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5 Dinge, die ihr über die Reformation in Braunschweig wissen solltet

Der Altstadtmarkt in Braunschweig vereint 500 Jahre Architekturgeschichte: von Frühgotik bis zum italienischen Barock sind hier alle Stilrichtungen vertreten. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH / Gerald Grote

2017 steht ganz im Zeichen der Reformation. 500 Jahre ist es her, dass Martin Luther seine Thesen gegen den Ablass veröffentlicht hat und damit einen Stein ins Rollen brachte. 1522 erreichte die Reformation Braunschweig: Gottschalk Kruse, ein Benediktinermönch, predigte das reformatorische Gedankengut, Hans Dorn, ein Braunschweiger Buchdrucker, verlegte und verbreitete Luthers Schriften.

Ich habe ein bisschen in Geschichtsbüchern gestöbert und 5 Dinge gefunden, die ihr über die Reformation in Braunschweig wissen solltet. Inklusive lohnender Tipps, wo ihr die Spuren der Reformation noch heute in Braunschweig finden könnt – ganz ohne staubiges Bücherwälzen.

Revolution von unten

Die Reformationsbewegung in Braunschweig bezeichnen Historiker auch als „Reformation von unten“. Es waren Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger, die einen evangelischen Prediger und Theologen forderten, der die lutherischen Thesen weiterverbreitete. Es war der Buchdrucker Hans Dorn, der Luthers Schriften vervielfältigte. Die Braunschweiger Bürgerschaft war schon immer und ist noch immer stark. Die historische Stärke kann man heute noch am Altstadtmarkt entdecken, wo die erste von Bürgern finanzierte Kirche Braunschweigs steht: St. Martini. Und ohne eine starke Bürgerschaft wäre die Löwenstadt heute natürlich keine attraktive Einkaufsstadt, in der inhabergeführte Geschäfte und internationale Filialisten keine Wünsche offen lassen.

Die Martinikirche am Altstadtmarkt ist die erste von Bürgern errichtete Kirche in Braunschweig. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH / Gerald Grote

Wo wir schon mal am Altstadtmarkt sind: Gutes Essen und tolle Weine gibt es im Monkey Rosé, einer Weinbrasserie mit Restaurant im Gewandhaus. Noch so ein Gebäude, das von der starken Bürgerschaft erzählen kann. Und ein Restaurant, das die Braunschweiger lieben. Eine Reservierung ist empfehlenswert.

Im Monkey Rosé treffen sich die Braunschweiger auf ein gutes Glas Wein und ein leckeres Menü. Foto: Monkey Rosé

Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder …      

… zumindest in St. Aegidien. Benediktinermönch Gottschalk Kruse hielt 1522 im Kloster St. Aegidien die erste reformatorische Predigt in Braunschweig. Schnell sprach sich herum, dass Kruse eine Ketzerschule im Kloster eingerichtet hätte, weshalb er die Stadt schon ein Jahr später verlassen musste. Die Saat aber hatte Früchte getragen und die starke Bürgerschaft (siehe oben) forderte die Reformation ein. St. Aegidien ist heute übrigens eine der drei katholischen Gemeinden Braunschweigs. Auch wenn Braunschweig seit 1568 reformiert ist, im Kloster konnte der lutherische Funke langfristig kein Feuer entfachen.

Die Aegidienkirche liegt im beschaulichen Aegidienviertel – ein hervorragender Ort für Fotoschnappschüsse. Foto: BSM

Heute sind im Kloster die Ausstellungräume des Jüdischen Museums des Landesmuseums Braunschweigs untergebracht, ebenso wie eine Ausstellung zur wechselvollen Geschichte des Klosters. Dieser Beitrag der Reisebloggerin Burgdame liefert einen Einblick in die Ausstellungen.

Einfach mal machen

Einfach mal machen, dachten sich vielleicht die Prädikanten Heinrich Lampe und Johann Oldendorp, als sie eigenmächtig die katholische Gottesdienstordnung in der Magnikirche beseitigten und in Braunschweig die erste Taufe in deutscher Sprache durchführten. Das war der Anstoß für die Braunschweigischen Teilstädte, die lutherische Predigtweise, die evangeliumsgemäße Feier des Abendmahls und die Änderung der Gottesdienstabläufe einzuführen – gegen die Verordnung des herrschenden katholischen Herzogs Heinrichs des Jüngeren.

Die Magnikirche. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH / Gerald Grote

Die Magnikirche ist eine der elf Stadtkirchen in der Löwenstadt und Mittelpunkt des pittoresken Magniviertels. Das Magniviertel ist geprägt durch seine charmant schiefen Fachwerkhäuser, der hohen Dichte inhabergeführter Geschäfte und vielen urigen Kneipen, Restaurants und Bars. Die Braunschweiger lieben das Magniviertel vor allem im Sommer, wenn sie bis spät draußen vor den Kneipen laue Sommerabende genießen.

Das Magniviertel ist ein beliebter Treffpunkt an lauen Sommerabenden. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH / Gerald Grote

Von Braunschweig in die Welt

Um die Reformation endgültig in Braunschweig zu etablieren, schickte Luther 1528 auf Drängen der Braunschweiger Bürger seinen engen Vertrauten Johannes Bugenhagen in die Löwenstadt. Bugenhagen wirkte zwischen Ostern und Herbst 1528 wie ein Wirbelwind in Braunschweig. Nach seiner Antrittspredigt in der Brüdernkirche (vor der ihr heute immer noch eine Statue von Bugenhagen findet), hielt er zahlreiche Predigten und theologische Vorlesungen, er entwarf in ständigem Austausch mit der städtischen Geistlichkeit, den Gilden und den fünf Teilstädten eine neue Kirchenordnung, die er am 5. September 1528 vom Balkon des Altstadtrathauses verkündete. Diese Kirchenordnung war Vorbild für sämtliche folgende Verordnungen in Norddeutschland und Skandinavien und bestimmte die Grundlagen für die Entwicklung des evangelischen Kirchenwesens bis 1671.

Hier auf dem Balkon des Altstadtrathauses verlas Johannes Bugenhagen 1528 die lutherische Kirchenordnung. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH / David Taylor

Nicht nur die Braunschweiger exportierten ihr Wissen in die Welt, die Welt prägte auch das Gesicht der Löwenstadt. Welche Nationen Einfluss auf die Stadtentwicklung hatten, erfahrt ihr zum Beispiel bei einer interkulturellen Stadtführung.

Neue Medien revolutionieren die Welt

Wichtigstes Medium der Reformation war der Buchdruck. Ohne dieses damals revolutionäre Medium hätte sich die Reformation in Deutschland so schnell nicht ausbreiten können. Und auch in Braunschweig war ein Buchdrucker maßgeblich an der Reformation beteiligt: Hans Dorn druckte schon 1518 Luthers Schrift „Sermon von Ablass und Gnade“ – eines dieser Exemplare ist übrigens noch in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel erhalten.

Auch heute lieben die Braunschweiger Medien – neue Medien ebenso wie das gedruckte Buch. Deshalb findet sich in der Innenstadt eine der wenigen, großen inhabergeführten Buchhandlungen – die Buchhandlung Graff. Sie feiert 2017 ihr 150-jähriges Bestehen – noch ein Jubiläum, das es 2017 bei in der Löwenstadt zu feiern gilt.

Mittelpunkt der Literaturfreunde: die Buchhandlung Graff. Foto: BSM

Mehr Reformation

Ich hoffe, ein wenig Licht in das vielfältige Geflecht der Reformationsspuren in der Löwenstadt gebracht zu haben. Für den Einstieg ins Jubiläumsjahr reichen die fünf Fakten als Gesprächsgrundlage aus. Wenn ihr aber noch mehr über die Reformation in Braunschweig erfahren möchtet, solltet ihr unbedingt an einer der Gästeführungen zum Thema teilnehmen.

Die im Mai eröffnende Landesausstellung Im Aufbruch. Reformation 1517-1617 erzählt von den gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen im 16. Jahrhundert und wie – ausgehend von einer Idee – die Gesellschaft, das politische Gefüge und die Struktur der Kirche tiefgreifend verändert wurde. Alle Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum in Braunschweig findet ihr im Veranstaltungskalender unter dem Stichwort Reformationsjubiläum 2017.

Und wer sich die Geschichte der Braunschweiger Reformation noch einmal kurz und knapp erklären lassen möchte, dem sei dieses Video ans Herz gelegt:

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