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Im Kanu rund um Einbeck

Kanus vor dem Bootshaus

Kanus vor dem Bootshaus in Einbeck

Einbeck ist quasi umgeben von Wasser. Durch unsere Stadt fließen das Krumme Wasser und der Mühlenkanal. Diese münden in die Ilme, die sich südlich vom Stadtgebiet entlang schlängelt, bis sie auf die Leine trifft. Bei Kreiensen kommt dann noch die Gande dazu. Was liegt da näher, als unsere Stadt und ihre Umgebung mal von der Wasserseite her zu erkunden?! Es gibt ja inzwischen vielfältige Möglichkeiten, sich im Sommer auf dem Wasser zu vergnügen. Doch meine Homebase ist das Kanu fahren.

Von klein auf im Kanu

Man könnte fast sagen, dass ich mehr oder weniger im Kanu aufgewachsen bin. Quasi bereits seit meiner Geburt bin ich Mitglied bei der Kanuabteilung des PSV Kreiensen 06 e.V. , genau wie der Rest meiner Familie und der meines Patenonkels. So war Kanu fahren für mich seit je her eher ein Familientreffen mit Freunden, als ein Vereinstraining.
Mein erstes Paddel war ein Stechpaddel aus Holz, in den Farben der Tigerente. Das hatte mein Patenonkel für mich, sowie je eins für seine beiden Kinder und meine Schwester gebaut und bemalt. Ganz stolz sind mein Kumpel Björn und ich dann in den Kanadier gekrabbelt und haben unsere ersten Paddelschläge gelernt.

Ein paar Kanu-Basics

Stechpaddel, Kanadier, Kanu, Kajak, Spritzdecke, Kentersack? Sagen euch diese Begriffe etwas oder seid ihr verwirrt? Lasst mich das Knäuel mal ein wenig entwirren.

Das Bootshaus an der Gande

Die Kanuabteilung des PSV Kreiensen 06 wurde 1969 gegründet. Der Schwerpunkt der Mitglieder liegt auf Kanuwandersport und Wildwassersport. 1972 wurde das erste Bootshaus an der Gande (Navi: Am Thie, 51°51´13.00 N 9°57´22.38 O) erbaut und diente 20 Jahre als Lager für Boote und Ausrüstung. Rund um das Bootshaus laden eine Wiese, ein (aktuell nicht mehr sichtbarer) Lagerfeuerplatz und hohe Bäume zum geselligen Beisammensein, Zelten und Grillen ein.
INFO: Für Mitglieder im Deutschen Kanuverband (DKV) kann der Platz gerne nach Anmeldung beim Abteilungsleiter genutzt werden. Sanitäre Anlagen gibt es jedoch keine und Müll mitnehmen ist natürlich Ehrensache.

1993 brannte das erste Bootshaus aus Holz aufgrund von Brandstiftung nieder. Beim Feuer wurden alle Boote, die Ausrüstung und Pokale vernichtet. Mit viel ehrenamtlichem Engagement konnte es aber wieder aufgebaut werden. Anstatt einer Holzkonstruktion wurden diesmal zwei ehemalige Schiffscontainer auf Stelzen gesetzt, um nicht wieder einer Brandgefahr ausgesetzt zu sein. Vor Vandalismus kann jedoch auch ein Container nicht schützen und so ziert das Bootshaus seit Jahren ein Sammelsurium an Graffiti. 2019 feierte die Kanuabteilung ihr 50jähriges Bestehen.
Neue Mitglieder sind immer willkommen, schickt einfach eine Mail.

Erste Kanuwander-Touren

Unsere ersten Kanuwander-Touren unternahmen mein Kumpel Björn und ich dann in Zweier-Kajaks mit unseren Vätern. Lange Jahre sind wir jedes 1. Mai-Wochenende bei der Wesermarathon-Fahrt mitgefahren. Start war in der Dreiflüssestadt Hann. Münden, wo wir zelteten und dann im Morgengrauen und bei Nebel starteten. Das Bronzeziel lag mit 53 km in Beverungen, einmal sind wir auch die 80 km für Silber bis nach Holzminden gefahren. Gold in Hameln mit 135 km haben wir als Kinder aber nie erreicht.

Als wir älter wurden sind wir u.a. auch die „Schneewittchen“-Fahrt auf der Leine bis nach Alfeld (mit)gefahren. Diese 20 km lange Strecke durch das malerische Leinebergland war jedes Jahr der Abschluss der Kanusaison im Herbst und wurde bis 2018 von den KanuFreunden Adenstedt ausgerichtet. Zu dieser Zeit kann man von strahlendem Sonnenschein über Regen bis hin zu Frost an jedem Wetter seine Freude haben. Schließlich „gibt es kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung / Ausrüstung“. Gestartet sind wir immer von unserem Bootshaus an der Gande und dann über den Zufluss in die Leine. Nach ein paar hundert Metern mussten wir dann am Leinewehr in Greene die Boote umtragen. Früher konnten Wagemutige bei hohem Wasserstand auch das Wehr hinunterrutschen. Aber davon würde ich heute abraten! Denn nach einem Umbau des Wehrs befindet sich am unteren Ende nun eine Walze, aus der man nur sehr schwer wieder hinauskommt. Es besteht Lebensgefahr! Auf der Hälfte der Strecke folgt nach 11 km das zweite Wehr in Freden und eine Möglichkeit zur Pause. Nach ein paar Stromschnellen und vielen Schleifen war man dann schon bald in Alfeld.

Back to the Boot

Die Paddel-Euphorie nahm bei mir mit der Pubertät langsam ab. Sie flammte erst auf dem Gymnasium noch einmal auf, als sich die einmalige Chance bot, in Sport einen Kanukurs zu belegen und einmal die Wildwasserstrecke in Hildesheim zu testen. Zudem konnte ich beim Slalom-Fahren auf dem Hohnsensee meine Sprintfähigkeiten unter Beweis stellen. Danach zog ich für Ausbildung und Studium weg und saß aus Zeitgründen nur noch alle paar Jahre mal im Boot.

Doch manchmal packt es einen und man muss einfach mal wieder aufs Wasser. Und sei es auch nur für eine kleine Runde, wenn es die Zeit nicht anders zulässt. Mit meinem Freund Matthias und meinem Vater fahre ich raus zum Bootshaus. Nach einer kurzen Einweisung für Matthias („Fühlst du dich eher links- oder rechtsgedreht?“), schlüpfen wir in die Spritzdecken und dann geht´s ab, ab in die Boote! Mein Vater im Einer-Kajak, Matthias und ich im Zweier-Wildwasserkajak. Mein Einwand, ein Wanderkajak sei vielleicht entspannter zu fahren, vor allem für einen Kanu-Neuling, wird von den Herren abgewunken… Na, wir werden ja sehen.

Wir tragen das Boot zu Zweit den Steg hinunter und setzen es Bug voraus gegen die Strömung ein.
Mit der „Paddelbrücke“ kommen wir dann sicher und trocken nacheinander ins Boot – dank des bootshohen Stegs. Und so geht’s: Paddel aufs Ufer und quer hinter die Sitzluke legen. Mit der bootsseitigen Hand Lukenrand und Paddel fassen, mit der anderen Hand aufs Paddel am Ufer stützen. Langsam, mit dem bootsseitigen Fuß zuerst, ins Kajak rutschen.
Nun schließen wir noch die Spritzdecken, nachdem der Kentersack verstaut ist, nehmen die Paddel in die Hände – und machen unsere ersten Paddelschläge.

Eine Runde Paddeln

Mein Vater folgt uns etwas sportlicher. Er setzt sich noch am Ufer ins Boot, verschließt die Spritzdecke und rutscht vom Steg ins Wasser.

Und dann machen wir uns auf den Weg. Zuerst ein paar hundert Meter mit der Strömung die Gande hinunter, bis sie in die Leine mündet. Über dem Wasser hängen zum Teil Weiden und wir werden die ganze Zeit von Libellen umschwärmt. So viele habe ich hier auch noch nicht erlebt. Leider kommen wir nicht nah genug heran, um sie im Detail zu fotografieren.

Dann gelangen wir an die Einmündung zur Leine an der Fußgängerbrücke. Der Wasserstand ist recht hoch und die Strömung schnell. Wir fahren ein Stück mit der Strömung bis wir ans Wehr kommen. Auf dem Weg dorthin müssen wir zwei umgekippte Weiden umschiffen. Damit uns die Strömung nicht über das Wehr zieht, drehen wir bald schon wieder um und fahren wieder die Leine hinauf. Dabei wird klar, dass ein stabileres Wanderkajak vermutlich die bessere Wahl gewesen wäre. Das Wildwasserkajak reagiert auf jeden Paddelschlag und lässt sich nur mit Anstrengung und vielfachen Korrekturschlägen wieder auf Kurs bringen. Egal, Spaß macht es trotzdem.

Wir fahren noch ein Stück weiter in Richtung Viadukt und halten Ausschau nach Spuren der Biberfamilie, die sich vor ein paar Jahren hier in der Gegend angesiedelt hat. Ein guter Indikator für die Wasserqualität. Zudem sammeln wir unterwegs immer wieder Müll und Pfandflaschen ein, die sich in der Uferböschung oder an Ästen anfinden. Schließlich wollen wir unsere Gewässer sauber halten.

So langsam klappt das mit dem Paddeln in unserem Zweier immer besser und wir bekommen richtig Tempo drauf.

Doch auch die schönste Paddelrunde hat einmal ein Ende und wir fahren auf der Gande wieder zurück zum Bootshaus. Unser Fazit: Gerne bald mal wieder, aber dann im Wanderkajak.

Mit dem Kanu von Einbeck nach Kreiensen

Vielleicht dann ja diese Tour von Einbeck-City nach Kreiensen mit ca. 15 km Länge. Man fährt mit der Strömung auf der Ilme, weiter auf der Leine und noch ein kurzes Stück auf der Gande.

Einsetzen: Da wir die Boote vom Bootshaus mit dem Auto nach Einbeck transportieren, sollte man eine Einsetzstelle wählen, an der man gut parken kann. Dazu kann man im Bereich Reinserturmweg / Kleiner Varlenkamp gut parken und unterhalb der Brücke dann einsetzen. Falls man etwas Strecke sparen möchte, kann man auch unterhalb vom Hochwasserrückhaltebecken in Salzderhelden auf der Leine einsetzen.

Strecke: Zuerst paddelt man auf der begradigten Ilme am südlichen Stadtrand entlang, unter der Bundestraße hindurch und in Richtung Hotel „Die Clus“. Hier fließt die Ilme nun in die Leine. Nach ein paar Kurven, auf der Höhe von Volksen und Rittierode, gelangt man zur Hellemühle. Hier erwarten euch ein paar Stromschnellen. Für Anfänger ist Vorsicht geboten, denn es besteht Kentergefahr. Weiter geht es auf einer schönen Strecke durch Wiesen und Felder an den Orten Garlebsen, Ippensen und Olxheim vorbei.

Viadukt über der Leine
Foto: Vanessa Harries

Auf Höhe von Billerbeck fährt man unter einem historischen Viadukt hindurch. Umgeben von Weiden, Springkraut und Schwarzerlen fährt man nun weiter die Leine hinunter. Vielleicht findet man ja auch Spuren von der Biberfamilie. Linker Hand liegt der Ort Greene, zur rechten Kreiensen. Auf Höhe der Fußgängerbrücke biegt man nach rechts in die Gande ein. Nach ein paar hundert Metern taucht auf der linken Seite der Steg zum Bootshaus auf.

Eine ähnliche Tour mit Betreuung bietet Gössel Tours aus Alfeld an. Start ist unterhalb des Hochwasserrückhaltebeckens Salzderhelden und Ziel ebenfalls am Bootshaus in Kreiensen. Anstatt mit dem Kanu ist man aber mit Schlauchbooten unterwegs.

Erst die Arbeit, dann die süße Belohnung

Nach der kleinen Tour haben wir uns eine Belohnung verdient. Doch erst einmal müssen Boote, Spritzdecken und Paddel von Dreck und Wasser befreit und wieder sicher im Bootshaus verstaut werden. Danach wartet dann ein Erdbeerkuchen im Garten meiner Eltern auf uns.

In diesem Sinne: Ahoi und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

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