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Mit den eigenen Händen – Handwerk in Oldenburg

Bereits von außen lädt der Friseurladen zu einem Besuch ein..

Mein Vater war Handwerksmeister, Zimmerer und Tischler, mit Leib und Seele. Seine handwerklichen Fähigkeiten habe ich nicht geerbt, aber seine Begeisterung für Handwerk und für Menschen, die mit Kopf und Hand tolle Dinge schaffen.

In Oldenburg leben Handwerker, die irgendwie gut zu dieser Stadt passen: sie sind echt, unaufgeregt und professionell. Ich bin heute unterwegs in Läden, die für mich für tolles Handwerk in Oldenburg stehen. Darüber will ich reden.

Waschen Schneiden Legen

Beim Betreten des Ladens von Angelika und Wittek auf dem Damm, ganz in der Nähe vom Landesmuseum Natur und Mensch, tauche ich gleich ein in ihre Welt: tannengrüne Wände, schwarz-weißer Fußboden, frei gelegtes Mauerwerk, viele kleine liebevolle, verspielte Details. Die Fönfetischisten bieten ein absolut stimmiges Bild und einen klasse Friseurladen.

Ich lasse meine Haare bei Wittek schneiden. Oh, sagte eine Freundin zu mir, da musst Du Zeit mitbringen. Er schaut mich an, überlegt mit mir, ob Pony ja oder nein. Ok Silke sagt er und legt los. Für ihn gehört auch immer das Gespräch, der Austausch in diesem Fall mit mir, die ich vor ihm sitze, dazu. Dabei verliert er die Frisur nicht aus den Augen, es braucht nur eben seine Zeit. Nur mal eben schneiden, das funktioniert bei ihm nicht. Nebenher beobachte ich Angelika. Sie berät, klönt, wäscht, schneidet, fönt und kommt insgesamt schneller auf den Punkt. Angelika behält den Zeitfaktor im Auge und arbeitet nicht minder sympathisch. Auch das gehört zum Handwerk in Oldenburg.

Die Fönfetischisten Angelika Lühring und Vitek Kreft

Wittek und Angelika gehören für mich zu den „echten“ unaufgeregten Friseuren. Sie interessieren sich für die Menschen. Sie machen nichts, nur weil „man“ das jetzt so macht, bleiben aber dennoch völlig up to date! Die Leute mögen es und ich kann das nur bestätigen. Bei Wittek fühlte ich mich wohl und in guten Händen. Zufrieden verlasse ich den Laden und die Frisur…sitzt!

Jetzt laufe ich in Richtung Schloss, zum Schlossplatz, weil ich noch Schuhe zur Reparatur in die eins-a Schuhmacherei bringen möchte.

Schuster durch und durch

Das erste, was mir hier auffällt sind die vielen Leisten, aus Buchenholz, wie ich erfahre, die ringsum oben an der Decke hängen. Deko denke ich, aber tatsächlich handelt es sich um die Leisten der Kunden, die sich bei Frank Simme Schuhe handfertigen lassen.

Beeindruckend! Vom Maaß nehmen bis zur Auslieferung dauert es ungefähr 12 bis 16 Wochen. Natürlich müssen die Schuhe dann erst einmal eingelaufen werden. Finde ich trotzdem erstaunlich, aber schließlich geht es ja auch darum, von diesem Beruf zu leben.

Dabei identifiziert sich Frank Simme voll mit seinem Handwerk: er verfügt über ein deutschlandweites Netzwerk, er will immer auch über den Tellerrand schauen und stellt sich neuen Herausforderungen, z. B. veganen Schuhen. Er weiß, dass sich nicht jeder handgefertigte Schuhe leistet.

Das Werkzeug – gut sortiert

Deshalb bin ja auch ich trotzdem bei ihm, weil er als weiteres Angebot einen Reparaturservice anbietet. Ich gebe die Schuhe ab, lasse mich beraten, was nicht nötig ist wird nicht repariert und bezahle. Ich kann mich darauf verlassen, dass die Schuhe schnell zuverlässig und professionell repariert werden. Er arbeitet hier genauso engagiert wie bei der Herstellung von Schuhen. Überhaupt fühle ich mich bei ihm in guten Händen. Ich gehe gern zu „meinem“ Schuster. „Was tragen Sie selbst?“ frage ich ihn. „Eigentlich nur Schuhe von eigener Hand“, das sagt er mit einem Lächeln. Handwerk, das sagt er auch noch, bedeutet für ihn Freiheit…

Frank Simme

Beim Rausgehen fallen mir noch die Ledergürtel ins Auge. Länge, Breite, Schnalle – kann ich mir alles selbst aussuchen. Gut, dass ich hier in zwei drei Tagen wieder hinkomme, zum Schuhe abholen…

Jetzt mache ich mich auf den kurzen Weg am Rathaus vorbei in die Bergstraße um noch mehr Handwerk in Oldenburg zu entdecken. Hier gibt es eine wunderbare Schmuck-Werkstatt.

Handwerken und Gestalten

Für Tina Stöhr bedeutete die Handwerkslehre zunächst die Möglichkeit, danach studieren zu dürfen, so war der Plan. Erst mal eine Lehre, hatten ihre Eltern gesagt. Dann jedoch fing sie Feuer schon während der Ausbildung und so arbeitet sie heute als Gold- und Silberschmiedin.

Die TiTo Manufaktur im Nikolaviertel in Oldenburg beeindruckt beim Betreten durch Klarheit und völlige Reduzierung. Hier lenkt so gut wie nichts den Blick ab und ich konzentriere mich sofort auf den Schmuck: feine Ketten, passende Ohrringe aber auch auffällige, kompakte Ringe. Die Schmuckstücke sind ausgestellt auf Baumstümpfen, Sägeblättern und auch in kleinen an der Wand nebeneinander hängenden Vitrinen.

Gerade berät Tina Stöhr mit großer Ruhe und völliger Konzentration ein Brautpaar, das sich Trauringe individuell anfertigen lässt. Für die Gold- und Silberschmiedin gehören Empathie und Zuhören zu Ihrer Tätigkeit. So gelingt es ihr, Kundenwünsche zu erfüllen und das macht sie glücklich.

Tina Stöhr

Es sind nicht nur wunderschöne Schmuckstücke, die ich sehe, sondern mich umgibt sofort ein Gefühl von Vertrauen. Als sie sich meinem Anliegen kompetent widmet (ich suche ein Paar Ohrringe) stellt sie sich angenehm auf mich ein. Sie fragt, berät, schlägt vor und ich fühle mich sehr wohl dabei. „Die persönliche Note eines Schmuckstücks, dessen Lebendigkeit, kommt durch den oder die Träger(in).“, das sagt Tina Stöhr und dass Schmuckstücke schöner werden, je länger sie existieren. Auf mich wirkt das einfach sympathisch und so fällt mir die Entscheidung für das richtige Paar Ohrringe ganz leicht. Bei nächster Gelegenheit bummel ich mal wieder abends in der Bergstraße am Laden vorbei und schaue in die beleuchteten Schaufenster. Allein beim Schauen, entsteht ein wohliges Gefühl…

Ganz ehrlich, für mich bedeutet Handwerk, für Menschen etwas zu schaffen, dabei die Seele zu berühren und gleichzeitig mit beiden Beinen im Leben zu stehen. In Oldenburg gilt es noch weitere echte handwerklich orientierte Betriebe zu entdecken. Deshalb lebe und kaufe ich gern in dieser Stadt ein.

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