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Im Westen viel Neues

Bierstraße und blaue Stunde

Mit dem Reiseführer des Zufalls durch Osnabrück, so lautet mein Plan. Um eine der Anregungen in dem kleinen Büchlein umzusetzen, nämlich zu erleben, was die sogenannte blaue Stunde mit einer Stadt macht, entscheide ich mich für die Anreise aus Göttingen am Vorabend. Vom Hotel bummele ich in Richtung Rathaus, was keine zehn Minuten dauert. Der erste Straßenname, den ich auf meinem Weg wahrnehme, lässt hoffen: Bierstraße steht auf dem Schild und ich muss lachen, obwohl ich ja eher ein Wein-Fan bin. Durch ein winziges Gässchen links ab stehe ich plötzlich auf dem dreieckigen Marktplatz. Neben mir die Stadtwaage, hinter mir das Rathaus . Es nimmt sich direkt neben der imposanten Kirche St. Marien mit Ihrem mächtigen Glockenturm, zahlreichen kleineren Türmchen und Bögen, fast zierlich aus. Zusammen mit dem Kopfsteinpflaster, das den Marktplatz, und viele Straßen der Altstadt, bedeckt, habe ich den Eindruck in einer Mittelalter-Kulisse zu stehen. Wunderschön ist das anzusehen.

Wie im Mittelalter: Das Rathaus und die mächtige Kirche St. Marien.
Foto: Christoph Mischke

Feierabend mit Heißluftballon

Überraschend: Ein Heißluft-Ballon schwebt über der Altstadt.
Foto: Christoph Mischke
Feierabend: Die Osnabrücker lieben augenscheinlich ihren Marktplatz.
Foto: Christoph Mischke

Ein tief fahrender Heißluftballon in der Abendsonne fängt meinen Blick und lenkt ihn auf eine Reihe von ockerfarbigen Bürgerhäusern mit treppenförmigen Staffelgiebeln. Der Ballon scheint direkt dahinter landen zu wollen, steigt dann aber wieder auf. Außer mir nimmt davon allerdings kaum jemand Notiz. Vermutlich kommt es häufiger vor. Ich entdecke eine Katze auf dem Pflaster, die sich über ein paar Kartoffelchips hermacht und ziemlich zahm ist. Jedenfalls macht es ihr nichts aus, als ich ihr mit der Kamera dicht auf das Fell rücke. Auch ich habe jetzt Hunger und finde einen freien Platz vor der „Marktschänke“. Die Außenbestuhlung der umgebenden Restaurants und Kneipen ist gut gefüllt. Die Osnabrücker und ihre Besucher genießen offenbar kollektiv diesen wunderbar lauen Sommer-Feierabend.

Unterstützung für „Mikesch“

Wird von den Gastronomen umsorgt: Der herrenlose Straßenkater „Mikesch“.
Foto: Christoph Mischke

Meine Frage nach der Weinkarte beantwortet die Bedienung freundlich schmunzelnd mit „Wir haben weiß oder rot“. Weiß entpuppt sich als frischer Grauburgunder. Auf den Tipp im Reiseführer des Zufalls, in Restaurants nur die Nummer 12 zu bestellen, verzichte ich. Erstens ist es nur eine Empfehlung und zweitens ist das zwölfte Gericht auf der Karte ein Kinderteller. Ich wähle die Marktplatzpfanne mit drei verschiedenen Steaks, phantastischen Bratkartoffeln, Speckbohnen und Sauce Hollandaise. Schmeckt klasse und ist äußerst reichlich bemessen.

Während ich glücklich futtere, sitzt auf einmal die Katze von vorhin neben mir. Sie bettelt nicht, sitzt einfach nur da. Von der Bedienung erfahre ich, dass es ein Kater ist, den sie „Mikesch“ getauft haben. Er hat kein Zuhause und lebt schon ein paar Jahre hier in der Gegend. Die Gastronomen kümmern sich um ihn und geben ihm zu fressen. Im benachbarten „Il Paradiso“ soll es sogar ein Sparschwein für den Straßenkater geben, um Futter zu kaufen und Tierarztbesuche zu ermöglichen. Ich bin von so viel Empathie gleichermaßen beeindruckt und gerührt.

Theater im Jugendstil

Vorstellungsende: Das hübsche Jugendstil-Gebäude des Theaters Osnabrück.
Foto: Christoph Mischke

Die Sonne ist inzwischen untergegangen und ich schlendere durch die Straßen in Richtung Schloss. Ich komme am Dom mit seinen beiden Westtürmen vorbei. Der Linke ist nicht nur zierlicher als der Rechte, er besitzt auch romanische Rundbogenfenster, im Gegensatz zu seinem Pendant mit gotischen Spitzbögen. Merkwürdig. Aus dem benachbarten Theater, einem hübschen Jugendstil-Haus, strömen viele junge Menschen auf den Domhof. Das derzeit gespielte Tanzstück „Bauhaus Bolero“ ist wohl sehr erfolgreich. Ich schleiche, weil es immer noch sehr warm in dieser Nacht ist, durch die recht unbelebte Fußgängerzone.

Bierchen am Barockschloss

Ledenhof: Historisch getreue Malerei aus Bändern in Weiß und Gelb .
Foto: Christoph Mischke
Stilvoller Arbeitsplatz: Das Schloss ist Sitz der Universitäts-Verwaltung.
Foto: Christoph Mischke

Ein Stück weiter, am Ledenhof, dass als bedeutendstes bürgerliches Bauwerk der Stadt gilt, dringt Musik an mein Ohr. Einige Jugendliche feiern im parkähnlichen Bereich dahinter. Gegenüber liegt das abends wunderbar angestrahlte ehemals fürstbischöfliche Barock-Schloss. Es beherbergt seit 1974 die Verwaltung der Osnabrücker Universität. Nicht schlecht. Im rechten Teil des Areals befindet sich das Restaurant Uni-Keller. Hier tobt das pralle Leben. Auf der Wiese davor treiben die Studierenden mit einem Bierchen auf der Hand und zu lauter Musik allerlei lustige Spielchen. Es erinnert mich ein wenig an die O-Phase in Göttingen.

Meditative Stille

Magisches Licht: Stille an der Katharinenkirche.
Foto: Christoph Mischke

Nur einige hundert Meter zurück in Richtung Rathaus umfängt mich an der Katharinenkirche eine fast meditative Stille. Niemand außer mir scheint hier auf der Straße zu sein. Ein einsamer Radfahrer erschreckt sich ziemlich, als ich, mit der Kamera vor im kauernd, im Licht seiner Lampe auftauche. Sorry. Das Bild, dass sich mir bislang von Osnabrück bietet, ist sehr angenehm, ruhig und unaufgeregt. Die blaue Stunde verstärkt diesen Eindruck nochmals und taucht die Stadt in ein magisches Licht. Für heute soll es aber genügen und ich gehe zurück zum Hotel. Eine Turmuhr schlägt Mitternacht.

Blick von der Marienkirche

Bunte Ziegel: Interessant gestalteter Steingiebel am Hasetorwall.
Foto: Christoph Mischke
Aussichtsplattform in 50 Metern Höhe: die Kirche St. Marien.
Foto: Christoph Mischke

Nach dem Frühstück, das Thermometer verspricht um 9 Uhr mit 26 Grad wieder einen heißen Sommertag, gehe ich wieder auf Tour. Die Kunsthalle am Hasetorwall hat noch geschlossen und ich entdecke gegenüber einige wunderschöne Steingiebel an den Häusern. Ich betrachte sehnsüchtig den wuchtigen Wehrturm „Bürgergehorsam“ aus dem 15. Jahrhundert. 3,5 Meter dick sollen seine Mauern sein. Sicher schön kühl darin. Apropos kühl: Mein Blick fällt auf die Aussichtsplattform der Marienkirche. Bestimmt hat man von dort oben einen tollen Blick über die Stadt und es geht wahrscheinlich auch ein frisches Lüftchen. Anregungen aus dem „DSCVR“ müssen noch warten, ich entdecke auch so genug. Eigentlich darf der Turm, wie ich in der Kirche erfahre, nur Sonntagsvormittags und in Begleitung bestiegen werden, aber eine glückliche Fügung macht es möglich, dass ich heute trotzdem hinauf darf.

Entdecken ohne „DSCVR“

Hoch hinaus: Ein prächtiger Ausblick bietet sich mir vom Turm der Marienkirche.
Foto: Christoph Mischke

Eine steinerne Wendeltreppe und etliche Metallstiegen später stehe ich oben und es eröffnet sich mir der erwartet prächtige Ausblick über die Stadt und das Umland. Ich mache ein paar Bilder und bekomme einen Mordsschreck, als plötzlich das Stundengeläut schlägt. 80 Zentimeter über meinem Kopf schlagen die Klöppel schrill gegen die Glocken. Ohren zuhalten, heißt die Devise. Hätte der Kirchenmann unten ja einmal erwähnen können, denke ich. Später sagt er mir, dass das die fünf Glocken im großen Geläut nur zu Gottesdiensten und an Festtagen in Betrieb genommen werden.

Irgendetwas sträubt sich in mir, den Reiseführer des Zufalls zu Rate zu ziehen, denn ich ziehe auch so entspannt meine Kreise. Aber sei’s drum. Ich bitte den Fahrer eines Motorrollers mit OS-Kennzeichen mir eine Zahl zwischen eins und 17 zu nennen, denn so sind die Sehenswürdigkeiten auf dem Stadtplan der Tourist-Information durchnummeriert. „Elf“, sagt der Mann und verzieht keine Miene. Die Elf ist das Erich Maria Remarque-Friedenszentrum. Das wird ein kurzer Weg, denn zufällig stehe ich genau davor.

Simplicissimus und Kladderadatsch

Sonderausstellung: Friedrich Ebert im Spiegel der Karikatur.
Foto: Christoph Mischke

Im Vorraum läuft derzeit eine kleine aber feine Ausstellung mit dem Titel „Darüber lacht die Republik – Friedrich Ebert und <seine> Reichskanzler in der Karikatur “. Rund 70 Zeichnungen aus unterschiedlichen humoristisch-satirischen Zeitschriften der 1920er-Jahre, wie Simplicissimus oder Kladderadatsch, nehmen Ebert und jene Kanzler ins Visier. Namen wie Philipp Scheidemann, Constantin Fehrenbach, Wilhelm Marx oder Gustav Stresemann stehen neben dem ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik in der satirischen Kritik der Zeichner – mal harmlos-lustig, mal drastisch-derb.

Im Westen nichts Neues

Berühmter Sohn der Stadt: Leben und Werk von Erich-Maria-Remarque.
Foto: Christoph Mischke
Bestechend: Remarques Todesmaske von Remo Rossi.
Foto: Christoph Mischke

In der eigentlichen Hommage an Remarque, den berühmtesten Sohn der Stadt, erfährt der Besucher alles über Leben und Werk eines der erfolgreichsten Schriftsteller aller Zeiten. Es gibt wohl kaum jemanden, der seinen Bestseller „Im Westen nichts Neues“ aus dem Jahr 1929 nicht gelesen hat. Das Buch wurde in über 50 Sprachen übersetzt und verkaufte sich bis heute weit über 20 Millionen Mal. Ausführlich thematisiert werden Remarques Kindheit, sein privates Leben, seine Erlebnisse als Soldat, seine berufliche Ächtung durch die Nationalsozialisten, seine persönliche Entrechtung und die anschließende Flucht in die Schweiz.

Stalken vs. Fotografieren

Farbig auf Holz…
… oder auf Stein: Häuserschmuck in den Gassen der Altstadt.
Fotos: Christoph Mischke

Puh, das war jetzt viel Information in kurzer Zeit, nichts wie raus in die Altstadtgassen. Hier ist es zwar heiß, aber eben auch viel lebendiger. Ich schlendere durch die Heger Straße, die zur Abwechslung nicht mit Kopfstein, sondern mit schmalen roten Riemchen gepflastert ist. Kleine schmucke Häuschen reihen sich aneinander, mit süßen kleinen Lädchen, die vermutlich alle inhabergeführt sind. Ich versuche, einem hoffentlich einheimischen jungen Mann zu folgen, was auch eine Anregung aus dem Reiseführer des Zufalls ist, und fühle mich dabei wie ein Stalker. Im Laufen fällt mir der hübsche Häuserschmuck auf, der einige Fassaden ziert. Ich mache ein paar Fotos und… weg ist der junge Mann. Blöd.

Salz und Gin

Auch der zweite Versuch scheitert. Dieses Mal „verfolge“ ich eine mutmaßliche Hausfrau, die allerdings bald in einem privaten Hauseingang verschwindet. Dumm gelaufen. Ich entschließe mich, das kleine Anregungsbüchlein von nun an in der Tasche zu lassen, weil es mich von meinen Entdeckungen eher abhält, als mir neue Eindrücke zu verschaffen. Außerdem habe ich keine Lust, nur Dinge in einer bestimmten Farbe oder die Rückseiten von Sehenswürdigkeiten zu fotografieren. Auch „das hässlichste Souvenir der Stadt“ interessiert mich nicht wirklich. Bei einer Stippvisite in der Tourist-Information sind mir allerdings zahllose hübsche und regional geprägte Andenken aufgefallen – von liebevoll gestalteten Ansichtskarten über Salz-Spezialitäten bis zu Gin. Immerhin, „DSCVR“ war einen Versuch wert.

War nie Teil einer Wehranlage: Das Heger Tor.
Foto: Christoph Mischke

Libeskind meets Nussbaum

Libeskinds Werk: Der Eingang zum Felix-Nussbaum-Haus.
Foto: Christoph Mischke

Das stürmische Klingeln zweier junger Radfahrerinnen reißt mich aus meinen Gedanken Ich stehe nämlich etwas unglücklich auf der Fahrrad-Rampe am Heger Tor. Das freundliche Lächeln der Radlerinnen entschädigt mich für den Schreck. Ich kreuze den Heger-Tor-Wall auf dem Weg zum Felix-Nussbaum-Haus, das ich auf einem Hinweisschild des Museumsquartiers Osnabrück entdeckt habe. Ich bin gleichermaßen gespannt auf die Architektur von Daniel Libeskind wie auf die Werke des jüdischen Malers, der, ebenso wie seine Frau Felka Platek, 1944 im KZ Auschwitz-Birkenau von den Nazi-Schergen ermordet wurde.

Die Gefühlswelt eines Malers

Sackgasse: Viel Raum für die Bilder in den asymmetrisch geschnitten Sälen.
Foto: Christoph Mischke
Nussbaums bekanntestes Werk: Das „Selbstbildnis mit Judenpass “ .
Foto: Christoph Mischke

Kahle Betongänge- und rampen prägen den Raum und schaffen, zumindest bei mir, ein Gefühl der Beklemmung. Das ist, wie ich erfahre, durchaus beabsichtigt. Nicht immer ist sofort ersichtlich wo sich der Rundgang durch das Museum fortsetzt und ich lande häufig in einer Sackgasse der völlig asymmetrisch geschnittenen großen Räume. Nur an wenigen Stellen dringt Tageslicht durch sehr schmale bandwurmartige Fensterschlitze in die auf drei Ebenen verteilten Säle. Nussbaums Bilder zeichnen seinen Lebensweg chronologisch nach und sind mit viel Freiraum gehängt. Seine jeweilige Gefühlswelt zeigt sich an Themenwänden, die mit Heimat, Zerstörung, Einsamkeit, Vertreibung oder Gefangenschaft betitelt sind. Man sieht seinen Werken an, in welcher Lebensphase er sie gemalt hat. Der Betrachter kann die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit, die Ohnmacht und die Angst des Künstlers förmlich spüren. Das ist auf viele unterschiedliche Weisen zutiefst beeindruckend.

Der Spinat ist aus

Plastisch: Der Bürgerbrunnen zeigt Szenen aus der langen Stadtgeschichte.
Foto: Christoph Mischke
Pause: Crostini und Kaffee vor dem „Barösta“ in der Redlingerstraße.
Foto: Anja Hehmann

Ich merke nun, dass meine Speicherkapazität für neue Informationen allmählich erschöpft ist und beschließe etwas zu essen. In der Redlingerstraße, einem kleinen, alternativ angehauchten Kiez, werde ich bei „Barösta“ fündig. Der Kaffee aus der hauseigenen Rösterei ist hervorragend und die mit Avocado, hausgemachtem Pesto, pochiertem Ei und Rucola belegten Crostini sind ebenfalls zum Niederknien. Obwohl, wie die Bedienung glaubhaft bedauert, der Spinat aus ist. Das morgens noch angekündigte schwere Gewitter mit Orkanböen und Hagelschlag entpuppt sich Gott sei Dank nur als zehnminütiger kräftiger Schauer, den ich vor dem kleinen Kaffeehaus sitzend locker überstehe.

Spielplatz inmitten der Gastronomie

Vergnügen für Kinder und Eltern: Spielplatz am Adolf-Reichwein-Platz.
Foto: Christoph Mischke
Straßenmusik: Die Combo begeistert die Menschen am Nikolaiort .
Foto: Christoph Mischke

Gestärkt, wenngleich auch erschöpft von der Sonne und dem vielen Laufen, drehe ich noch eine kleine Runde. Am Adolf-Reichwein-Platz fällt mir ein riesiger Kinderspielplatz auf, mit hölzernen Spielschiffen und einer Unmenge Sand. Die Kids hier haben sichtlich ihren Spaß während die Eltern praktischerweise an einem der unmittelbar angrenzenden Gastronomie-Tische Platz für ein kühles Getränk finden. Am Nikolaiort ist jetzt nahezu jeder Außenplatz besetzt und eine vermutlich osteuropäische Vier-Mann-Kapelle begeistert die Gäste mit Saxophon, Klarinette, Akkordeon und Standbass. Allerfeinstes Entertainment bieten die Herren bei Musik von Take Five bis Rock’n’Roll.

Größtes Triumphkreuz Niedersachsens

Oase der Ruhe: Kreuzgang und Domherrenfriedhof im Dom St. Petrus.
Foto: Christoph Mischke
Sechs Meter hoch: Das Triumphkreuz im Dom ist das größte Niedersachsens.
Foto: Christoph Mischke

Wieder flüchte ich vor der Hitze in ein Gebäude, denn ich möchte den Dom St. Petrus unbedingt von innen sehen. Von der Südseite her betrete ich das Areal durch einen wunderschönen Kreuzgang, der von zwei Seiten den Domherrenfriedhof umrahmt. Eine Oase der Ruhe. Das Innere der Bischofs-Kathedrale ist relativ schmucklos, aber trotzdem überaus beeindruckend. Ich hatte mir diese riesige Kirche irgendwie prunkvoller vorgestellt. Der goldene Flügel-Altar und das davorhängende farbige Triumphkreuz allerdings erstrahlen vor dem grau-weißen Mauerwerk.

Das gotische Kreuz mit einer Höhe von sechs Metern ist das größte Triumphkreuz Niedersachsens und gleichzeitig Wahrzeichen des Doms. Im Seitenschiff zünde ich noch eine Kerze für meine Lieben an, die nicht mehr unter uns sind. Das mache ich grundsätzlich, wenn ich ein Gotteshaus besuche. Aufgrund der Ankündigung weiterer schwerer Gewitter, ich „bedanke“ mich gleich vor Ort beim Wetter-Propheten dafür, belasse ich es bei einem eher flüchtigen Rundgang durch die Kirche. Wohl wissend, dass ich den Kunstschätzen nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit widme. Aber schließlich stehen ja noch drei Stunden Rückfahrt an.

Reif für Osnabrück

Schön war es: Wie die weiße Taube an St. Marien mache ich den Abflug.
Foto: Christoph Mischke

Auf dem Weg zum Auto ziehe ich mein Fazit. Mein Kurztrip nach Osnabrück hat mir ausgesprochen gut gefallen. Ich habe die (Innen-)Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten und Grünanlagen als sehr reizvoll, sauber und heimelig empfunden. Die Menschen, mit denen ich zu tun hatte, waren ausnahmslos freundlich, hilfsbereit und immer für eine pragmatische Lösung offen. So genehmigte mir Claudia Drecksträter, die im Museumsquartier Osnabrück für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist, kurzerhand persönlich das Fotografieren im Felix-Nussbaum-Haus.

Aus Unkenntnis habe ich mich vorher nicht angemeldet. In den kurzen Gesprächen mit Menschen am Rande meines Weges verspürte ich häufig einen hintergründigen, trockenen Humor, den ich doch so mag. Was den Reiseführer des Zufalls angeht, entspreche ich wahrscheinlich nicht der Zielgruppe. Da ich mich sowieso durch die Stadt treiben ließ, um meine Eindrücke zu sammeln, ohne den Anspruch bestimmte Dinge unbedingt machen zu müssen, waren die Anregungen des Büchleins für mich eher hinderlich. Kurz gesagt: Ich bin definitiv reif für Osnabrück, für „DSCVR“ aber wohl (noch) nicht.

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