Auch, wenn durch den aktuellen Lockdown viele Museen und andere Freizeiteinrichtungen leider erneut schließen müssen, nehme ich euch mit auf einen kleinen, virtuellen Rundgang als Zeitvertreiber während der Schließung des Historischern Museums Domherrenhaus, der allerdings auch als Lustmacher für einen Besuch nach der Krise dienen kann. Denn, wenn das „normale“ Leben wieder beginnen kann, freuen sich alle Freizeitstätten wieder über zahlreiche Besucher. Heute habe ich also einen Termin im Historischen Museum Domherrenhaus und bin schon in der Empfangshalle erstaunt: Diese helle und angenehme Atmosphäre hatte ich gar nicht erwartet, denn innerlich hatte ich mich schon ein bisschen auf ein „verstaubtes Museum“ eingestellt. Ich bin unglaublich positiv überrascht und trete sehr gerne ein!
Die Steinzeit und ihre Bewohner
Zuerst besuche ich den Bereich, der die Vor- und Frühgeschichte der Stadt Verden darstellt. Dort erfahre ich, dass die Lehringer Lanze, die dort ausgestellt ist, schon 120.000 Jahre alt und somit eine der ältesten Holzwaffen der Welt ist. Mehr darüber und wie die Steinzeitmenschen damit ein so großes Tier wie den Waldelefanten erlegen konnten, kann man sich in Ruhe vom „Sprechenden Stein“ anhören, neben dem man es sich auf einem Fell gemütlich machen kann.
Kirchlich angehaucht…
Vorbei am großen Stadtmodell gelange ich ins Kirchenzimmer des Domherrenhauses mit dem mächtigen Bleiglasfenster, das aus der St. Johanniskirche stammt und die Taufe Jesu zeigt. Davor ist ein Modell des Verdener Doms aufgebaut, in dessen Querschnitt man hineinschauen kann. Von Klingelbeuteln aus dem 17. und 18. Jahrhundert über Kreuze bis hin zu Holzfiguren von Heiligen, es gibt viel zu bestaunen. Durchaus auch weltlich geht´s bei den vielen Veranstaltungen zu, die im großen Erdgeschoss-Raum ganzjährig angeboten werden. Auf der kleinen Bühne werden unter anderem Vorträge und Lesungen gehalten, wird Theater gespielt oder sogar Kabarett gezeigt.
Im Kirchenzimmer finden sich neben einem Modell des Doms auch viele ehemalige Einrichtungsgegenstände unserer Verdener Kirchen wieder. © Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Kostbarkeitenkammer des Domherrenhauses
Im 1. OG kann man neben historischen Hochrädern, einem großen Weinfass, das einst im Rathauskeller gelagert war und der alten Ratsapotheke auch ein Hammerklavier von 1800 aus den Wiener Werkstätten bewundern. Auch in der sogenannten „Kostbarkeitenkammer“ bewundere ich andächtig Raritäten wie zum Beispiel die Königskette des Schützenvereins oder die beeindruckenden Perkussionspistolen – Dinge, die für Menschen eine ganz individuelle Bedeutung hatten. Wer ein schönes Ambiente für seine standesamtliche Trauung sucht, der ist im Domherrenhaus richtig.
Dioramen und Modellfiguren
Weitere Kabinettstücke sind die Dioramen und Modellfiguren, die Ausschnitte und Situationen aus dem Stadtleben zeigen. Vor ihnen kann man, wie vor einem Wimmelbuch, stehen und nach und nach viele Details entdecken. Meine favorisierte Szene spielt sich „hinter dem Dom“ ab, in dem zu Besetzungszeiten französische Soldaten gemeinsam mit ihren Pferden untergebracht waren.
Beeindruckende Handwerkszünfte im Domherrenhaus
Das Dachgeschoss des Domherrenhauses erreicht man über eine besondere Treppe, die ursprünglich aus dem Verdener Rathaus stammt. Dort oben, in der Ausstellung zu den Handwerkszünften, empfangen uns sogenannte Bannkörbe, also Bienenkörbe mit abschreckenden Fratzen, die Honigdiebe fernhalten sollten. Gildemeister, die gefühlt doch ziemlich lebendig als Schattenriss aus ihrem Leben plaudern, und viele weitere unterschiedliche Handwerkszünfte, wie zum Beispiel die der Zigarrenmacher, die bei uns zum Teil leider heute längst ausgestorben sind, gibt es hier zu bestaunen.
Die Geschichte des Handwerks wird sehr lebendig dargestellt – fast kann man den Zigarrenmacher dabei beobachten, wie er die Zigarren rollt… © Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Heimlicher Spitzenreiter – das Zinnfiguren-Kabinett
Wirklich entzückend sind die kleinen Zinnfiguren, die aus der ehemaligen Zinngießerei Engels in Verden stammen – vom „Ducatenmännchen“ über ganze Szenarien diverser menschlicher Figuren, Häuser und Bäume bis hin zum „Verdener Pferd“. Auch viele weitere Exponate aus 3 Generationen dieser Zinngießerfamilie gibt es zu bewundern. Sogar die Gussformen für ca. 400 Figuren gehören zu dem Besitz des Historischen Museums.
Wer hätte nicht gerne so ein kleines „Ducatenmännchen“?! Zinnfiguren gibt es übrigens im Museum sogar zu kaufen © Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Der barocke Innenhof und die Museumspädagogik
Wunderschön angelegt und auch sehr schön für den Empfang nach einer Trauung geeignet ist der Innenhof des Domherrenhauses mit steinernen Figuren, einem historischen Vogelbecken, einer alten Pumpe und vielen weiteren Hinguckern.
Quer über den Hof befindet sich der Anbau für die Museumspädagogik, wo ich wirklich staune über die wunderschöne und liebevolle Gestaltung des Raumes. Als Kind hätte ich mich hier mindestens genauso wohl gefühlt und beäuge alles ganz genau. Dieser Raum ist sehr interessant für Schulen oder Kindergärten, um auch den nachfolgenden Generationen wieder Lust auf die Verdener Geschichte(n) zu machen. Es ist ja auch wirklich schon viel Spannendes passiert in dieser historischen Stadt. Auf Wunsch reist das Team der Museumspädagogik auch mit dem großen Museumskoffer in die Kitas oder Schulen im Umkreis.
Dass hinter dieser unscheinbaren, grünen Tür im Innenhof eine solche Schatzkammer lauert, hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten… © Annkathrin Sommer/ Bildarchiv der Stadt Verden
Es gäbe jetzt noch sooooooo viel mehr Interessantes aus dem Museum berichten, allerdings ist alles ja bekanntlich viel schöner, interessanter und intensiver, wenn man es selbst erlebt hat – darum kann ich euch den Besuch dieses Historischen Museums Domherrenhaus direkt nach dem Lockdown wärmstens empfehlen. 900 m² Ausstellungsflächen warten darauf, von euch erobert zu werden.
Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig mitnehmen in diese schöne und historische Welt und wünsche auf jeden Fall weiterhin Gesundheit und Frohsinn und -auch, wenn es noch etwas dauern sollte- schon jetzt ganz viel Spaß bei der Entdeckungstour durchs Museum!