Ich mache mich auf die Reise durch 20 Länder mit rund 200 verschiedenen Bieren jeder Art, Farbe und vor allem Geschmack. Am längsten Tresen Wolfsburgs beginnt meine Entdeckungsreise durch die Welt des Bieres.
Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, dass Bier aus dem Wasser der Aller oder des Mittelandkanals gebraut wird relativ gering, aber ein Bierfest kann Wolfsburg durchaus trotzdem feiern.
Auf dem Bierfest geht es, wie der Name schon sagt, um Bier. Das zieht der Veranstalter auch konsequent durch. Softdrinks und alkoholfreies Bier sucht man hier vergeblich – ist ja auch klar, sonst hieße die Veranstaltung wahrscheinlich auch Brause-Sause. Das Einzige, was ansatzweise an Softdrinks herankommt, sind die auf dem Bierfest angebotenen alkoholreduzierten belgischen Fruchtbiere, welche mit echten Früchten gebraut wurden und nicht wie sonst üblich durch Zusatz von Sirup verfeinert werden. Der Geschmack dieser Biere ist sehr intensiv und, na klar, fruchtig.
Das Schöne auf dem Fest ist nicht nur die riesige Auswahl an Getränken mit dem vornehmlichen Inhalt Wasser, Gerste und Hopfen, sondern dass man auch noch sehr viel über die Geschichte und die Herstellung von Bier lernen kann. Als ich mein erstes Bier probiere, ein belgisches Abteibier mit fruchtiger Note und dezentem Malzgeschmack, erklärt mir Sina vom Orga-Team, dass Bier früher als eines der reinsten Getränke angesehen wurde. Es war sauberer und hatte nicht so viele Verunreinigungen wie Trinkwasser.
Auf dem Hugo-Bork-Platz, wo das Bierfest seine Zelte aufgeschlagen hat, finden sich so viele Stände mit Bier, dass man schon mal den Überblick verlieren kann. Neben handgebrautem Bier bekommt man an den insgesamt drei Veranstaltungstagen, auch jeden Abend handgemachte Musik geliefert. Klassische Rockklänge machen das Szenario perfekt und unter dem Glasdach des Hugo-Bork-Platzes fühlt man sich in der gemütlichen Atmosphäre noch dazu sehr gut aufgehoben.
Am nächsten Stand lädt mich Lukas, der hinterm Zapfhahn – umgangssprachlich auch Zapfe genannt – steht, auf ein ganz besonderes Geschmackserlebnis ein, wie er mir verspricht. Zunächst einmal zapft er mir ein kleines Glas halb voll mit einem fruchtig, süffigen, naturtrüben Landbier – soweiterst einmal nichts Besonderes. Dann holt er aber eine interessante Apparatur hervor. Ein metallener Zylinder, in der er eine Kerze entzündet und dann einen Metallstab in den Zylinder und über die Flamme steckt. Er erklärt mir, dass der Stab jetzt erhitzt wird und nach ein paar Minuten, wenn der Stab eine Temperatur von 600 °C erreicht hat, in mein Bier gehalten wird. Eigentlich wollte ich keinen Tauchsieder in meinem Bier, aber heute bin ich mal für alles offen, es handelt sich ja laut Lukas um eine Besonderheit. Das 8 °C kalte Bier reagiert also auf den 600 °C heißen Stab – es bildet sich feinporiger Schaum und mein Bier dampft plötzlich. Das Spektakel ist nicht nur schön anzusehen, sondern mein Bier schmeckt auch ganz anders als zuvor. Aufgrund des Hitzeschocks karamellisiert der Restzucker im Bier und gibt ihm einen weichen und intensiven Geschmack. Interessant ist auch, dass mein Bier noch kalt ist aber der Schaum warm, fast wie bei einem Cappuccino nur mit Bier. Dieser Vorgang wird auch als Stacheln bezeichnet und wurde früher vornehmlich in Schmieden angewandt um das zu kalte Bier auf eine trinkbare Temperatur zu bringen.
Auf dem ersten Wolfsburger Bierfest finde ich viele kleine Brauereien, die auf der ganzen Welt zuhause sind und von denen ich zuvor noch nie gehört hatte. Einer der Standbetreiber erklärt mir, dass die großen Brauereien eher auf die Standardbiere setzen, wie Pils oder Weizen. Doch die kleinen Brauer schauen auch mal über den Tellerrand und wagen neue Wege. So wird auch mal das deutsche Reinheitsgebot etwas umgangen, um auch andere Geschmacksnuancen einzubringen. „Braumeister sind keine Giftmischer! Hier will jeder nur leckeres und natürliches Bier brauen!“, sagt mir Reiner, einer der Standbetreiber. Das Reinheitsgebot von 1516 legte fest, dass zur Herstellung von Bier nur Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden dürfen. Diese Regelung sollte vornehmlich davor schützen, dass dem Bier andere Fremdstoffe hinzugefügt werden und es somit verunreinigt wird. „Im Süden von Deutschland wird noch sehr rigoros auf das Reinheitsgebot gepocht. Geht man weiter in den Norden werden die Regelungen immer lockerer“, berichtet mir der Standbetreiber. Der Trend zeigt, dass immer mehr Konsumenten besondere Biere mit verschiedensten Geschmacksvariationen trinken möchten – so wie auf dem Wolfsburger Bierfest.
Wer gerne die Atmosphäre eines Irish Pubs erleben möchte, kommt auf dem Bierfest auch nicht zu kurz. Das „The Wild Geese“ ist mit ihrem mobilen Pub auf dem Fest und bietet den Gästen Köstlichkeiten von der grünen Insel. Kaum zu übersehen aufgrund des überdimensionalen Guinness-Pints auf dem Dach des Wagens.
Nach dutzenden kleinen, leckeren Proben mache ich mich auf den Heimweg. Ich konnte neue Geschmackserlebnisse entdecken und hatte eine Menge Spaß. Ich freue mich schon auf das nächste Bierfest in Wolfsburg. Prost!