Schon oft vorbei gelaufen, aber nie einen Blick hinein gewagt, habe ich in die Glasbläserei Bernschein. Da ich sowieso mit der Suche nach Weihnachtsgeschenken beginnen möchte und mich die Technik der Kunstglasbläserei schon immer interessiert hat, treffe ich mich zu einem Gespräch mit Herrn Bernschein. Dieses führen wir in seiner Werkstatt, die direkt neben dem Verkaufsbereich liegt.
Der Weg nach Stade
Für Christian Bernschein war von Anfang an klar, was er beruflich machen würde. Schon als kleines Kind habe er sich für den Beruf seines Vaters interessiert, der an der Uni Greifswald als Glasbläser gearbeitet hat. Er erzählt mir, dass er also in den Bereich der Glasbläserei mit „reingerutscht“ sei. Interesse und Talent ließen ihn 1969 eine Lehre bei seinem Vater, der praktischerweise auch Ausbilder war, beginnen. Es folgte ein speziell für Glas ausgelegtes Studium in Fertigungstechnik in Ilmenau, welches er aber aus privaten Gründen nicht beenden konnte. Eine weitere Station war Stuttgart. Dort arbeitete er am Max-Planck-Institut, wo ihm die Arbeit sehr gefiel, die Gegend dahingegen eher weniger.
Bald verschlug es seine Familie und ihn aber endlich nach Stade: 1982 eröffnete sein Vater dort ein Geschäft in der Nähe des heutigen Standortes. Ein Jahr später zogen die Glasbläserei und das Ladengeschäft in das heutige Gebäude um.
Kunstglasbläserei als Hobby
Der gelernte Apparateglasbläser hat die Kunstglasbläserei nie gelernt. Diese sei praktisch aus einem Hobby entstanden. Neben dem Ladengeschäft und der Werkstatt, kümmern sich Christian Bernschein und seine Frau heute zusätzlich um den Versand und vertreten ihre Glasbläserei auf Messen. Im Laborbereich bedienen sie eine Lückensparte: Reparaturen und Sonderanfertigungen gehören hier zu den Aufgaben. Häufig kommen Kunden mit neuen Ideen, wollen Laborgeräte, die es auf dem Markt so nicht zu kaufen gibt. Dann ist man bei der Glasbläserei Christian Bernschein aber genau richtig. Standard-Laborgeräte werden hier nicht hergestellt, da die Industrie diese deutlich schneller und in größeren Massen produzieren würde.
In dem Bereich der Kunstglasbläserei werden ebenfalls oft Reparaturen angefragt. „Es lässt sich zwar nicht alles reparieren, aber kommen, kann man immer“, sagt mir Christian Bernschein lachend. Egal, ob die Lieblingsvase einen Sprung hat oder sich ein Fuß von Omas Tortenplatte verabschiedet hat – solche Dinge können repariert werden.
Auch die dänische Glasbläserei „Dansk Glaskunst“, dessen Inhaber inzwischen sehr gute Freunde der Bernscheins geworden sind, war vor ungefähr 15 Jahren Kunde in der Stader Glasbläserei. Die Gemeinsamkeit der beiden Glasbläsereien besteht darin, dass sie beide Kunstglas herstellen. Die Dänen, die Ofenglasbläser sind und deren Ware somit aus massiverem Glas besteht, und der Stader Lampenglasbläser, dessen Angebote aus „dünnerem“ Glas sind, ergänzen sich.
„Wir nennen uns beide Glasbläser, aber der eine kann nicht, was der andere kann“, wird mir erklärt. Deshalb verkaufen beide die Ware des anderen und machen gegenseitig Werbung auf Messen für sich. Durch die dänischen Freunde konnte man viele neue Kunden im skandinavischen Bereich gewinnen. Weitere Kunden haben die Bernscheins außerdem in Kanada und in den USA.
Wie funktioniert das überhaupt?
Als nächstes interessiert mich die Technik der Glasbläserei. Grundsätzlich benötigt man zum Erhitzen des Glases Erdgas, Sauerstoff und Luft. Zum Verarbeiten stehen nun zwei Glassorten zur Verfügung: Zum einen Hartglas, das häufig in Laboren Verwendung findet, hohen Temperaturen stand hält und relativ schnell kalt wird. Zum anderen Weichglas, welches sich sehr gut verarbeiten lässt und meistens für Farbglas verwendet wird. Nachteil am Weichglas ist, dass es sich nicht in jedem Fall reparieren lässt. Um etwas zu reparieren, muss das Weichglas erhitzt werden, wodurch die erneute Bearbeitung des Glases erschwert wird.
Verschiedene Methoden
Ich erfahre außerdem, dass man beim Weichglas drei Möglichkeiten unterscheidet: Entweder nutzt man Farbglasröhren aus der Industrie, die es zum Beispiel in kobaltblau gibt. Eine weitere, aber eher veraltete Methode, ist das Einfärben mit Metalloxiden. Beispielsweise verwendet man Kobaltoxid um blau zu erhalten, Silbernitrat für gelb und Kupferoxid für rot. Da unser Gespräch in der Werkstatt stattfindet, führt mir Christian Bernschein die dritte Methode direkt vor: Als erstes benötigt er eine normale Glasröhre sowie Farbglasgranulate, also gemahlenes Farbglas.
Nach dem Erhitzen des klaren Glases werden diese Farbglasgranulate mit eingeschmolzen. Es entsteht automatisch ein Muster aus verschiedenen Farbpunkten. Um den Hohlraum zu vergrößern, pustet er Luft durch einen Schlauch in die Glasröhre. Damit das Kunststück auch auf geradem Untergrund stehen kann, nutzt er eine kleine Platte, um einen Teil des runden Hohlkörpers „platt“ zu drücken. Übrigens tragen wir eine Spezialbrille – meine nach dem Modell Pilotenbrille – die sieht nicht nur echt schick aus, sondern macht auch das Glas, während es in die Flamme glüht, besser sichtbar.
Ich merke, wie schnell sich die Hitze der Flamme im Raum staut. Auf meine Frage, ob man sich nicht schnell in diesem Beruf verletze, entgegnet mir Christian Bernschein nur „Schmerzen gehören bei einem Handwerker dazu.“ Ich bin begeistert, denn innerhalb von weniger als 10 Minuten zaubert Christian Bernschein einen grün-blauen Vogel.
Besondere Angebote
Passend zur bald anbrechenden Weihnachtszeit erkundige ich mich nach Weihnachtsangeboten. Speziell Weihnachtliches wird nicht angeboten. Es werden aber Teelichtstecker verkauft, die man sich zum Beispiel in einen Weihnachtskranz stecken könnte. Da es Weihnachtskugeln zu Hauf gibt, lohne sich dieses Geschäft nicht für die Glasbläserei in Stade. Wer aber Wünsche für besondere Weihnachtskugeln hat, ist herzlich willkommen.
Ein anderes Angebot, aus meiner Sicht auch eine wunderbare Geschenkidee, sind die gravierten Gläser. Zur Gravur kamen die Bernscheins durch ihre Kinder: Diese wollten spezielle Gläser haben und die Idee kam nicht nur bei ihnen gut an. Kegelklubs bestellen Biergläser mit Gravur, andere Kunden möchten ihre Whiskygläser gravieren lassen. Mit 80 Cent pro „Einheit“, also zum Beispiel ein einzelner Buchstabe eines Namens, ist man schon dabei.
Letztlich schaue ich mir noch den Verkaufsbereich an und bekomme einen Einblick in die bunten, vielfältigen Angebote der Glasbläserei. Christian Bernschein übergibt mir den inzwischen abgekühlten, niedlichen Vogel als Geschenk. Wo ich dieses Jahr einige meiner Weihnachtsgeschenke kaufen werde, steht schon mal fest.
Wer ebenfalls schon auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken ist oder einfach mal stöbern möchte, ist in der Stader Glasbläserei gut aufgehoben.
Mehr Infos zu der Glasbläserei in Stade gibt es hier.