Nach meinen ersten spannenden Geschichten habe ich mir gedacht, dass es da doch noch mehr geben muss. Und tatsächlich! Nach einiger Recherche fand ich weitere unscheinbare Orte, deren Geschichten mich faszinierten. Diese Geschichten möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten. Also viel Spaß bei einer weiteren Folge: Wolfsburger Geheimnisse! Dieses Mal sind es Orte in der freien Natur, die euch bei einem kleinen Spaziergang durch den Wald oder an einem Teich begegnen.
Der Stadtwald – Was macht die Brücke hier?
Monströs und überdimensioniert taucht sie auf einmal auf; die Brücke über den Hasselbach. Und ja es ist wirklich nur ein Bach und kein Fluss, was die schiere Breite der angelegten Brücke vermuten lassen könnte. 40 Meter ist die Brücke breit. Dazu noch massiv gemauert und unter ihr verläuft der Hasselbach. Ein kleines Rinnsal, welches sich durch den Stadtwald schlängelt und dann unterirdisch bis nach Rothenfelde verläuft. Natürlich wurde die Brücke nicht erst vor kurzem angelegt. In der Tat ist sie schon über 80 Jahre alt und wurde vom Stadtplaner Peter Koller für eine von zwei Ringstraßen eingeplant.
1938 ließ die Stadt dann Taten folgen und schlug zwei Schneisen in den Wolfsburger Stadtwald durch welchen dann auch der sogenannte Außenring führen sollte. Auch die Brücke wurde direkt in diesem Jahr gebaut. Was danach passierte, ist jedermann bekannt. Nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde die Fertigstellung des Außenrings verworfen und somit haben wir auch heute noch eine schöne, breite Fußgängerbrücke mitten im Wald, die deutlich mehr tragen könnte als den ein oder anderen Jogger.
Was soll ein Teich für ein Wolfsburger Geheimnis haben?
Genau diese Frage habe ich mir auch gestellt. So geheimnisvoll kann ein Teich nun wirklich nicht sein. Gemeint ist hier der Ziegelteich in der Siedlung „Rothehof“. Unscheinbar ist er – wahrlich klein und um seine 5 Kilometer zu joggen, muss man den Teich wohl einige Male umrunden. Idyllisch eingebettet in eine kleine Wohnsiedlung und umrandet mit großen Schilfpflanzen. Hier und da hat sich eine der Wolfsburger Graugänse verirrt. Nichts deutet auf eine tiefgründigere Geschichte hin, die der Teich beheimatet. Nichts? Doch! Ein kleiner Gedenkstein mit der Aufschrift „Ziegelteich“ scheint ein bisschen in die Richtung zu lenken.
Die eigentliche Geschichte des Teiches reicht schon über 500 Jahre zurück. Da wurde er nämlich zum ersten Mal in Aufzeichnungen als Fischteich erwähnt. In der angrenzenden Siedlung stand eine Ziegelei. Naja und jetzt könnt ihr euch schon denken, warum der Teich „Ziegelteich“ heißt. Die Arbeiter entnahmen dem Teich den Ton, der auf dem Grund lag, formten und brannten die Ziegel daraus. Mit einigen zeitlichen Einschnitten, bestand die Ziegelei bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Man sagt, dass diese Siedlung das regionale Epizentrum des Ziegelhandels war. Dieser kleine Teich spielte also eine gewichtige Rolle in der Historie. Immer wieder spannend, was so eine junge Stadt dann doch zu bieten hat. Aber genug über den Teich! Es geht weiter und diesmal wieder zurück in den Stadtwald.
Im Wald erhängt? Oder doch nicht?
Mein nächster Weg führt mich wieder zurück in den Stadtwald. Allerdings auf die ganz andere Seite! Fun-Fact nebenbei: Wusstet ihr, dass Wolfsburg eine der grünsten Städte in Deutschland ist? Ganze 79% der Fläche im Stadtgebiet ist mit Pflanzen oder sonstiger Vegetation bedeckt. Spannend, oder? Nun zurück in den Wald! Es treibt mich vom Rabenberg in Richtung Süden. 5 Minuten Fußweg und schon habe ich mein Ziel erreicht – die Henkereiche. Wurden hier wirklich Leute erhängt? Der Name lässt es vermuten und auch unser Wissen, dass es schon im Mittelalter einige Siedlungen im Wolfsburger Stadtgebiet gab. Wenn man sich jedoch auf Spurensuche begibt, dann zeigt sich ein weiteres Wolfsburger Geheimnis.
Doch wenn hier niemand erhängt wurde, woher kommt dann der martialische Name für eine Eiche? Das ist relativ einfach erklärt. Bäume wurden im Mittelalter recht häufig als Galgen ausgewählt, wenn sie einen waagerechten und stabilen Stamm haben. Diesen sieht man auf den Bildern leider nicht mehr, aber es lässt sich nun erahnen, warum diese Eiche auch Henkereiche genannt wird. Es geht rein um das Aussehen und die Form des Baumes. Sie sieht einem ursprünglichen Galgenbaum sehr ähnlich. Ein kleines Geheimnis hat die Eiche allerdings wirklich. Sie ist, mit 200 Jahren, der älteste Baum im Stadtwald. Der Wald hat sich quasi um die Henkereiche herum entwickelt und die Eiche zählt heute als Naturdenkmal.
Ein Bunker mitten auf dem Klieversberg?
Zu guter Letzt möchte ich euch an einen Ort mitnehmen, der einen wunderschönen Ausblick bietet, aber gleichzeitig auch mehrere Wolfsburger Geheimnisse beinhaltet – der Klieversberg. Der ganze Stolz der Wolfsburger! Majestätische 110 Meter hoch! Im Winter ein Rodelberg, im Sommer ein Hotspot der Picknicker. Aber genug der Selbstironie von uns Flachlandtirolern! In einer Sache habe ich aber nicht übertrieben: Der Ausblick ist wirklich wunderschön! Wenn man nun auf dem Klieversberg steht, sieht man eine unterirdische Anlage. Sie ist eingezäunt und mit einem Tor versperrt. So als ob sie etwas geheimnisvolles verbergen würde. Möglicherweise ein Bunker aus alten Tagen?
Nein, ein Bunker ist es in der Tat nicht, obwohl es auf den ersten Blick so aussieht. Es ist ein Hochbehälter zur Wasserversorgung der unten liegenden Stadt und des Volkswagen Werkes. Gebaut wurde er im Jahr 1938, wie so vieles in Wolfsburg. Allerdings wurde er auch schnell wieder außer Betrieb genommen – nämlich im Jahr 1942. Die Wassermenge, die von hier aus gefördert wurde, reichte für die rasch anwachsende Stadt nicht mehr aus. Es wurden andere Möglichkeiten der Wasserversorgung gefunden und der alte Hochbehälter hatte ausgedient. Und somit denken viele Leute weiterhin, dass sie einen Bunker vor sich haben und kennen das eigentliche Wolfsburger Geheimnis dahinter nicht.
Ein Wolfsburger Geheimnis bin ich noch schuldig!
Wieder einmal hoffe ich euch ein paar kleine Anekdoten meiner Stadt näher gebracht zu haben. Es zählt bei uns wie bei allen anderen: Geht mit offenen Augen durch eure Stadt und blickt einmal hinter die Geschichten von scheinbar unscheinbaren Plätzen. Denn diese werden euch überraschen. Etwas bin ich euch allerdings noch schuldig geblieben – den Beweis des Ausblicks vom Klieversberg. Hier nun noch das Bild dazu und ich verabschiede mich. Schließen möchte ich mit einem Zitat von Oscar Wilde: „Das Geheimnis des Glücklichseins ist, Versuchungen nachzugeben!“. Geht raus, schaut euch um und gebt der Versuchung nach, Geheimnisse zu entdecken und zu entschlüsseln.