Ich liebe Schiffe. Große und kleine, alte und neue. Schiffe bedeuten für mich immer ein Stück Freiheit, stehen für Urlaub und den Duft der weiten Welt. Deswegen bin ich hier in Papenburg. Man könnte sich jetzt natürlich fragen, wieso gerade Papenburg, wieso nicht in Hamburg? Weil Papenburg die Wiege der Ozeanriesen ist. Hier gibt es die Meyer Werft und die Spuren des Schiffbaus und die maritimen Traditionen sind hier allgegenwärtig.
Besucherzentrum Meyer Werft
Ich starte meinen Aufenthalt in Papenburg mit einem Besuch der Meyer Werft. Zusammen mit anderen Gästen hole ich mir mein Ticket auf dem Museumsschiff „Brigg Friederike“ ab. Das Schiff ankert im Hauptkanal und ist das Wahrzeichen der Stadt. Mein erstes maritimes Highlight habe ich also schon entdeckt. Weiter geht es mit dem Bus zum Besucherzentrum der Meyer Werft. Ein Gästebetreuer führt uns durch verschiedene Ausstellungsbereiche und ich komme schon ein bisschen ins Träumen. Absolut fasziniert bin ich von dem Blick in das Baudock.
Kreuzfahrtschiff der Superlative
Hier wird gerade die „Genting Dream“ für die Reederei „Dream Cruises“ gebaut. Das Schiff ist so riesig, dass man die Dimensionen im ersten Moment gar nicht richtig erfassen kann. Von unserem Gästeführer erfahren wir: Die Genting Dream hat Platz für 3360 Passagiere, eine Länge von 335,35 Metern und einer Breite von 39,7 Metern. Das sind Zahlen, die ebenfalls schwer vorstellbar sind. Das Schiff wird für den asiatischen Markt produziert. Die Ausdockung und Überführung ist für diesen Herbst geplant. Neben der schönsten Aussicht in Papenburg vermittelt mir ein Pod-Antrieb in Originalgröße mit ca. 6m Durchmesser das Gefühl ganz klein zu sein.
Das Fernweh stellt sich dann im Reederei Bereich ein. Bei einem Blick in die Musterkabinen und auf die schönsten Destinationen, frage ich mich, wie lange ich wohl sparen muss für meine eigene Kreuzfahrt? Nach ca. 1 ½ Stunden ist die Führung vorbei und ich kann sagen mein zweites maritimes Highlight in Papenburg, ist der Besuch der Meyer Werft!
Brigg, Mutte, Schmack & Co
Vom modernen Schiffbau reise ich nun zurück in die Vergangenheit und treffe bei einem Spaziergang entlang des Hauptkanals auf „Brigg“, „Spitzmutte“ und Co. Dabei handelt es sich um insgesamt sechs historische Schiffnachbauten, die das Stadtbild Papenburgs prägen. Zusammen bilden sie ein einzigartiges Freilicht-Schifffahrts-Museum. Bei so lustig klingenden Namen verstehe ich erst mal nur Bahnhof, erfahre aber dann, dass die Schiffe in den Kanälen Zeitzeugnisse sind. Sie repräsentieren die damals in Papenburg beheimateten Schiffe und wurden hauptsächlich für den Transport von Torf und Waren genutzt. Anzutreffen waren Sie in den heimischen Kanälen aber auch auf allen Weltmeeren. Mit Hilfe des Heimat- und Verkehrsvereins Papenburg wurden diese Schiffstypen nach alten Plänen von Auszubildenden der Meyer Werft in Originalgröße nachgebaut.
„Margaretha von Papenburg“
Ein Schiff, die Kuff „Margaretha von Papenburg“ trägt übrigens den gleichen Namen wie die heldenhafte Kapitänsfrau Margaretha Meinders. Die Papenburgerin hat im Jahre 1890 den Schoner Johanna vor dem Untergang bewahrt. Auf dem Schiff war ein Fieber ausgebrochen, dem zahlreiche Besatzungsmitglieder samt Kapitän zum Opfer fielen. Lediglich der Steuermann und die Kapitänsfrau blieben gesund. Margaretha Meinders pflegte die überlebenden Kranken. Nachdem das Schiff in einen Sturm geraten und leck geschlagen war, warfen Margaretha Meinders und der Steuermann Ladung über Bord, bewahrten damit das Schiff vor dem Untergang und retteten vielen Menschen das Leben. Ein Gedenkstein in Papenburg erinnert an sie. Eine wie ich finde sehr schöne Geschichte.
Ein Kanal voller Bilder
Bei meinem Bummel entlang des Hauptkanals habe ich neben Museumsschiffen noch etwas Außergewöhnliches entdeckt: eine Bildergalerie. Auf Nachfrage erfahre ich, dass es sich um rund 20 Bilder handelt. Die 1,5 Meter mal 2,5 Meter großen Tafeln stehen auf einem Metallfuß mitten im Wasser und zeigen Fotografien zum Schiffbau. Die Reihenfolge ist chronologisch. Ich beginne meinen Rundgang mit einer Zeichnung die im 19. Jahrhundert entstanden ist. Es gab zu der Zeit schon 19 Werften in Papenburg, die überwiegend kleine, flachgehende Torfmutten, aber auch größere Kuffschiffe und seetüchtige Segelschiffe herstellten.
Die nächste Station ist ein Foto der „Wilhelm“, das 1866 entstanden ist und den Holzschiffbau dokumentiert. Auf der linken Kanalseite beginnt der Kreuzfahrtschiffbau mit dem Stapellauf der „Homeric“ im Jahr 1986. Die letzte Station der Serie ist ein Foto der sich gerade im Bau befindenden „Genting Dream“, die ich selber schon im Baudock bestaunen durfte. Für mich steht fest: In Papenburg ist ein Kanal nicht einfach nur ein Kanal, sondern hier gibt es jede Menge zu entdecken.
Wer ist eigentlich Leidi?
Nachdem ich jetzt viel über Schiffe gehört habe ist es endlich soweit! Auf dem Programm steht eine Bootstour. Die Leidi ist ein Boot mit Elektromotor und Platz für ca. 10 -12 Personen. Gebaut wurde es von Auszubildenden der Meyer Werft. Gesteuert wird sie von einem ehrenamtlichen Gästebetreuer der Von Velen Anlage. Das Freilichtmuseum Von Velen Anlage zeigt Papenburgs ursprüngliches Gesicht und bietet für Gäste eine Tour auf den Kanälen Papenburgs im Ortsteil Obenende an. 45 min dauert die Tour. Das gibt mir die Zeit eine grundsätzliche Frage zu klären: Wer ist eigentlich Leidi? Der Skipper erklärt mir, dass die letzte Bewohnerin des Papenbörger Hus, heute Bestandteil der Museumsanlage, Adelheid mit Vornamen hieß und die Kurzform von Adelheid Leidi lautet. Das Rätsel ist gelöst.
Der erste Teil der Tour führt durch versteckte Kanäle mit viel Baumbestand. Die Ruhe ist himmlisch. Ab und zu kreuzt mal eine Ente unseren Weg, aber ansonsten kann man einfach mal die Seele baumeln lassen für einen Moment. Nachdem wir mehrere Brücken mit „Kopfeinziehen“ passiert haben, öffnet sich ein großer See vor uns. Hier hat man einen tollen Blick auf die Historisch-Ökologische Bildungsstätte, kurz HÖB genannt. Von dort geht es weiter in einen Seitenkanal mit Neubaugebiet und ökologisch nachhaltig gebauten Häusern.
Unser Skipper fasst für uns unsere Tour zum Ende gekonnt zusammen: Die Fahrt mit der Leidi verbindet das Wohnen und Leben aus dem 17. u. 18. Jhd. mit dem modernen Leben im 21. Jhd. Und das trifft es irgendwie ganz gut. Zum Abschluss hat er noch einen Geheimtipp für Schiffsliebhaber wie mich: am 02. – 04. September findet in Papenburg das Hafenfest statt: Rund um das Forum Alte Werft, im Touristik- und Deverhafen, im Haupt- sowie im Turmkanal gehen Traditionsschiffe vor Anker und bilden den Rahmen für ein maritimes Wochenende mit einem tollen Programm. Definitv ein Grund für mich wiederzukommen.
Meine Erlebnistour durch Papenburg geht zu Ende. Ich habe von Bootstour, über historische Schiffe bis zum Kreuzfahrtriesen alles gesehen und kann nur sagen, wer es maritim liebt und auch mal ein bisschen Abwechslung sucht, ist in Papenburg genau richtig. Schiff ahoi und bis zum nächsten Mal.