Mein Tipp für „Nach dem Fest“: Raus an die frische Luft. Das ist in Osnabrück nie ein Problem – die Stadt liegt mitten in einem Naturpark. Noch besser wäre die Nordsee. Zu weit? Nein, denn vor den „Toren“ der Stadt kann man diese frische Brise Nordsee inhalieren. Klingt unglaubwürdig – stimmt aber. Ich spreche von den Gradierwerken oder Salinen in Bad Rothenfelde. Dass man hier während der dunkelsten Phase im Jahr diese Riesengebilde als Leinwand und Projektionsflächen nutzt, ist einfach nur perfekt und ein ideales Gegenmittel gegen: Winter, dunkel, farblos.
Die größte und gesündeste Leinwand steht im Osnabrücker Land
„Licht“ klingt im Zusammenhang mit Winter ja immer gut. Und hinter lichtsicht 5 steht „ein weltweit einzigartiges Forum internationaler Projektions- und Lichtkunst im öffentlichen Raum“, sagen die Macher – und das mit dem „einzigartig“ kann ich in jeder Hinsicht unterstreichen. Der „öffentliche Raum“ ist der Kurpark von Bad Rothenfelde, etwa 20 Autominuten von Osnabrück entfernt. Die „Leinwand“ ist rd. 1000 Meter lang, gut 11 Meter hoch und besteht aus Schwarzdornsträuchern. Und: sie riecht nach Nordsee.
Sieht aus, als brennt der Wald. Ist aber nur eine Projektion auf Schwarzdornsträucher
Besser bekannt sind diese Holzständerbauwerke als „Salinen“. Sie wurden früher zur Salzgewinnung genutzt und übernahmen die Funktion der Salzwiesen. Die Rothenfelder Salinen sind etwa 200 Jahre alt. Die feinen Verästelungen des Schwarzdorns vergrößerten die Verdunstungsfläche für das Sole-haltige Quellwasser enorm. Erst später erst nutzte man auch den positiven gesundheitsfördernden Nebeneffekt, der bei der „Abrieselung“ entstand: eine permanente Brise Nordseeluft im Binnenland.
Es gibt nur noch wenige Salinen in Deutschland – ihre Unterhaltung ist kostspielig und Salz gibt‘ s für 0,29 € im Supermarkt. Das Ganze „lohnt“ sich nur als „Freiluft –Inhalatorium“ in Verbindung mit weiteren Angeboten eines Kurortes – der Rothenfelde seit 1905 ist. Das Gradierwerk in Bad Rothenfelde ist das größte in Westeuropa. Mit seinen beiden Salinen kommt es auf eine Rieselfläche von 10.000 m2. Und diese 10.000 m2 werden während der Lichtsicht zu den größten und zugleich gesündesten Leinwänden – das alles bei freiem Eintritt. Darauf ist der Kurort ist zu Recht stolz.
Mein Favorit: Ich habe ihn den Funeral-Zug „getauft“. 13 Minuten lang, nachdenklich und traurig bis heiter.
Diese Prozession schattenhafter Figuren wird von einer südafrikanischen Brass-Band begleitet. Teilweise erinnert mich der Zug an einen mittelalterlichen Totentanz, manchmal an eine politische Demonstration. Er weckt aber auch Assoziationen zu religiösen Aufzügen, fröhlichen Paraden und zu Flüchtlingsströmen. Fast wie eine Karikatur vom Lauf des Lebens durch die Zeiten. „Ein allgemeines Symbol für Bewegung, politische Prozesse, Aktivismus und für den Lauf der Geschichte“, schreiben dazu die Kuratoren.
Begeistert hat mich auch das hier: Eine Wassertänzerin projiziert auf eine Wasserfontäne am Ende des großen Gradierwerkes. Eyal Gever ist der Künstler. Mit 3D-Simulationstechnik erschafft er das virtuelle bewegte Bild einer Tänzerin, deren Körper aus Wasser zu bestehen scheint. Ihr Körper löst sich permanent auf und entsteht neu. Ungeheuer zart und zerbrechlich – dazu die Musik. Hier werden die meisten Leute einfach mal still.
A garden of parallel paths
Das hier ist natürlich nur eine kleine Auswahl. Sehr cool sind auch die interaktiv angelegten Projektionen, bei denen Du mittels App das Geschehen auf der „Leinwand“ beeinflusst. „Die neueste Stufe der Projektionskunst ist (…) Daten- und Informationskunst. Die lichtsicht 5 möchte dieser Entwicklung Raum geben“, sagt Peter Weibel, Künstlerischer Leiter der lichtsicht 5.
Meine drei Tipps für die Lichtsicht 5: 1. Bisschen früher zu einer kleinen Wanderung durch den Teutoburger Wald starten und dabei unbedingt eine Kaffeepause auf der Bismarck Hütte einplanen. Da ist es im Winter gemütlich-kuschelig und bis zum Kurpark sind es nur 20 Minuten Fußweg; 2. Unbedingt 3D-Brille besorgen (oder eigene vom letzten Kinobesuch mitbringen – die sind bisweilen vor Ort ausverkauft; 3. Versuchen, noch eine Führung zu bekommen. Macht das Ganze noch eindrücklicher : Lichtsicht- Besucherinfos
Noch mehr frische Luft nach den Festtagen weht euch auf jeden Fall auf dem Piesberg um die Ohren – meinem Lieblingsort in Osnabrück und zwar zu jeder Jahreszeit.
Noch mehr Lichtkunst im Freien gibt es im Winter mitten in der Altstadt von Osnabrück. Lichte Momente nutzt die Fassaden und Gemäuer seit einigen Jahren und in Kooperation mit dem EMAF als Plattform für Medienkunst.
Na dann: Frohe Festtage und danach – einfach mal rausgehen.