Museum – Assoziationen wie „alt“, „verstaubt“ und vielleicht auch „langweilig“ kommen mir in den Sinn. Das Museum Schwedenspeicher verspricht aber etwas anderes: Eine Reise in Stades Vergangenheit mit modernen Mitteln dargestellt.
Und siehe da, direkt zu Beginn richtet sich meine Aufmerksamkeit auf die erste technische Besonderheit. Ich betrachte die gesamte Stader Innenstadt und habe hierbei die Möglichkeit, der Stadtgeschichte auf drei Monitoren zu folgen. Zeitlich passende, spezielle Lichteffekte zu den jeweiligen Epochen, die zum Beispiel den Stadtbrand darstellen, wecken meine Neugierde auf die weitere Ausstellung.
Funde aus dem Hafenbecken
Noch im selben Bereich befinden sich einige Glaskästen mit Funden aus dem direkt nebenan liegenden Hafenbecken. Durch die Sanierung der Kaimauer bestand im Jahr 1989 die Möglichkeit einer Grabung im alten Hansehafen. Über 200.000 Funde wurden gemacht, wovon einige, wie beispielsweise handgeprägte Münzen und Nägel von alten Hanseschiffen, im Museum Schwedenspeicher ausgestellt sind. Wichtige Funde stammen noch aus dem Mittelalter, als hier am Hafen rege Betriebsamkeit herrschte.
Von alten Fundstücken nun in den modernen Medienbereich: Ausführliche Texte zu den Epochen finde ich an den Medientischen. Doch was mich neugierig macht, sind die direkt gegenüber liegenden grell-gelben Kästen für Kinder. Diese können sich, indem sie sich in die Kästen hineinsetzen, den Monitor herunterziehen und sich die Kopfhörer aufsetzen, auf eine Zeitreise mit dem Alien „Milo“ begeben. Mit lustigen Animationen, die auch mich zum Schmunzeln bringen, und verständlichen Texten wird den Kindern die Stadtgeschichte näher gebracht.
„Willst du mit mir segeln gehen?“
Ein weiteres Highlight ist die momentane Mitmach-Ausstellung „Willst du mit mir segeln gehen?“. Spielerisch erfahre ich etwas zu der Vorbereitung des Segelns, zu der Navigation sowie zu verschiedenen Bootstypen. Mit kleinen Aufgaben und passender Kleidung, wie zum Beispiel einer Sicherheitsweste, einer etwas zu großen Latzhose und einer flotten Kappe, erfahre auch ich, mit viel Spaß, mehr über das Segeln.
Doch zurück zur Dauerausstellung: Ich begebe mich vom Erdgeschoss „Stadtgeschichte und Hafenfunde“ in das erste Obergeschoss, das den Titel „Die Hanse“ trägt. Hohe Priorität hatten zu dieser Zeit natürlich die Ratsverordnungen. Diese werden erneut mit technischen Mitteln auf einer Karte mit Lichteffekten dargestellt. Gespannt setze ich meinen Weg durch das Museum Schwedenspeicher – dessen Name übrigens vom ehemaligen Provianthaus der Schweden abstammt – fort und gelange in die bunte Warenwelt. Das Hauptexportgut Getreide, Felle, aber auch Meerestiere werden dem Besucher direkt vor Augen geführt.
Schifffahrt in der Hansezeit
Über die bedeutenden Fernhandelsstraßen, wovon viele Stade kreuzten und es somit zu einem Knotenpunkt machten, gelange ich zu beeindruckenden Modell-Hanseschiffen. Der Größe nach sortiert gelangt man über Ewer, Kogge und Karacke schließlich zur Galeone. Schon als Modell einschüchternd, kann ich mir gar nicht vorstellen, wie gigantisch dieses Hanseschiff in der Realität gewirkt haben muss. Einen Raum weiter befindet sich erneut ein interaktiver Teil.
Ich darf selbst entscheiden, welches Hanseschiff an welcher Stelle platziert werden soll und erhalte direkt einen passenden Kommentar, ob sich das jeweilige Schiff überhaupt dort aufhalten darf oder genau richtig steht. Und natürlich probiert man aus Neugierde, was passiert, wenn man die Kutsche mit Pferd ins Wasser stellt… Aber dass das Pferd leider nicht schwimmen kann, wusste man ja schon vorher.
Stade in „klein“
Vorbei an der Bedeutung von Bildung und Religion, entlang alter Schriften, die auf dem ersten Blick wie Hieroglyphen wirken, entdecke ich eine Miniaturübersicht Stades zur Hansezeit. Interessant zu sehen, was sich damals dort befand, wo man heute am liebsten shoppen geht oder sich die Haare schneiden lässt. Hier nur in klein dargestellt, erfahre ich an der nächsten Ecke mehr über die Haustypen. Verschiedene Bau- und Steinarten sind für den Besucher in Form von Modellen zum Greifen nahe. Es besteht aber auch die Chance selbst mit anzupacken, einen eigenen Türbogen aus kleinen Backsteinen zu bauen und die Holzverbindungen eines Fachwerkhauses zu basteln. Auch in kleiner Größe schon deutlich kniffliger, als ich dachte!
Der vorletzte Teil dieses Bereichs informiert über Waffen und Foltermethoden. Irgendwie ein wenig unheimlich, diese „Druckmittel“, die ab dem 14. Jahrhundert zur Geständniserpressung eingesetzt wurden, direkt vor sich zu sehen. Aber genug von Schwertern und Streckbänken: Der Bereich „Die Hanse“ wird mit einem sehr ruhig wirkendem Abteil beendet. Ich setze mich inmitten dieses Bereichs und lausche dem Weg zur Verhansung Stades. Die groben Umstände waren mir bewusst, aber den Ablauf einmal genau zu verfolgen, verschaffte mir dann doch viele neue Informationen.
Von gaaaanz alten Zeiten…
Noch in die Zeit der Hanse versetzt, begebe ich mich nun in das zweite Obergeschoss, das den Titel „Ur- und Frühgeschichte“ trägt. Magisch ziehen mich die nächsten silbernen Knöpfchen an. Eine Karte, wie dessen Name es auch schon verrät, zeigt „Landschaft und Funde“ mithilfe leuchtender Bereiche. Direkt daneben befinden sich mehrere Bildschirme, auf denen ein Film über die Landschaftsgeschichte des Elbe-Weser-Dreiecks läuft. Hauptsächlich sind in dieser Etage aber alte Fundstücke ausgestellt. Ich entdecke Werkzeuge, Teile von Tierskeletten und sogar – auch wenn mich das ein wenig geekelt hat – Überreste eines Menschen! Ach ja, und den schönen Schmuck nicht zu vergessen, der für mich natürlich besonders interessant war…
Mit deutlich mehr Wissen über die eigene Stadt verlasse ich nach zwei Stunden wieder das Museum Schwedenspeicher. Meine anfänglichen Assoziationen wurden keinesfalls bestätigt, denn in diesem Museum wird dem Besucher durch die interaktive Ausstellung mit reichlich moderner Technik die Vergangenheit spannend vermittelt.
Wer auch einen Blick in den Schwedenspeicher werfen möchte, kann sich im Internet auf eine Panoramatour begeben oder sich durch die Epochen klicken. Aber am besten selbst vorbei schauen – Es lohnt sich!