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Voodoo im Roemer- und Pelizaeus- Museum in Hildesheim

Was einst 1844 von einem Verein ins Leben gerufen wurde, ist heute eines der bedeutendsten Museen Deutschlands. Und der Museumsverein – die älteste noch aktive Bürgerinitiative der Stadt Hildesheim. Höchste Zeit also, dieses Haus einmal bei uns auf dem Blog vorzustellen. Bei meinem letzten Besuch in Hildesheim war ich so begeistert von den tollen Eindrücken, dass ich mir sicher bin, dass auch der heutige Besuch fantastisch wird. Also nichts wie los, mein Ziel steht ja bereits fest. Das Roemer- und Pelizaeusmuseum in der Hildesheimer Innenstadt.

Ein kurzer Spaziergang

Ganz besonders praktisch finde ich, dass ich von meiner Ankunft am Bahnhof Hildesheim Ost gerade einmal 20 Minuten laufen muss, um zum Museum zu gelangen. Vom Bahnhof aus einmal kurz rechts abgebogen, führt mich der Weg anschließend nahezu ausschließlich geradeaus. Bis ich nach einem herrlichen Spaziergang am Museum angekommen bin.

Ein modernes Gebäude

Vor mir erstrahlt ein sandsteinfarbenes Gebäude mit reichlich Fenstern an der Fassade. Es ist groß und modern. Dennoch passt es sich unheimlich gut in die Umgebung ein. Die großen Fensterfronten spiegeln die Bäume auf dem Grünstreifen vor dem Gebäude und die dahinterliegenden Häuser. Im Sonnenlicht scheint der Stein ein wenig zu Glitzern und die Fensterscheiben glänzen um die Wette. Ein schöner Anblick an einem herrlichen Tag im Frühherbst. Die Außenbestuhlung des Museumsrestaurants „NIL“ wird bereits von einigen hungrigen Museumsgängern genutzt. Angeregt wird sich ausgetauscht. Ich vermute über die Eindrücke, oder vielleicht auch die Erwartungen. Der Kuchen, der mitsamt einem Tässchen Kaffe auf einigen Tischen steht, sieht hervorragend aus. Ich glaube, nach meinem Besuch im Museum werde ich hier auch noch kurz einkehren. Aber zuerst bin ich gespannt auf das was mich im Inneren erwartet.

Was ich schon weiß…

Es ist ein unheimlich vielfältiges Museum. Mit Sammlungen aus über 400.000 Objekten aus verschiedensten Disziplinen. Wie zum Beispiel der Geologie, der Paläontologie, der Ethnologie, der Kulturanthropologie und der Antiken Kulturgeschichte. Aber auch Stadt- und Regionalgeschichte, Kunstgeschichte sowie moderne und zeitgenössische Kunst gehören in die Sammlung. Besonders bekannt ist das Museum aber für seine Altägypten-Sammlung. Diese beherbergt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen altägyptischer Kulturdenkmäler. Es gibt außerdem eine bedeutende Altperusammlung und die zweitgrößte Sammlung chinesischen Porzellans in Europa. Ach, und nicht zu vergessen die Naturkundliche Sammlung. All das konnte ich schon vor meinem Besuch in Erfahrung bringen. Der Hauptgrund für meinen Besuch heute ist aber der exklusive Einblick hinter die Kulissen der neuen Sonderausstellung, die ab dem 19.10.2019 ihre Tore öffnet.

Los geht’s

Im großen, lichtdurchfluteten Eingangsbereich des Museums angekommen wende ich mich zunächst an die Mitarbeiter an der Kasse. Ich habe einen Termin ausgemacht. Damit mir ein wenig über das Museum und die neue Sonderausstellung erzählt wird. Sehr freundlich werde ich von den Damen mit einem Besucherausweis versorgt. Ich drehe mich um und werde sogleich von Museumsdirektorin Prof. Dr. Regine Schulz und ihrem Kollegen Oliver Gauert- Kurator für Sonderausstellungen- in Empfang genommen. Nach einem kleinen Pläuschchen fangen wir direkt mit unseren Rundgang durchs Museum an.

Doppelname

Ich habe mich gefragt woher eigentlich der Name Roemer- und Palizaeus-Museum kommt? Regine erzählt mir, dass es sich um einen Doppelnamen handelt. Dahinter verbergen sich die Nachnamen der Begründer des Museums. Zum Einen Hermann Roemer  und zum anderen Wilhelm Pelizaeus. Beide waschechte Hildesheimer. Hermann Roemer war einst derjenige der gemeinsam mit anderen den Verein zur Gründung des Museums ins Leben rief. Seitdem gilt der Jurist, Senator und Reichstagsabgeordnete Hermann Roemer als Museumsgründer. Im weiteren Verlauf veranlasste und finanzierte er außerdem vielfache Sammlungsbereiche und Ankäufe des Museums. Der Kaufmann Wilhelm Pelizaeus war Kaufmann aus Hildesheim. Bei zahlreichen Reisen nach Ägypten, konnte er viele wertvolle Objekte aus der Altägyptischen Zeit sammeln und schenkte diese 1907 seiner Heimatstadt. Eine sehr bedeutende Sammlung ägyptischer Altertümer, die heute in der Dauerausstellung Ägypten zu bestaunen sind.

Neue Sonderausstellung – Voodoo

Ganz exklusiv darf ich also während meines Besuchs im Museum hinter die Kulissen der neuen Sonderausstellung blicken. Das Thema: mystisch, exotisch, ein wenig gruselig. Aber vor allem hoch Interessant.

Denn das Thema der neuen Sonderausstellung lautet „Voodoo“. Zugegeben, mein erster Gedanke beim Stichwort Voodoo ist nicht unbedingt ein behaglicher. Ich denke an Nadelpuppen und Hexerei. Aber ist nicht gerade das, das was Dinge interessant macht? Ein wenig ab von dem was wir als Norm empfinden. Ein wenig düster. Fremd und unbekannt. Mich jedenfalls hat der Titel neugierig gemacht. Da ich so gar keinen Bezug zum Thema habe, außer der Eindrücke die ich mal in Hollywood-Filmen à la Blair Witch Project gesehen habe, freue ich mich sehr, das Museumsdirektorin Frau Prof. Dr. Regine Schulz und Oliver Gauert, als Kurator der Sonderausstellung sich meiner Annehmen und mir die zukünftigen Ausstellungsräume und bereits ausgestellten Exponate ein wenig erläutern.

Was ist Voodoo eigentlich?

Voodoo, erklärt mir Oliver, ist eine Religion die vor allem in Westafrika (konkret Togo, Benin und Ghana) und der Karibik (Haiti) praktiziert wird. Abgeleitet aus der Fon-Sprache bedeutet das Wort Voodoo „Gott“. Ihre Wurzeln hat die zweitausend Jahre alte Religion aber tatsächlich in Nordostafrika (Ägypten und Sudan). Der Sklavenhandel ist maßgeblich daran beteiligt, dass die Religion sich auch in der Karibik, Nord- und Südamerika ausgebreitet und dort verschiedene neue Ausprägungen entwickelt hat. Deshalb ist es auch besser von mehreren Voodoo-Religionen als nur von einer Voodoo-Religion zu sprechen.

Weltpremiere

Die Sonderausstellung im Roemer- und Pelizaeus-Museum ist eine Weltpremiere und stellt erstmals die Voodoo-Religionen, von beiden Seiten des Atlantiks in ihrer Gesamtheit dar. Auf zwei Etagen werden fast 1.200 Objekte dargestellt. Von aktiven Altären über Statuen und auch Voodoopuppen, finden sich aus allen Ausprägungen der Religion verschiedene Ausstellungsstücke im Museum. Die gesamte Sonderausstellung untergliedert sich in 3 Bereiche. Die afrikanischen Ursprünge, das Vodou (schreibweise der Haitianer) in Haiti und die verwandten Religionen in Kuba und Brasilien.

Afrikanische Ursprünge

Im Bereich „Afrikanische Ursprünge“ wird von der noch älteren Yoruba Religion, die bis heute in Nigeria existiert, die Entstehung des Vodoo hergeleitet. Es werden Exponate, wie die prachtvollen Kostüme der „Egungun“ gezeigt, die als machtgeladen und gefährlich gelten. Das bloße Berühren eines Unbefugten soll den Tod hervorrufen können, erzählt mir Oliver. Vodun, wie die Voodoo Religion in den afrikanischen Ländern in denen die Religion praktiziert wird genannt wird, stellt den Glauben an eine höchste Gottheit und ihre untergeordeneten Geisteswesen in den Mittelpunkt. Oliver erklärt, dass die Anhänger des Vodun glauben, mit Hilfe kleiner Statuetten die spirituellen Kräfte lenken zu können. So soll man mit ihrer Hilfe das Schicksal beeinflussen oder Krankheiten heilen können. In diesem Teil der Ausstellung sehe ich viele, teilweise aktive Altäre. Interessanterweise findet sich hier sogar ein Fußballaltar, der einer afrikanischen Mannschaft bei der WM 2016 geweiht war.

„Vodou“ in Haiti

Wie bereits erwähnt verbreitete sich die Voodoo-Religion vor allem durch den Sklavenhandel auf der anderen Seite des Atlantiks. Deshalb folgt die Ausstellung der Sklavenroute über das Meer in die neue Welt. Im zweiten Teil der Ausstellung geht es um das „Vodou“ in Haiti. Aus dem Vodun der Afrikaner, anderen afrikanischen Religionen und den Glaubensvorstellungen der vorkolonialen Ureinwohner Haitis entwickelte sich diese völlig neue Voodoo-Religion. Gezeigt werden zahlreiche Gemälde haitianischer Künstler, die vom Vodun beeinflusst wurden. Aktive Altäre und eine besonders wertvolle Installation eines Altars, der die Hochzeit zwischen zwei Geistwesen darstellt und so die Verbindung zwischen Afrika und Haiti symbolisiert.

Die Form des hier praktizierten Voodoo ist vornehmlich friedfertig, nichtsdestotrotz haben die meisten Klischees, die wir vom Voodoo kennen ihren Ursprung hier in Haiti, im Vodou. Denn schwarze Magie und Missbrauch der Religion kommen hier vermehrt vor. Hier ist auch die Angst vor Zombies verbreitet. So geht die Ausstellung in diesem Teil auch auf den Missbrauch der Religion ein. Gezeigt werden diverse Exponate, wie Wächterfiguren und Seelenflaschen, die alle der Schwarzmagie entstammen. Mir wird schon ein wenig mulmig zumute, bei den Geschichten von Zombies, die es, wie Oliver sagt, wohl wirklich gibt. Allerdings handelt es sich bei diesen Voodoo-Zombies nicht um blutrünstige Menschenfressende. Es sind wohl in Trance versetzte, die eben wie Zombies anmuten.

Verwandte Religionen in Kuba und Brasilien

Weiter geht unsere Tour in den letzten Teil der Sonderausstellung. Oliver erklärt, dass sich in allen amerikanischen Kolonien in die Sklaven gebracht wurden, unterschiedliche afroamerikanische Religionen entwickelten. Diese mischten sich dann mit Elementen der afrikanischen Ursprungsreligion, dem Christentum und den Glaubensvorstellungen der Urbevölkerung Amerikas. Besonders eindrucksvoll zeige das Beispiel Kubas, wie unterschiedlich die Ausprägungen sein können. In der Ausstellung werden Santeria und Palo, zwei Formen des Voodoo auf Kuba vorgestellt. Noch unterschiedlicher als jene in Kuba seien aber die Ausprägungen der afro-brasilianischen Religionen. Hier wird anhang der Candomblé, der Umbanda- und der Quimbanda Religion aufgezeigt, welche Unterschiede es gibt. Ein Großteil der Exponate in diesem Teil der Ausstellung werden im Rahmen der Voodoo Ausstellung übrigens zum ersten Mal präsentiert.

Farbenfroh und hochinteressant

Insgesamt bin ich beeindruckt von der Komplexität und der Vielfalt der Voodoo Ausstellung. Liebevoll wurde die gesamte Sonderausstellung konzipiert und mit eindrucksvollen Exponaten versehen. Neben den spannenden Fakten und Geschichten zu den Exponaten, bin ich vor allem begeistert von der sehr farbenfrohen Gestaltung der Ausstellungsräume. Besonders im Bereich Haiti und Kuba, wo aufwändig ganze Häuserreihen installiert wurden, in denen die Exponate ausgestellt werden. Außerdem hat man beim Besuch der Ausstellung die Möglichkeit über den Place d’Haiti oder durch nachgebaute Kubanische und Brasilianische Straßenzüge zu spazieren.

Super finde ich auch, aus erster Hand, nämlich vom Kurator der Sonderausstellung und der Museumsdirektorin, alle Informationen zu erhalten. Das ist natürlich nicht jeden Tag möglich. Aber zahlreiche Infotafeln versorgen die Besucher mit allen Infos, versichert mir Regine. Meine Empfehlung ist dennoch, wenn möglich bei einem Besuch von „Voodoo“ an einer der öffentlichen Führungen teilzunehmen. Oder einfach mit mehreren anzureisen und eine individuelle Führung zu buchen. Das geht nämlich auch. Der große Vorteil der sich daraus ergibt, Fragen werden direkt beantwortet und man bekommt auch einige Anekdoten zum ein oder anderen Exponat erzählt. Ich bin jedenfalls restlos von meiner exklusiven Führung begeistert und kann euch einen Besuch nur empfehlen.

Wichtige Termine rund um die Voodoo Ausstellung:

Wissenswertes

Öffnungszeiten des Museums                              

Dienstag – Sonntag: 10.00 – 18.00 Uhr

Karfreitag, Ostersonntag und Ostermontag: 10 – 18 Uhr
Pfingstsonntag und Pfingstmontag: 10 – 18 Uhr
24. und 31. Dezember: geschlossen
25. und 26. Dezember: 10 – 18 Uhr
1. Januar: 10 – 18 Uhr

Eintrittspreise

Erwachsene 10 €
Ermäßigt 8 €
Kinder von 6-14 Jahren 5 €

Ermäßigt 8€ Kinder von 6-14 Jahren 5€ Familienkarte 2 Erwachsene + 2 Kinder

Öffentliche Führungen
Jeden 2. Und 4. Sonntag im Monat um 15:30 Uhr 3€ pro Erwachsenen und 1€ für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren (zzgl. Eintritt)
Buchbare Führungen hier
Veranstaltungen hier
Workshops hier

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