Der Name Justus Möser ist in Osnabrück vielerorts präsent, mal ganz offensichtlich, mal auf den zweiten Blick. Straßen, Plätze, Schulen und sogar Verdienstorden sind nach dem einflussreichen Osnabrücker Stadtvater benannt. Und so begegnet uns der Jurist und Staatsmann hier an vielen Orten im Stadtbild. Wer aber verbirgt sich hinter diesem berühmten Namen? Selbst ich als waschechter Osnabrücker komme da ins Überlegen. Anlässlich des 300. Jubiläums seiner Geburt feiert Osnabrück 2020/21 das Möser-Jahr und begibt sich auf eine Spurensuche voller Aha-Momente.
Jurist, Staatsmann, Literat, Historiker, Reformer
Unsere (Zeit-)Reise führt uns ins 18. Jahrhundert. 1720 in Osnabrück geboren, entstammte Justus Möser einer angesehenen und gebildeten Familie. Er besuchte das Ratsgymnasium am Osnabrücker Schlossgarten und zeigte schon früh literarische Ambitionen. Später studierte er in Jena und Göttingen, bevor er seine erste Position als Sekretär der Osnabrücker Ritterschaft antrat und als Advokat zugelassen wurde. Als Staatsmann, der im Laufe seiner Karriere die unterschiedlichsten politischen Gruppierungen des Fürstbistums Osnabrück lenkte, war besonders sein diplomatisches Geschick immer wieder gefragt. Sein wohl bedeutendstes Vermächtnis liegt jedoch in seiner juristischen Reformarbeit. Denn es war Justus Möser, der die Grundlagen für das heutige deutsche Rechtssystem schuf.
Zwischen Fortschritt und Tradition
Möser gilt darüber hinaus als die bedeutendste Persönlichkeit des Zeitalters der Aufklärung in Norddeutschland. Er war bestens vernetzt und korrespondierte u.a. mit, Lessing, Herder und vielen anderen Literaten und Staatsmännern seiner Zeit. Es waren insbesondere seine literarische Begabung und sein Einsatz für das Gemeinwohl, die seine Zeitgenossen an ihm schätzen. Zu seinen gesellschaftlichen Idealen zählte besonders die Förderung eines freien, wirtschaftlich unabhängigen und politisch beteiligten Bauern- und Bürgerstandes. Dieses Engagement beeindruckte auch Goethe, der Justus Möser den „Patriarchen von Osnabrück“ nannte.
„Vater der Volkskunde“
Dabei war Mösers Repertoire an Themen ungewöhnlich breit: von den schönen Künsten über Konfessionsfragen bis hin zu praktischen Themen wie Bienenzucht, Straßenbau, Leinenproduktion, Handel, Kanalbau und Wanderarbeit. Ein wahrer Tausendsassa. Ab 1766 gab Justus Möser das Osnabrücker Intelligenzblatt, den Vorläufer der hiesigen Tageszeitung, heraus. Als Publizist veröffentlichte er unzählige Beiträge über die Volkskunde und das Brauchtum. Seine umfangreichen Schriften geben uns auch heute noch einzigartige Einblicke in das Denken und Handeln des 18. Jahrhunderts. Und das häufig, wie ich finde, mit erstaunlichen Bezügen ins Hier und Heute.
Möser is watching you!
Wer also mit geschärftem Blick durch Osnabrück streift, wird unserem Herrn Möser immer mal wieder über den Weg laufen. Wenn du samstags beispielsweise über den Wochenmarkt am Dom schlenderst, wird er dich ganz sicher im Blick haben. Von seinem Sockel beobachtet er das bunte Marktreiben. Ich bin mir sicher, dass ihm auch heute noch die eine oder andere Anmerkung zu Mode und Essgewohnheiten der Marktbesucherinnen und Marktbesucher auf der Zunge liegen würde.
Möser mit allen Sinnen erleben
Anlässlich des Jubiläumsjahres gibt es aktuell ein buntes Angebot rund um unseren berühmten Stadtvater. Eine gute Möglichkeit, auf wirklich unterhaltsame Weise auf den Spuren von Justus Möser zu wandeln, bietet dir zum Beispiel der Audio-Stadtrundgang des Museumsquartiers Osnabrück. Anhand einer spannenden Erzählung wirst du zu den wichtigsten Lebensstationen Mösers geführt. Der Rundgang startet auf dem Marktplatz. Nach meiner Erfahrung bist du rund eine Stunde im Innenstadtbereich unterwegs. Natürlich kannst du die Tour jederzeit unterbrechen und später wieder aufnehmen. Noch mehr Hörstoff gibt es von den Studierenden der Universität Osnabrück, die sich in einem eigenen Podcast mit Mösers Ideen aus Sicht eines jungen Publikums auseinandersetzen.
Wenn du nach so viel Wissensstoff Lust auf eine kurze Pause hast, dann bietet das in Mösers Geburtshaus beheimatete Café am Markt eine wunderbare Torte an. Diese wurde extra anlässlich des Möser-Jahres kreiert. Ich empfehle also (natürlich nach dem Lockdown) unbedingt dort Halt zu machen und sich bei einem Stückchen „Geburtstagstorte“ zu stärken. Auch ein regional produzierter Justus Möser-Wachholder und ein Möser-Brot könnt ihr bei uns probieren.
Das Museumsquartier Osnabrück und das Tuchmacher Museum Bramsche bieten anlässlich des Jubiläums spannende Themenausstellungen an und das Planetarium Osnabrück blickt in einer eigenen Veranstaltungsreihe in den Himmel des 18. Jahrhunderts und informiert über die Astronomie zu Mösers Lebzeiten.
Die dynamische Entwicklung rund um die aktuell geltenden Corona-Maßnahmen bedeuten, dass manche dieser Angebote nur eingeschränkt (z.B. mit vorheriger Terminbuchung) wahrgenommen werden können oder kurzfristig verschoben werden müssen. Auf www.justus-moeser.de findest du das aktuelle Programm und natürlich viele weitere Informationen zu unserem Jubilar selbst sowie seiner Familie. Hier gibt es auch etliche Hinweise auf Verbindungen Justus Mösers zu vielen verschiedenen Orten in Osnabrück und im Osnabrücker Land.
Also, kommt mit auf Spurensuche!