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Seefahrerromantik in Bremerhaven

Ihr liebt es, am Wasser entlang zu bummeln? Auf Boote zu schauen, das bunte Treiben im Hafen zu beobachten, in Gedanken einen Segler zu entern und auf Reisen zu gehen? Dann solltet ihr unbedingt an den innerstädtischen Hafenbecken in Bremerhaven vorbeischauen, denn hier gibt es all das Gewünschte. Vor allem der Neue Hafen lohnt den Gang: er wird in diesem Jahr 165 Jahre alt und ist Ende Mai sogar Schauplatz eines wunderschönen maritimen Festes. Dann spielt auch der Museumshafen „Alter Hafen“ eine große Rolle.

Eine erfolgreiche Geschichte

Bevor ihr eure Blicke über das riesige Hafenbecken streifen lasst, möchte ich euch kurz auf eine Zeitreise mitnehmen. Denn das Damals könnt ihr heute noch erleben.
Weil die immer größer werdenden Schiffe auf der zunehmend sandiger werdenden Weser nicht mehr nach Bremen durchfahren konnten, wurde Bremerhaven 1827 gegründet. Schnell stellte sich heraus: Es war ziemlich clever, 60 Kilometer oberhalb Bremens einen Hafen zu bauen und sich damit die wirtschaftliche Stärke zu erhalten, denn der Schiffsverkehr entwickelte sich in Bremerhaven bereits in den ersten Jahren ziemlich rasant: 1834 liefen schon 248 Schiffe ein. 1847 wurde sogar der Linienverkehr mit New York aufgenommen. Doch die Schiffe wurden immer größer, bald passten diese nicht mehr in das erste Hafenbecken, den Alten Hafen. Ein neues Hafenbecken musste also gebaut werden!

Ich habe mal im Archiv gewühlt und diese Ansicht von 1900 gefunden. Noch heute ist die Schleuse ein großer Pluspunkt für den Neuen Hafen: Zuschauermagnet und schneller Zugang für die Berufs- wie Freizeitschifffahrt. 2006 wurde sie erneuert. Der Leuchtturm steht aber immer noch. Von Unbekannt – Archiv Peter Raap, Gemeinfrei

Für den Bau engagierte man den renommierten Hafenbaumeister Johannes Jacobus van Ronzelen, einen Holländer, der schon den Alten Hafen errichtet hatte. Er war auch schon für den Bau des „Neuen Hafen“ von 1847 bis 1852 verantwortlich und hatte seine Sache wohl gut gemacht. Bei der Eröffnung hatte das Becken die Breite von 85 Metern und war 230 Meter lang. Für die damalige Zeit sind das gewaltige Ausmaße. Doch was ihr heute seht ist das Ergebnis von drei Erweiterungen; seit 1871 ist das Hafenbecken im heutigen Zuschnitt.

Auch heute noch ein echtes Wunderwerk der Technik: Die 2006 wieder eröffnete Schleuse Neuer Hafen, durch die in der Saison zur Freude der Besucher viele Yachten und Segler auf die Weser fahren. Foto: Tanja Mehl

Glanzstück im Neuen Hafen

Glanzstück war die Schleuse. Mit 22 Metern Breite war sie die größte Europas und nicht nur deswegen wurde das neue Hafenbecken als großartiges Bauwerk bestaunt: Die damit problemlose Durchfahrt der riesigen Amerika-Raddampfer muss ebenfalls fasziniert haben. Zum neuen Wahrzeichen Bremerhavens wurde aber der 36 Meter hohe neugotische Backsteinbau: der nach seinem Erbauer benannte „Simon-Loschen-Leuchtturm“. Und auch den könnt ihr heute noch sehen – wer sich trauen mag: Ihr könnt dort sogar heiraten.

Großes Flaggenmeer zum SeeStadtFest Ende Mai (24. – 28.5.2017) am Neuen Hafen. Im Hintergrund der Simon-Loschen-Leuchtturm. Foto: Dörte Behrmann

Schiffe gucken leichtgemacht

Doch was wäre ein Hafenbecken ohne Schiffe? Langweilig! Und die gibt es bei uns nicht: Rund ums Jahr liegen im Neuen Hafen prächtige Schiffe an den Stegen: Segelschiffe, Motoryachten, eine Kogge und sogar ein Dampfschiff.

Echte Hingucker sind natürlich die historischen Segler. Ihr könnt euch vorstellen, dass die zu erhalten richtig viel Arbeit macht. Mit viel Liebe und Kenntnis setzen die Männer und Frauen der Schiffergilde Bremerhaven e.V. diese Aufgabe um, ihr könnt ihnen sogar dabei von Zeit zu Zeit zuschauen. Momentan wird zum Beispiel gerade ein echtes Helgoländer Börteboot aufgearbeitet – Lack ab, glattschmirgeln, Lack drauf. Das dauert Wochen, denn die Schiffergilde macht das ehrenamtlich.

So sieht das Börteboot mit dem Namen „Nr. 3“ gerade aus. Da wartet noch viel Arbeit auf die Bootsbauer, denen ihr beim Werkeln sogar auf die Finger schauen könnt. Foto: Dörte Behrmann
Zeugnisse maritimer Geschichte und rund ums Jahr auch von Nahem schmuck anzusehen: die Traditionsschiffe der Schiffergilde. Im Hintergrund links liegt der historische Dampfeisbrecher „Wal“. Foto: Dörte Behrmann

Der Klibfisch

Über siebzig Jahre alt ist auch die „Shiralee“ schon, die auf der Westseite des Neuen Hafen festgemacht hat. Der ehemalige Fischkutter ist seinem Lebensmittel treu geblieben: Seit einiger Zeit lädt es unübersehbar als Restaurantschiff zum Fischimbiss ein. Bei den netten Mädels an Bord bekommt ihr leckere Fischbrötchen, Backfisch oder Rotbarsch mit Kartoffelsalat oder Shrimps. Mein Favorit aber ist die Box Fish & Ships mit zweierlei Soße – die Mittagspause an Bord ist immer ein kleiner Urlaub.

Hat sich zum Hot Spot für Touristen und Einheimische entwickelt: Das Restaurantschiff im Neuen Hafen. Foto: Dörte Behrmann

Das Gefühl einer kleinen Auszeit wird noch durch eine ziemlich originelle Durchsage an der nahe gelegenen Schleuse gesteigert: Die ehrenamtlichen Schleusenwärter lassen es sich nicht nehmen, jede Öffnung der gewaltigen Schleusentore und jede Durchfahrt eines Schiffes auch in Plattdeutsch anzusagen. Klingt manchmal echt putzig. Und lässt sich auch prima in den Gastronomiebetrieben rund um das Hafenbecken vernehmen, in denen meine Kollegen und ich gern den Tag ausklingen lassen.

Holzplanken, Aufbauten aus Holz und traditionelle Beriggung: im neuen Hafen ist Seefahrer-Romantik angesagt. Sind die Eigner an Bord, ist auch ein kleiner Klönschnack drin. Foto: Dörte Behrmann

Attraktive Rahmenhandlung

Leise schwappt das Wasser gegen die alten Mauern, langsam streicht der Wind über die Planken der Schiffe – abends ist es immer besonders romantisch am Hafen. Die Schiffe der Hafenrundfahrt liegen an der Ablegestelle und ruhen sich vom geschäftigen Tag aus, das Restaurantschiff hat geschlossen und die letzten Besucher aus Zoo am Meer und Deutsches Auswandererhaus verlassen die Attraktionen. Ich liebe es, nach dem Bürotag noch eine Runde um den neuen Hafen zu machen. Das dauert rund 40 Minuten und führt entlang der schönen neuen Gebäude, die dort in den letzten zwölf Jahren entstanden sind.

Zugegeben, man muss die neue kantige Architektur mögen, um visuell auf seine Kosten zu kommen, aber ich mag sie tatsächlich. Vor allem, weil es auch Rundungen gibt und viel Glas, in denen sich der Sonnenuntergang, die Wolken und vor allem die Schiffe im Neuen Hafen spiegeln. Besonders gefällt mir ein Gebäudeensemble, das ganz hinten rechts gebaut wurde.

Gemütliches und komfortables Wohnen mitten in der Stadt, gleich hinterm Deich und direkt am Wasser. Foto: Helmut Gross

Diese Gebäude nennen sich „Oceon Living“ und wurden vor rund drei Jahren errichtet. Ich mag den Kontrast zum historischen Kran, der auf die ehemalige Arbeitswelt an dieser Stelle hinweist und dessen rote Rotschutzfarbe mit den sanftweißen Hausflächen auffallend kontrastiert. Dieses Ensemble ist ein sehr beliebtes Fotomotiv, wie ich bei meinen Rundgängen immer wieder feststelle.

Maritime Hoch-Zeit zu den Maritimen Tagen

Blaue Stunde am Neuen Hafen und Lichtermeer an der Kaje: das SeeStadtFest ist auch bei Dunkelheit hochattraktiv. Foto: Helmut Gross

Nicht nur für Fotofreunde, sondern die ganze Familie feiern die Maritimen Tage, das Seestadtfest der größten Stadt an der deutschen Nordseeküste. Die Stimmung ist fantastisch, da der Neue Hafen – und auch der Alte Hafen – gefüllt sind mit vielen Seglern, darunter zahlreiche Windjammer und Spezialschiffe. An Land wird fünf Tage lang ein buntes Programm geboten mit Musik, spannender Kulinarik wie Street Food, Handwerksvorführungen, Feuerwerk und einer zauberhaften Licht-Feuer-Show.

Zum Glück aber ist am Neuen Hafen das ganz Jahr über etwas zu bestaunen, zu fotografieren, zu erleben. Denn unsere innenstädtischen Häfen sind alles andere als langweilig. Überzeugt euch doch selbst.

Weitere Hinweise: www.seestadtfest.de

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