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Ungewöhnliche Naturerlebnisse in Bremerhaven

Fisch und Bremerhaven? Klar! Möwen und Seestadt? Auch logo. Aber Wasserbüffel? Vögel, so selten, dass sie auf der Roten Liste stehen??? Aber hallo! Bremerhaven hat neben unendlich vielen Containern, gigantischen Schiffen und spannenden Wissens- und Erlebniswelten auch ein echtes Naturschutzgebiet zu bieten. Diesen Status bekam die Luneplate genau heute vor einem Jahr – und deswegen habe ich mich dort umgeschaut. Und bin erstmal auf einer seltsamen Party gelandet.

Man muss kein Fan des Federviehs sein, um sich an dem munteren Treibern zu erfreuen. Allein das Geschnatter macht schon Spaß. (c) Dörte Behrmann

Nonnengänse

Schon von weitem ist das laute Geschnatter zu hören und erinnert mich an beste Studentenpartys: viele Menschen, lockere Stimmung, Spaß. Doch die vielen hundert Vögel, die ich beim Näherkommen sehe, machen keine Party. Wahrscheinlich teilen sie sich mit, wo das Gras am besten schmeckt, halten einander auf Distanz, erzählen von ihren Erlebnissen des Tages. Oder von ihrem Flug von weit her: Die Nonnengänse, die ihr oben auf dem Bild seht, kommen zum Beispiel aus den arktischen Weiten von Sibirien, Grönland und Spitzbergen. Dort brüten sie. Zum Herbst hin fliegen sie dann rund 4000 Kilometer ans deutsche Wattenmeer, um im frostfreien Gebiet zu überwintern. Von Oktober bis März sind die Gänse also bei uns in Bremerhaven zu finden. Das lese ich später nach, als ich die Tiere identifiziert habe.

Leider war mein Besuchstag äußerst trübe – aber den munteren Gänsen und Enten war die Farbe des Himmels völlig schnuppe. (c) Dörte Behrmann

Ich habe keine Ahnung, wie viele Gänse sich an meinem trüben Besuchstag letzte Woche am Boden und in der Luft befanden – es waren unglaublich viele. Der Ornithologe Lutz Achilles, der sich auf der Luneplate bestens auskennt, weiß es besser: 23.280 Wasser- und Watvögel zählte er an einem Dezembertag letztes Jahr. Ihr wollt es noch genauer? Dann habe ich diese Zahlen: 6687 Nonnengänse, 3894 Kiebitze, 3273 Pfeifenten, 30 Silberreiher und 12 Zwergtaucher. Und noch viele andere Arten mehr.

Festessen

Dass sich die Tiere hier sattessen können, haben sie der Erweiterung der Hafenanlagen im Norden der Stadt zu verdanken. Denn als der Container-Terminal im Laufe der Jahre auf fast 5000 Meter Länge gestreckt wurde und dabei viel Natur den Kajen weichen musste, bestimmte man die Luneplate zur gesetzlich vorgeschriebenen Kompensationsfläche. Auf ihr sollte die Natur die Hauptrolle spielen. Dafür sorgt bis heute die Firme bremenports, die die Betreiberin der Hafenanlagen in Bremerhaven ist.

Das Naturschutzgebiet „Luneplate“ von oben. Deutlich zu sehen ist die Lage in der Krümmung der Weser. (c) Bremenports

Ihr sind die vielen Informationstafeln zu verdanken, die am Ausgangspunkt des beliebten Spaziergangs rund um und in das Naturschutzgebiet zur Lektüre einladen. So erfährt man nicht nur, wo Aussichtstürme auf einen warten oder wo die Wasserbüffel grasen, sondern erhält auch Naturerlebnistipps und kann die Geschichte der Luneplate nachlesen.

Verwunschene Idylle im Naturschutzgebiet. Überall sind selbst an trüben Tagen schöne Fotomotive zu entdecken. (c) Dörte Behrmann

Ungedeichtes Festland

Kurz zusammengefasst lautet diese: Die ehemalige Insel in einer Weserbiegung wurde im Lauf der Jahrhunderte zu eingedeichtem Festland, das sich viele Jahrzehnte Weidevieh und Wildvögel teilten. Doch Ackerbau und Viehzucht drohten den artenreichen Vogelbestand zu vertreiben. Als die Luneplate sogar als Industriefläche zur Diskussion stand, beschloss man die naturnahe Weiterentwicklung des Marschlandes.

Er ist der „Büffel-Flüsterer“: Heino Runge kümmert sich um die massigen Viecher. (c) Bremenports

Wasserbüffel

Und da kommen auch die Wasserbüffel ins Spiel. Denn die wertvollen – weil zunehmend seltenen – Vögel fühlen sich auch deswegen auf der Luneplate so wohl, weil das Gras schön kurz gehalten wird. Freie Sicht auf etwaige Feinde wie den Fuchs ist für sie überlebenswichtig. Bei einem Lebensgewicht von mehr als 900 Kilo übernehmen die Büffel diese Aufgabe ganz locker..

Die Galloways und Büffel lieben den Winter und sind ganzjährig auf der Luneplate (c) Bremenports

1400 Hektar

Die vierbeinigen Rasenmäher stehen in zwei Herden auf rund 40 der insgesamt 1400 Hektar großen Luneplate. Ihr habt also eine große Chance sie auch zu sehen, wenn ihr nach ihnen Ausschau haltet. Mich hat der Seenebel bei meinem Besuch so überrascht, dass ich sie zwar hören, aber nicht sehen geschweige denn fotografieren konnte. Doch es gibt ja Heino Runge, den Büffel-Betreuer. Er erzählt von Valentino und Co, dem Leitbullen und seinen „Damen“.

So erfahre ich, dass die Tiere auf der „pay-roll“ der Bremer Finanzsenatorin stehen. Dass die Art ursprünglich aus Asien kommt, diese Tiere aber Rumänien und Italien ihre Heimat nennen. Dass Valentino nur weitere Bullen akzeptiert, die an den Kühen noch kein Interesse haben. Dass die Herde nicht wachsen darf, und das ein oder andere Tier daher angeboten wird. Und dass der Küchenchef des Sail City Hotels dieses Angebot gern annimmt.

Küchenchef Dominik Flettner und die Wasserbüffel . (c) Antje Schimanke/Sail City Hotel

Wenn ihr die Chance habt, im Restaurant „Strom“ den Wasserbüffel-Burger zu essen, dann kann ich nur zuraten: er schmeckt wunderbar. Das Fleisch ist fest und fettfrei. Die Kreation von Dominik Flettner – Burger mit Süßkartoffel-Pommes samt Trüffel-Mayonnaise – ist sogar etwas für Feinschmecker. Die regionale Herkunft des Fleisches ist übrigens ein wichtiges Argument für den Einsatz im Hotel-Restaurant, das sich der Nachhaltigkeit verschrieben hat.

Wasser kommt, Wasser geht – die faszinierende Wattlandschaft ist wichtig für die Tiere auf der Luneplate. (c) bremenports

Naturerleben Luneplate

Aber vom Restaurant wieder zurück in die Natur. Ich war zum ersten Mal nach langer Zeit wieder auf der Luneplate und erstaunt, wie vielfältig die Natur dort ist. Es war sicher nicht der schönste Tag, aber es war recht bezaubernd. Überall glitzerte Wasser – jedenfalls solange der ungemütliche Seenebel noch nicht da war – was auf die großen Röhricht- und Wattflächen hinweist, die dort künstlich entstanden sind. Ein von bremenports errichteter Tidepolder lässt nämlich bei Flut das Wasser auf die Luneplate auflaufen, so dass sich das Brackwasser der Weser in dem verästelten Gebiet verteilt. Bei Ebbe läuft das Wasser wieder ab. Diesem Spiel von Nehmen und Geben zuzuschauen empfinde ich als lohnenswerte Ergänzung zum Besuch in Klimahaus und Co.

Eine von sechs Hinweistafeln, mit denen bremenports die Besucher neugierig auf das Naturschutzgebiet macht. (c) Dörte Behrmann

Tipps zum Besuch des Naturschutzgebietes „Luneplate“:

Lasst euer Auto am besten auf dem Parkplatz unterhalb des Deiches in der Straße „Am Luneort“ stehen und geht weiter zu Fuß. Auch das Fahrrad ist im Naturschutzgebiet erlaubt.

Bremenports hat zum Erleben der Vögel und Büffel einen Beobachtungsturm und ein Beobachtungsversteck gebaut.

Wer gleich auf den Aussichtsturm oder ins Beobachtungsversteck möchte, der parkt besser auf dem Parkplatz am östlichen Rand der Luneplate und fährt über Ueterlande dorthin. Aber Achtung: Die Zufahrt ist (noch) nicht ausgeschildert.

Hunde dürfen mit, sind aber an der Leine zu führen.

Bremenports bietet auch die kostenfrei geführte Wanderung „Mit Kamera und Fernglas zu Vögeln und Wasserbüffeln“ an. Die Teilnehmer werden von einem Landschaftsplaner und einen Ornithologen über die Luneplate geführt.
Als Bekleidung sind wasserfestes Schuhwerk und warme, regendichte Kleidung empfehlenswert. Es lohnt sich auch, ein Fernglas mitzunehmen. Infos bei bremenports

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