringen. Tatsächlich überreicht Klaus Störtebeker mir ein Brot und Salzheringe. Einfach so! Ich überlege, ob ich zum Dank noch einen Knicks mache, da hat er sich bereits der nächsten Dame zugewandt, um auch ihr den heißbegehrten Fisch zu schenken.

Humor hat er jedenfalls, der große Seeräuber Foto: © Ralf Reincken

Einer Spendenrechnung aus dem Jahre 1602 zufolge ist die Menge der Brote und Heringe genau festgelegt. Etwa 1.600 Heringe und 530 Brote werden jährlich am Kirchensonntag Lätare, drei Wochen vor Ostern und in der Mitte der Fastenzeit an den mittlerweile gewachsenen Empfängerkreis ausgegeben. Die Termine der Veranstaltungen der nächsten Jahre stehen zum Glück auch schon fest. Das Event lässt sich bestimmt gut mit einem Kurzurlaub oder Ausflug verbinden.

Hier greift man doch gerne zu! Foto: © Ralf Reincken
Geheimtipp: Der außen knackige, innen wunderbar fluffige und unglaublich leckere „Störtebeker-Steven“ ist rund um die Zeit der Lätarespende in den verschiedenen Filialen von Baalk Backbord zu bekommen © Angelika Revermann

Leider durfte die Lätarespende in 2021 nicht stattfinden, was „Klaus Störtebeker“ jedoch nicht davon abgehalten hat, dennoch die Stadt „unsicher“ zu machen und sich per augenzwinkernder Videobotschaft an sein „Gefolge“ zu wenden… schaut mal rein:

Salziger Hering

Warum gibt es zur Lätarespende eigentlich Salzhering? Und wie bereitet man diesen bloß zu? Die Jahreszeit lässt es schon erahnen. Damals gab es schlichtweg nichts anderes zum Speisen. Die Vorratskammern waren über den Winter leer geworden. Das Salz hat den Fisch konserviert und somit griff man auf diesen speziellen Hering zurück, der allerdings zunächst gut gewässert werden muss, da er sonst nicht genießbar ist.

Rezept

Hier kommt noch ein von meiner Kollegin Angelika und mir selbst erprobtes Rezept zum (Salz-) Hering für Euch. Den Sieben-Tassen-Salat könnt ihr zuhause auch mit ganz normalem Hering herstellen und so in Gedanken bei Seefahrer Klaus Störtebeker sein.

7-Tassen-Salat

Zutaten

Zubereitung

Die Menge hängt natürlich von der Größe der gewählten Tasse ab. Den (Salz-)hering filetieren. Alle Zutaten in kleine Würfelstücke schneiden, dann in einer Schüssel zusammenfügen und gut vermengen.

Dazu schmecken Schwarzbrot (am besten der „Störtebeker-Steven“ der Verdener (Bäckerei Baalk) mit Butter oder Salzkartoffeln.

Wir wünschen einen guten Appetit und sehen uns bei der kommenden Lätarespende in Verden?

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