Unser Gastblogger Hayo Göhmann war in einer der 17 Städte in Niedersachsen unterwegs – in Gifhorn.
„Südtor der Lüneburger Heide“ – ich glaube, dieses Motto werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Sogar in der Grundschule wurde es vor 40 Jahren noch gelehrt. Heute spricht man von „Südheide Gifhorn“. Aber diese „kleine“ Stadt im Osten Niedersachsen hat noch viel mehr als nur Ericaceae — das sind dieHeidekrautgewächse. Übrigens bedeutet das althochdeutsche Wort „Heide“ oder „Heyde“ ungefähr soviel wie „unbebautes Land“ und ist Namensgeber der Pflanze und nicht umgekehrt. Genau davon hat aber die Stadt Gifhorn nicht unbedingt viel. Fast 42.000 Einwohner tummeln sich auf etwas über den 100 Quadratkilometern der Stadt.
Aber da muss man erstmal hinkommen! Der naturverbundene Tourist reist natürlich mit der Eisenbahn an. Voller Vorfreude entsteigt er dann am Bahnhof „Gifhorn“ den Nahverkehrszug und … sucht erstmal die Stadt! Vor dem Bahnhof tummelt sich ein Industriegebiet und hinter dem Bahnhof ein Dorf namens Isenbüttel. Wo also ist denn nun eigentlich dieses Gifhorn? Früher hieß der Bahnhof sogar Isenbüttel, aber – und das erklären die Einheimischen immer wieder gern – dann hat die damalige Bundesbahn die Streckenführung geändert und jeder landet erstmal am gefühlten Ende der Welt. Der ehemalige Bahnhof „Gifhorn“ heißt heute „Gifhorn Stadt“ und ist mit einem anderen Zug, Bus oder Taxi zu erreichen.
Ab durch die Mitte
Das Mühlenmuseum übrigens liegt genau auf der anderen Seite der Stadt. Der humanistisch ausgebildete Tourist fühlt sich in die Ilias zurückversetzt und findet sich irgendwann (endlich) am Bahnhof „Gifhorn Stadt“ wieder. Dies ist ein ziemlich guter Start, die Stadt zu erkunden. 300 Meter weiter Richtung Norden beginnt mit dem Schillerplatz das Stadtzentrum. Eine liebevoll gestaltete Fußgängerzone schlängelt sich durch ein Gemisch aus alten und neuen Häusern und unterschiedlichen Geschäften und Restaurants.
Profi-Tipp: Unbedingt auch in die Hinterhöfe schauen! Hier finden sich noch mehr kleine Läden und interessante Gastronomien.
Die „Fuzo“ überwindet auch die beiden Flüsse Aller und Ise, deren Zusammenfluss auch die Stadtgründung vor rund 1.000 Jahren „begründete“. Vor gerade mal 30 Jahren erwähnte Sten Nadolny in seinem Buch „Netzkarte“ auch Gifhorn. In diesem Standardwerk für alle Tramper und Interrailer beschreibt er einen Monat, in dem er die Bundesrepublik mit der Bahn „erfuhr“. Der Absatz über Gifhorn erzählt, dass der Autor die Allerbrücke überquerte und einen jungen Mann beobachtete, der unter der Brücke im Schlamm sein Fahrrad suchte. Als „alter“ Gifhorner bin ich nicht stolz darauf, aber dies kam in diesen Jahren nicht selten vor.
Nach der Allerbrücke geht es weiter bis zum Rathausplatz. Vorher unbedingt, wenn es das Wetter zulässt, in einer der Eisdielen einkehren! Auf dem Rathausplatz rechts abbiegen und man kommt direkt zum Gefängnis. Gut, man KAM direkt zum Gefängnis. Bis weit ins dritte Jahrtausend durften Strafgefangene in Gifhorn im Schloss residieren. Das 1547 wiederaufgebaute Wasserschloss der Weserrenaissance ist unbedingt sehenswert, der Schlosssee unbedingt erwandernswert. Und von dort aus kann man auch das weltberühmte Mühlenmuseum sehen.
Der nächste Blick sollte dann dem eigenen Schuhwerk gelten, denn „das Gute scheint so nah“ – nur auf der anderen Flussseite; aber in Ermangelung eine Brücke sind es noch mal gut eineinhalb Kilometer bis zum Mühlenmuseum. Hier kann man problemlos einen ganzen Nachmittag verbringen, bevor man sich dann auf den langen Weg zurück zum Bahnhof macht.
Hier können Sie einen aktuellen Blick nach Gifhorn werfen:
Und hier gibt es Einblicke ins Mühlenmuseum:
Unser Gastblogger Hayo Göhmann ist in Gifhorn geboren und aufgewachsen und wir danken ihm für seinen persönlichen Blick in die Straßen von Gifhorn.