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Gifhorner Grenzgeschichte(n)

Stück der ehemaligen Mauer zwischen Böckwitz und Zicherie

Am Grenzlehrpfad gibt es Teile der Mauer zu sehen

Im Osten grenzt der Landkreis Gifhorn an den Altmarkkreis Salzwedel und den Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt. Der Mauerfall im November 1989 und die Wiedervereinigung 1990 sind mittlerweile lange her. Aber noch immer gibt es viele Orte und Grenzgeschichten in der Region, die an die deutsch-deutsche Teilung erinnern.

Klein Berlin – Das Doppeldorf Böckwitz-Zicherie

Einzigartige Grenzgeschichten erzählt Klein Berlin: Stacheldraht, Sperrstreifen und eine Mauer trennten nicht nur Ost- und West-Berlin voneinander, sondern auch die Menschen in den Dörfern Zicherie und Böckwitz. Das sogenannte Doppeldorf Böckwitz-Zicherie war bis zur Wiedervereinigung 1990 Jahrzehnte lang geteilt. Böckwitz in Sachsen-Anhalt gehörte zur DDR und Zicherie gehört zur Samtgemeinde Brome im Landkreis Gifhorn. Mitten durch das Dorf verlief die deutsch-deutsche Grenze und trennte Familien und Freundschaften.

Nicht nur an den Mauerresten, sondern auch am Graben kann man den Verlauf der ehemaligen Grenze erkennen.

Im Herbst 1989 feierten die Einwohnerinnen und Einwohner dann wieder gemeinsam. Als am 9. November die Mauer in Berlin fiel, blieb in Zicherie und Böckwitz zunächst alles beim Alten. Erst am 17. November werden auch im Doppeldorf die Grenzübergänge geöffnet.

Links geht’s nach Böckwitz und rechts nach Zicherie

Beobachtungsturm an der ehemaligen Grenze

Ein ganz besonderes Stück deutsch-deutscher Geschichte stellt der Beobachtungsturm in Böckwitz dar. Der Turm der ehemaligen Grenzanlage wurde erhalten und kann nach Anmeldung besichtigt werden. Er ist Bestandteil eines Grenzlehrpfads. Hier wird die deutsche Teilung von 1945-1989 durch authentische Grenzanlagen dargestellt. Neben dem Beobachtungsturm befindet sich dort auch die Europawiese mit einem Gedenkstein mit der Aufschrift „Wir sind ein Europa“. In Zicherie steht ein weiterer Gedenkstein zum Tag der Deutschen Einheit mit der Aufschrift „Deutschland ist unteilbar“ vom 17. Juni 1958.

Das erste Todesopfer an der Grenze

Das Lichtenstein-Denkmal ist vom Beobachtungsturm aus in südlicher Richtung zu erreichen (zwischen Zicherie und Kaiserwinkel). Hier weist ein Mahnmal auf die tragische Ermordung des Journalisten Kurt Lichtenstein hin, der aufgrund eines illegalen Grenzübertritts an der noch unbefestigten Grenze angeschossen wurde und seinen Verletzungen erlag. Er war das erste Todesopfer an der Grenze nach dem Mauerbau in Berlin.

Museum für Grenze und Landwirtschaft

Im Museum für Grenze und Landwirtschaft wird den Besucherinnen und Besuchern das Leben in Böckwitz-Zicherie vermittelt. Auf einer Fläche von rund einem Hektar werden mehr als 10.000 Exponate gezeigt und persönliche Grenzgeschichten erzählt. Neben einer landwirtschaftlichen Ausstellung gibt es natürlich auch eine  Grenzausstellung. Hier werden Bild, Ton- und Originalmaterialien von 1950 bis 1989 gezeigt.

Das Grenzmuseum zeigt viele Originalgegenstände aus der Zeit der deutschen Teilung.

Der Gifhorner Glocken-Palast

Redaktioneller Hinweis: Der Glocken-Palast ist zurzeit leider nicht besuchbar (Stand Anfang 2022).
Doch nicht nur direkt an der ehemaligen Grenze werden Grenzgeschichten erzählt, sondern auch in der Stadt Gifhorn. Das Kriegsende 1945 und die deutsche Wiedervereinigung sind zwei bedeutende Ereignisse, die bei der Idee des Glocken-Palasts eine wichtige Rolle spielten. Der Glocken-Palast soll erinnern, nicht vergessen lassen und Ehrfurcht wecken. Die vor dem imposanten Gebäude errichtete Europäische Freiheitsglocke komplettiert das Ensemble. Michail Gorbatschow und seine Frau Raissa waren zwei Mal persönlich in Gifhorn. Bei ihrem Besuch 1996 haben sie den Grundstein für das Gebäude gelegt und die Schirmherrschaft übernommen. 

Die beeindruckende Außenfassade des Glocken-Palasts

Europäische Freiheitsglocke

Die Europäische Freiheitsglocke ist ein imposantes Denkmal zur Mahnung an die innerdeutsche und europäische Teilung. Die 2007 errichtet Glocke passiert man auf dem Weg zum Glocken-Palast. Die Schirmherrschaft hat der damalige niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff übernommen.

Die Glocke ist über zehn Tonnen schwer und die größte Glocke Niedersachsens, außerdem eine der größten in Deutschland. Sie soll der Freude Ausdruck verleihen, dass durch den friedlichen Fall der Grenzen neue Möglichkeiten für ein zukünftiges Miteinander der Menschen in verschiedenen Ländern Europas und der Welt möglich wurden.

Auf der Glocke wurden die Portraits von Michail Gorbatschow (Sowjetunion), George Bush sen. (USA), Gyula Horn (Ungarn) und Helmut Kohl (Deutschland) verewigt. Jeder der vier hat eigens dafür eine Widmung verfasst.

Auch der damalige Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Karl Kardinal Lehmann (damaliger Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz) und Bischof Wolfgang Huber (damaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands) haben persönliche Widmungen verfasst, die den Glockenturm zieren.

Auf acht rund um das Denkmal aufgestellten Tafeln sind bedeutende Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte zwischen 1933 und 2007 zu sehen, unter anderem das Kriegsende 1945 und die deutsche Wiedervereinigung 1990.

Die Europäische Freiheitsglocke mit dem Glocken-Palast im Hintergrund

Das Grüne Band

Wer gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist oder Wanderungen unternimmt, kann die ehemalige Grenze am Grünen Band entdecken. Das Grüne Band entstand an der ehemaligen Sperrzone zwischen DDR und BRD. Hier konnten sich schützenswerte Lebensräume entwickeln. Wie ein grünes Band zieht sich dieser Bereich durch Deutschland und Europa. Zwischen dem Landkreis Gifhorn und Sachsen-Anhalt führt der Weg zum Beispiel an Böckwitz und Zicherie vorbei. Weiter im Norden gibt es nahe Wittingen Reste alter Grenzanlagen zu sehen.

Eine tolle und interessante Radtour ist die Radroute in der Ohreaue. Die Tour führt rund 60 Kilometer entlang der ehemaligen Grenze, unter anderem nach Zicherie, Brome und Rade bei Wittingen.

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