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Frau von der Schulenburg und die Pädagogik

Verden Nachts allein im Historischen Museum Domherrenhaus: Julia Nehus alias Frau von der Schulenburg liest vor.

Wie Julia Nehus Geschichte im Domherrenhaus erlebbar macht

Mein Weg führt mich heute in das Domherrenhaus, wo ich mit Julia Nehus verabredet bin, seit 2016 ist sie Museumspädagogin im Haus. Das Domherrenhaus ist das historische Museum in Verden und befindet sich in einer herrschaftlichen Hofanlage aus dem Jahre 1708, nur zwei Minuten vom Dom entfernt. Auf drei Etagen kann der Besucher die Verdener Stadtgeschichte entdecken. Von überregionaler Bedeutung sind die „Lehringer Funde“ aus der Steinzeit.

Der barocke Innenhof strahlt eine besondere Ruhe aus. Mit seinen Sitzbänken lädt er zum Ausruhen und Kraft schöpfen ein. Ein guter Ort, um die Seele baumeln zu lassen und vielleicht ein Pläuschchen mit Frau von der Schulenburg zu führen. Aber dazu später mehr!

Das Domherrenhaus-eine kulturelle Oase mitten in der Stadt

Das Domherrenhaus ist ein ganz besonderer Ort und ich treffe heute eine besondere Person, die Museumspädagogin Julia Nehus. Ich bin also sehr gespannt, was ich heute alles über den Beruf einer Museumspädagogin erfahren werde. Julia Nehus führt mich direkt an ihren Arbeitsplatz und ich bekomme schon eine leise Ahnung, als ich den Raum, in dem die Museumspädagogik beheimatet ist, betrete.

Gespannt bin ich auf die Biografie von Julia Nehus. Denn diese symphytische Frau hat mir bestimmt jede Menge zu sagen. Sie erzählt mir, dass sie eine Musicaldarsteller- und Tanzpädagogik- Ausbildung absolviert hat und eigentlich Quereinsteigerin in der Museumspädagogik ist. Nach der Ausbildung an der Berufsfachschule für Tanz der Staatsoper Hannover folgte ein Fernstudium für Gesundheitspädagogik an der Sporthochschule in Köln. Nebenbei arbeitete Julia Nehus noch als Moderatorin beim Radiosender ffn. Sie bekam ein Stipendium am Broadway Dance Center in New York, wo sie kostenfrei trainieren konnte, aber auch unentgeltlich bei den Vorstellungen des Theaters auftreten musste. Julia Nehus schmunzelt und erzählt, dass sie bei einer Aufführung einen Weihnachtsbaum dargestellt hat. Danach folgten Engagement bei verschiedenen Theatern und Episodenrollen in Fernsehproduktionen.

Julia Nehus – eine Frau mit vielen Talenten

Doch zurück ins Jetzt. Julia Nehus ist seit 21 Jahren in Verden und wirklich ein Multitalent in Sachen städtischem Engagement. Sie war aktiv bei „Tanz macht Schule“ mit dabei, hat Ballettunterricht gegeben und ist von 2003-2017 Choreographin bei den Domfestspielen gewesen, wo sie Dr. Emigholz, den früheren Leiter des Domherrenhauses, kennengelernt hat. Sie hat in dieser Zeit eigene Theaterstücke geschrieben und auf die Bühne gebracht, war als Autorin tätig und kulturpädagogisch in ganz Norddeutschland unterwegs. Dr. Emigholz machte ihr 2013 das Angebot, als Museumspädagogin im Domherrenhaus zu arbeiten. Doch erst drei Jahre später entscheidet sie sich, das Angebot anzunehmen und ein neues Kapitel in ihrem Leben aufzuschlagen.

Zuerst war Julia Nehus skeptisch, ob sie der neuen Aufgabe auch wirklich gewachsen sei, aber dann sagte sie sich: ich kann gut mit Menschen, ich kann gut mit Kindern und ich kann Veranstaltungen, ich stelle mich der Herausforderung mit meinem Leitsatz: „Wenn nur der Mut fehlt, dann mach ich‘s!“

Und dann nahm sie die Sache in Angriff, unterstützt von Dr. Emigholz, der ihr immer wieder zur Seite stand und sie in ihrer Arbeit unterstützte.

Museumspädagogin – eine abwechslungsreiche(r) Beruf(ung)

So ist die Museumspädagogin verantwortlich für die Entwicklung und Durchführung von pädagogischen Programmen und Konzepten im Museum. Ihre Aufgabe ist die Organisation von Führungen, Workshops, Vorträgen, das „Bespielen“ der Sonderausstellungen und anderen Bildungs- und Vermittlungsaktivitäten für Besucher, die alle Altersgruppen umfassen.

Sie arbeitet mit den Lehrern unserer Schulen zusammen, um maßgeschneiderte Programme für Schulklassen zu erstellen. Dazu hat Julia Nehus den Museumskoffer erfunden, ein Museum in Kofferformat. Mit diesem Koffer kommt sie direkt in die Schulen, in den Kindergarten und macht Lust auf einen Besuch des Domherrenhauses.

Sie begeistert kleine und große Menschen von 4-99 Jahren mit ihrer Arbeit. Als ausgebildete, darstellende Künstlerin bringt sie außerdem ein Hauch Theaterluft in das Museum.

Unter anderem hat Julia Nehus zwei Figuren für das Museum ins Leben gerufen. Somit ist sie nicht alleine bei ihrer Arbeit: Unterstützt wird sie von Phibie, der Museumsmaus, die ursprünglich aus England stammt, Zeitreisende und zudem eine gute Freundin von Frau von der Schulenburg ist. Frau von der Schulenburg ist die ehemalige Gattin des Erbauers des Domherrenhauses. Sie wohnt auf geheimnisvolle Weise auf dem Dachboden des Museums und mischt sich ab und zu vehement in die Belange des Museums ein. Besonders, wenn Kinder da sind. Da achtet sie schon sehr auf Benimmregeln, die aber leider schon 400 Jahre alt und nicht mehr ganz „up to date“ sind. Gespielt wird Frau von der Schulenburg natürlich von Julia Nehus und die Kinder haben großen Spaß, wenn Frau von der Schulenburg Unsinn treibt oder sich darüber mokiert, dass Mädchen Hosen tragen.

Hausherrin Frau von der Schulenburg -nachts alleine im Museum

Ein Raum für aktives Erleben

Aber natürlich gibt es noch weit mehr zu tun: Das Organisieren von speziellen Kindergeburtstagen unter dem beispielhaften Motto „Leben im Mittelalter“, die in dem Raum stattfinden, wo wir gerade sitzen. Der Raum hat an jeder Wand verschiedene Themenbereiche – von der Steinzeit und dem Mittelalter über Klaus Störtebeker bis zum Leben im 19. Jahrhundert.

Der kleine Medicus

Mit der alten Apotheke, die auch im Raum steht, mischt sie mit den Besuchern aus Kräutern unter dem Motto „Der kleine Medicus“ Öle und Salben von früher. Museumsführungen werden für die Kindergärten, für Grundschulen, aber auch für höhere Schulklassen angeboten. Ebenso Führungen für Flüchtlinge, die dadurch die Möglichkeit haben, ihren Ort, in dem sie leben, besser kennenzulernen. Ein Weihnachtstheater findet für die ganze Familie in der Adventszeit statt. Das Ferienprogramm der Stadt Verden in diesem Jahr widmet Klaus Störtebeker einen Vormittag im Domherrenhaus. Dieser soll der Stadt Verden kurz vo seiner Hinrrichtung im Jahre 1401 ein vermächtnis in Form einer jährlichen Verteilung von Brot und Heringen(Lätarespende) sowie Kirchenfenstern für den Dom hinterlassen haben.

Die alte Apotheke und die Zutaten zur Herstellung von salben und Ölen!

Der „Blue Thursday“

2016 hat Julia Nehus die Persönlichkeitsreihe „Blue Thursday“ ins Leben gerufen. Berühmte Persönlichkeiten aus der ganzen Welt werden von bekannten Personen aus Verden zum Leben erweckt. Dieses Jahr dabei: Marco Polo, Helmut Newton, Giacomo Puccini und Frida Kahlo.

Hier geht´s zu den Terminen

Eine Kapsel auf Zeit

Das nächste große Projekt in Kooperation mit dem Deutschem Pferdemuseum ist auch schon geplant. Im Jahr 2025 wird eine Zeitkapsel, mit allen Beteiligten, im Innenhof des Domherrenhauses vergraben und nach 75 Jahren, also im Jahr 2100, wieder geöffnet. Dieses und den festgelegten Zeitpunkt der Ausgrabung wird das Stadtarchiv in seinen Chroniken hinterlegen. Für die Füllung der Verdener Zeitkapsel sollen verschiedene Institutionen wie Kindergärten, Schulen oder Seniorenheime mitmachen, ein Querschnitt durch die heutige Gesellschaft wird gesucht. Denn jede Altersgruppe hat ihre eigenen Pläne, eigene Sprache, Wünsche, Ideen, Kreativität und Herausforderungen. Wie nehmen die jetzigen Bürger die Stadt wahr und wie werden das die Bürger in 75 Jahren sehen? Vielleicht ist bei der Ausgrabung im Jahr 2100 das eine oder andere Kindergarten-oder Schulkund von heute dabei und sieht, wie sich das Leben in den 75 Jahren verändert hat, welche Wünsche erfüllt wurden und welche nicht. Ein spannendes „Outreach Projekt“ erwartet Verden.

„I did it my way“

Julia Nehus gibt mir einen letzten Satz mit auf den Weg: „Meine Aufgabe erfüllt mich sehr und ich brenne für meinen Job“. Ein Satz der zeigt, wie sehr sich Julia Nehus mit ihrer Aufgabe als Museumspädagogin identifiziert.

Alle Informationen über die Museumspädagogik sind hier zu finden.

Verden mag klein sein, aber ich bin immer wieder überrascht, wie viele interessante Persönlichkeiten in unserer schönen Domstadt leben und arbeiten.

Veranstaltungstipps für das Domherrenhaus

Und habe gleich einen letzten Veranstaltungstipp: Mensch, wir müssen reden –das Museumsgespräch. In der Veranstaltungsreihe geht es um Menschen aus unserer Mitte, die einen Einblick in ihren Lebensweg geben, der in vielerlei Hinsicht interessant und ungewöhnlich ist. Gäste von Julia Nehus im Museumstalk 2024 findet ihr hier.

Lust auf eine Kräuterwanderung?

Ach übrigens, wer eine Kräuterwanderung in Fischerhude unternehmen möchte, ist bei Julia Nehus goldrichtig. 2021 machte sie eine Fortbildung zur Thematik Phytologie und Pflanzenkunde, um in der Corona Zeit etwas Schönes und Sinnvolles zu tun. Ein Jugendtraum, der nun erfüllt ist. Ihr Zuhause hat sie mit ihren beiden Kindern im Künstlerdorf Fischerhude gefunden und auch dort fühlt sie sich unter anderen Künstlern angekommen.

Bildmaterial :

Katja Ludwig© Bildarchiv der Stadt Verden (Aller) und Bildrechte Domherrenhaus Verden

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