Als ich vor einigen Wochen hier auf aboutcities den Blog-Beitrag von Hey Hannover las, fühlte ich mich sofort angesprochen. Auch in meinem Leben hat Hildesheim einige Jahre eine wichtige Rolle gespielt, denn ich habe hier von 2004 bis 2008 gearbeitet. Es war eine spannende Zeit mit tollen Projekten und netten Arbeitskollegen.
Ein guter Vorsatz wird endlich umgesetzt
In all den Jahren, in denen ich nun bereits in Göttingen arbeite und lebe, habe ich es mir immer wieder fest vorgenommen nach Hildesheim zurückzukehren. Aber irgendwie kam dann doch immer etwas dazwischen: die Arbeit, ein Wiedersehen mit alten Studienkollegen in Göttingen, ein Besuch bei der Familie an der Nordsee, ein Freund in Amsterdam, der schon lange nörgelte, dass ich mich mal wieder zeigen sollte. Aber nun habe ich überraschenderweise einen Tag in dieser Woche frei und ich setze mich spontan in den Zug nach Hildesheim, um einfach mal einen Tag entspannt durch die Stadt zu schlendern, neue Cafés auszukundschaften und um ein paar besondere Ausstellungen zu besuchen.
Erinnerungen werden wach
Mein erster Weg führt mich – wie wohl viele Besucher der Stadt – zum historischen Marktplatz. Hier habe ich gearbeitet und mich jeden Tag gefreut, wenn ich beim Betreten des Platzes den schönen Anblick genießen konnte, bevor ich im Büro verschwand. Meine Neugier zieht mich heute in das Tempelhaus, denn ich habe gehört, dass hier neben der Tourist-Information jetzt auch das Besucherzentrum Welterbe Hildesheim zu finden ist. In der oberen Etage des Tempelhauses entdecke ich die Ausstellung, die mir an mehreren Stellen interaktiv das UNESCO-Welterbe der Stadt näher bringt. Mir macht es Spaß, mich hier auf eine kleine Entdeckungsreise in die Vergangenheit zu begeben.
Café Viva – meine erste Neuentdeckung
Aber ich will ja die Gegenwart Hildesheims entdecken und so lasse ich mir von einer freundlichen Mitarbeiterin in der Tourist-Information einen kleinen Plan aushändigen und den Weg zum Café Viva erklären. Eine Freundin hat mir das Café ans Herz gelegt – klein aber fein, wie sie mir sagte. Auf meinem Weg dorthin komme ich durch einen alten Teil Hildesheims mit wunderschönen Fachwerkhäusern rund um den Godehardplatz.
Am Ende des Kalenberger Grabens finde ich dann das Café Viva, über das ein großer alter Baum schützend seine Hand hält. Von außen lässt sich schon erahnen, dass es drinnen klein und gemütlich sein wird. Im Frühling, Sommer und Herbst gibt es zahlreiche Sitzgelegenheiten rund ums Café, so dass man seine Bestellung auch draußen genießen kann.
Viva Italia und ich bin bestens gestärkt
Nachdem ich meinen Platz gefunden habe, freue ich mich als alter Friese natürlich über die große Teeauswahl. Und auch über den Tea-Timer, der mir mit dem Tee geliefert wird, denn so kann ich selbst bestimmen wie lange mein Tee ziehen soll. Perfekter Service. Übrigens keine Sorge, Kaffeeliebhaber kommen hier natürlich auch nicht zu kurz. Um mich für den Tag zu stärken, bestelle ich das Frühstück Viva Italia. Es ist so reichhaltig, dass ich gar nicht alles schaffe. Besonders fallen mir die leckeren Brötchen auf, die nicht einfach nur die schnell aufgebackenen Semmeln aus der Tiefkühltruhe sind. Aber auch alles andere auf dem großen Teller ist klasse. Eine Empfehlung von mir: Reserviert einen Tisch, denn das Café Viva scheint sehr beliebt zu sein.
Ins Reich fremder Kulturen mit dem RPM
Im RPM bzw. Roemer- und Pelizaeus-Museum war ich zum ersten Mal in meinem Leben in den 1980er Jahren. Ich weiß noch, dass wir damals aus Schleswig-Holstein die lange Fahrt angetreten sind, um eine Sonderausstellung über ein großes nigerianisches Volk anzusehen. Als kleines Kind erschien mir schon Hildesheim auf einem anderen Kontinent zu liegen. Und dann durfte ich sogar noch weiter bis nach Nigeria reisen. Vielleicht hat mich die Faszination fremder Völker und Kulturen, die mich damals zum ersten Mal gepackt hat, später auch zu meinem Geografie-Studium gelenkt.
Mit 80 Objekten um die Welt
Ich habe das große Glück, dass ich durch die aktuelle Sonderausstellung „Mit 80 Objekten um die Welt“ von der Kuratorin Ethnologie im RPM geführt werde. Frau Dr. Nicklisch erklärt mir, dass die ethnologische Sammlung des Museums ca. 14.000 Exponate umfasst. 80 von Ihnen werden in dieser Ausstellung nun präsentiert, einige zum allerersten Mal. Es wurden ferner die Hildesheimer Bürger eingebunden, die ihre Lieblingsobjekte in einer Wahl bestimmen konnten. Auch diese werden jetzt präsentiert. Ich kann nur empfehlen, sich diese spannende Ausstellung im Rahmen einer Führung anzuschauen. Denn hinter jedem einzelnen Objekt steht eine Geschichte, die in fremde Welten führt, aber auch überraschende Verbindungen zu unserem Heute offenbart. Frau Dr. Nicklisch ist jedenfalls mit so viel Herzblut dabei, dass es mir schwer fällt, mich hier loszueisen.
Über den Dächern der Stadt
Vom RPM gehe ich am UNESCO-Welterbe Hildesheimer Dom vorbei zum Andreaskirchturm.
Von der Aussichtsplattform ganz oben im Turm hat man einen fantastischen Ausblick auf die Stadt. Für mich sind solche Aussichtspunkte immer eine tolle Gelegenheit, sich eine gute Orientierung zu verschaffen. Unten, im Gewirr der Gassen und Straßen, fehlt einem manchmal der Überblick. Heute ist das Wetter sogar so gut, dass ich in der Ferne die Marienburg entdecken kann.
Lecker & Pur – der Name ist Programm
Der Turmauf- und abstieg hat überraschenderweise ein kleines Hungergefühl entfacht und so kehre ich auf dem Weg zur Galerie im Stammelbach-Speicher noch schnell im Lecker & Pur ein. Das vegane Café ist hell und freundlich und hat ein umfangreiches Angebot für Veganer und Besucher mit Lebensmittelunverträglichkeiten. Neben Suppen, Salaten und Wraps gibt es auch Süßes. Und leckere und ausgefallene Getränke, denn neben meiner Quiche mit Salat teste ich eine Gurkenlimonade mit Basilikum. Nach dem vielen Treppensteigen eine echte Erfrischung. Klasse finde ich auch, dass sich alles im Café darauf ausrichtet Nachhaltig zu sein. Und das umfasst nicht nur die angebotenen Produkte, sondern auch die Verpackungen und selbst die Energieversorgung im Café.
Auf zum Jubilar – die Galerie im Stammelbach-Speicher
Mein letztes Ziel für heute soll die Galerie im Stammelbach-Speicher sein. Dort begrüßt mich Dr. Norbert Hilbig, der vor 15 Jahren mit zu dem Team gehörte, das die Idee einer Galerie an dieser Stelle umsetzte. Sehr lebendig berichtet er mir aus den Anfangstagen an denen viele Hildesheimer mit Hand anlegten, um diesen für eine Galerie eher ungewöhnlichen Ort zu etwas ganz besonderem zu machen. In wechselnden Ausstellungen wird nun schon seit langem zeitgenössische Kunst gezeigt. Im Moment laufen zwei Ausstellungen parallel. In den oberen beiden Etagen zeigen die im Bund Bildender Künstler Hildesheim zusammengeschlossenen Kreativen ihre Jahresausstellung unter dem Titel „Grenzgänge“. Skulpturen, Malerei und Installationen fordern dazu auf, grenzen im Kopf zu sprengen und sich auch hier auf eine Reise zu begeben.
Vaterland – eine beeindruckende Auseinandersetzung im Keller des Speichers
Zum Abschluss unseres Treffens begleitet mich Dr. Hilbig noch in den Keller, in dem bis Ende November noch die Ausstellung Vaterland zu sehen ist. Die Künstlerin Katrin Jakobsen beschäftigt sich hier mit ihrem Vater und seiner Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus. Man kann ihr auf der Spurensuche folgen und nicht nur in eine persönliche Familiengeschichte, sondern auch in die Geschichte unseres Landes eintauchen. Und das in beeindruckenden künstlerischen Umsetzungen, die durch die Dunkelheit des Kellers und den Einsatz gezielter Lichtquellen noch an Intensität gewinnt.
Am Ende meines Besuches habe ich viel Neues in Hildesheim entdeckt und versuche all die neuen Eindrücke zu sortieren. Eins ist sicher: Back to Hildesheim wird auch in Zukunft mein Motto sein.
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