Wenn mein Wecker morgens vor den ersten Sonnenstrahlen bereits um halb 7 klingelt, kann es eigentlich nur einen triftigen Grund geben: Ich habe eine Verabredung auf dem Wasser. Genauer gesagt auf dem Hohnsensee am südlichen Stadtrand von Hildesheim. Der See ist rund 9,5 Hektar groß und ein beliebter Treffpunkt bei Fußgängern, Radfahrern und Wasserratten.
Auf der einen Seite grenzt die Sportanlage von Eintracht Hildesheim, dem zweitgrößten Sportverein Niedersachsens an den See. Ebenso das Café und Restaurant Noah mit einer Außenterrasse und einem traumhaften Blick auf‘s Wasser. Rund ein Viertel der Uferfläche beansprucht der JoBeach mit der angrenzenden JoWiese. Auf der Wiese befinden sich Schwimmbecken, Umkleidekabinen, Duschen, WC. Der Beach besteht aus aufgeschüttetem Sand, Sonnenliegen, Sonnensegeln und dem Standort des Paddel Outdoor Teams.
Neben dem Kanuverleih hat sich das Team auf‘s „Suppen“ spezialisiert. Stand Up Paddling – zu Deutsch: Stehpaddeln. Die Trendsportart auf dem Wasser schlecht hin.
Hildesheim ist das neue Hawaii
Die Welle macht auch vor Hildesheim keinen Halt und Stefan Scholz „suppt“ bereits auf ihr. Mit zwei Freunden hat er sich einen Traum verwirklicht und eine Firma gegründet. Die Drei möchten den Trend in Hildesheim fortsetzen. Auf ihrer Homepage kann Übungsstunden und Gruppen– bzw. Einzelausflügen anfragen.
SUP – das Abenteuer auf dem Hohnsen in Hildesheim
Es ist mitten in der Woche, als ich mein Auto parke und zum Eingang der JoWiese gehe. Mit der Tageskarte kann mich auf dem Gelände der JoWiese frei bewegen. Am Eingang befinden sich die Umkleidekabinen, in die ich einen Schlenker mache und mich umziehe.
Ich bin startklar und nähere mich dem JoBeach, wo ich Stefan, meinen heutigen SUP-Lehrer treffe. Irgendwie geht das Klischee auf: gebräunt, durchtrainiert und sportlich gekleidet. Stefan und die beiden anderen Mitbegründer betreiben das Wassersportunternehmen freiberuflich, nebenbei. Wenn er nicht gerade als Dozent in der Uni tätig ist, findet man ihn sehr wahrscheinlich irgendwo auf dem Hohnsen oder auf den anderen Gewässern der Welt. Seine Leidenschaft zum Wassersport ist wirklich faszinierend. Hätten wir das Gespräch mit Musik hinterlegt, würde vermutlich „Freiheit“ von Westernhagen spielen. Er hat mich überzeugt: Abenteuer erleben nicht nur Pfadfinder beim Wandern im Wald, sondern auch Stefan, wenn er zum Beispiel einen gebuchten, einwöchigen Gruppenausflug an die mecklenburgische Seenplatte mit Gruselgeschichten am Lagerfeuer und Übernachten im Zelt betreut.
Lange Rede kurzer Sinn: „Suppen“ im Hohnsen für Anfänger
Ein paar Boards liegen bereits im Rasen – kleinere Kinderboards, windschnittige Boards mit spitzer Schnauze und „allrounder“ Boards. Alle haben eins gemeinsam: sie bestehen im Inneren aus Luft. Das macht den Unterschied zu Surfbrettern, die aus hartem Material bestehen. Rund 10 Minuten wird jedes Board mit einer Luftpumpe aufgepumpt, bis ein Druck von gerade mal 1,1 bar erreicht ist. Zum Fortbewegen und Steuern auf dem Board bekomme ich noch ein Paddel und dann kann es losgehen. Wir tragen unsere leichten Boards zum Steg und legen sie ins Wasser. Der erste heikle Moment steht kurz bevor. Ich hocke auf dem Steg neben dem Board und platziere beide Beine nacheinander und nebeneinander auf dem Board, danach folgen die Hände und schon befinde ich mich auf dem Board im Wasser. Mit aufgerichtetem Körper und aufliegenden Knien ziehe ich meine ersten Schwünge durch das Wasser. Die Schwierigkeit? Das Lenken! Denn das Paddel halte ich auf der Seite, auf der ich auch Schwung gebe. Mit jedem Paddelzug bewegt sich das Board in die entgegengesetzt Richtung. Stefan zeigt mir, wie ich dem entgegenwirken kann. Ich muss ein L ins Wasser zeichnen. Vorne mit dem Paddel rein ins Wasser, am Board vorbeiziehen und kurz bevor der Paddelzug zuende ist, das Paddel im Wasser vom Board rund 90 Grad wegbewegen. So steuere ich das Board einigermaßen gerade im Wasser – je länger ich das probiere, desto besser funktioniert es. Level 1 ist gemeistert. Es folgt das 2. Level: Aufrecht stehend paddeln – Stand Up Paddeln! Nacheinander stelle ich meine Füße schulterbreit auf das Board. Noch stützen mich meine Arme. Ich gebe mir einen Ruck und stelle mich auf. Gar nicht mal so schwer… Mit leicht angewinkelten Beinen paddeln wir auf dem See. Ein bisschen fühlt es sich an, als wären wir zwei Gondoliere wie in Venedig – nur singen wir nicht.
Nach gut einer halben Stunde steuern Stefan und ich den Steg an. Vom Board krabbele ich wieder zurück auf den Steg und ziehe das Board aus dem Wasser. Geschafft.
Sehr gerne wäre ich noch länger geblieben, denn „suppen“ ist klasse! Die Abwechslung zwischen Sport und Spaß ist perfekt. Und so verlasse ich das Gelände mit trockenen Klamotten und einem tollen Erfolgserlebnis. Vielen Dank für die Erfahrung!