Moment mal, kann das sein?
Google Maps behauptet gerade, ich hätte eine Weltreise kreiert, die in nur 30 Minuten zu Fuß zu bewältigen ist. Mit chinesischen Blumen und afrikanischem Essen. Mit Cocktails trinken und Salsa tanzen. Und mit den Füßen im Sand – also tatsächlich mit allem, was zu einer echten Weltreise dazu gehört. 30 Minuten? Das kann ja eigentlich gar nicht sein…
Schon gar nicht, wenn man dabei das Innere des Göttinger Stadtwalls nicht verlässt. Oder etwa doch?
Zum Start meiner kleinen Weltreise durch Göttingen finde ich mich im Café Botanik ein. Zugegeben: Der Name des Cafés klingt erstmal nicht sonderlich kosmopolitisch – das, was drin steckt, ist es aber doch. Der Besitzer ist ein gebürtiger Perser, der im Café Botanik herrlich exotische Leckereien an die Tische bringt.
Ich bestelle den „Persischen Traum“ aus heißer Milch mit Kardamom, Rosenwasser, Safran und Honig sowie als kalten Gegenpol „Matashna“ – Vanilleeis mit Kirschsaft und Golpar, einem nordpersischen Gewürz. Wirklich ein persischer Traum!
Auf dem Weg zurück in die Stadt über die Weender Straße laufe ich an kulinarischen Düften aus dem Mittelmeerraum wie Gyros und Falafel, Döner und Pizza vorbei. Auch immer mal wieder lecker, aber heute verzichte ich – wegen späterer Pläne!
Vorher stoße ich noch auf ein sehr altehrwürdig aussehendes Geschäft, auf dessen Ladenschild „Thee & Gewürze“ steht. Nichts wie rein da.
Wie sich herausstellt, ist es das Geschäft von Alfred Ewert, das vor 101 Jahren als Kolonialwarengeschäft (Kaffee, Kakao, Gewürze…) eröffnet wurde und sich bis heute hält. Geschäftsführer Jochen Henric-Petri verrät beim Plausch: „Wenn Sie zu Hause mal was Exotisches kochen wollen und auf dem Rezept eine Zutat steht, von der Sie noch nie gehört haben, stehen die Chance sehr gut, dass Sie sie bei mir finden.“
Gewürze aus Indien, Sojasoßen aus Japan, Marmelade aus England – und nebenbei sieht das Lädchen total hübsch und irgendwie sehr 101-jährig aus. Ein absoluter Tipp!
Über den Wilhelmsplatz, an dem abends viele Studenten sitzen und ihr Bier trinken, gelange ich zum Sambesi, meinem kulinarischen Endgegner für heute. Ja, es ist genau das, wonach es klingt: eine afrikanische Safari. Auf der Speisekarte habe ich die Auswahl zwischen einer „Safari zu Wasser“ (Viktoriabarsch und Papageienfisch – oder vielleicht ein Krokodilsteak?), einer „Safari zur Luft“ (Straußenfilet) und einer „Safari zu Land“ (Rinderhackgratin, Springbock oder sogar Zebrasteak).
Ich entscheide mich für den Springbock mit gegrilltem Gemüse und Safranhirse und könnte glücklicher nicht sein.
Und danach? Noch ein Absacker? Klar, geht immer! Entweder bei einem Cocktail im Sausalitos die Füße in den Sand stecken – im ersten Stock finden auch regelmäßig Salsa-Tanzabende statt – oder auf einen Cuba Libre in die Villa Cuba, die so aussieht als würde sie mitten in Havanna stehen. Und anhören tut sie sich auch so: Auf dem Klo wird man von Fidel-Castro-Reden unterhalten.
Das alles findet mitten in Niedersachsen statt, in der 120.000-Einwohner-Stadt Göttingen – und tatsächlich nur eine halbe Stunde Fußmarsch voneinander entfernt. Kann nicht sein? Doch, schaut mal: Hier findet ihr die Strecke zum Nachlaufen. Gute Reise!
Über den Autor: Christoph Karrasch ist Reiseblogger bei VonUnterwegs.com und Mitglied im Reiseblogger Kollektiv, das für aboutcities die 17 Städte besuchte.